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Pflegende Angehörige sollten auch an sich denken

Am 21. September ist Welt-Alzheimertag. Damit soll auf das Schicksal der Erkrankten aufmerksam gemacht werden - aber auch auf die Leistung, die Angehörige erbringen. Ein Buch hilft dabei.

Wie pflegende Angehörige die Aufgabe meistern können, ...
Wie pflegende Angehörige die Aufgabe meistern können, ...
... beschreibt Katrin Beckmann in ihrem neuen Buch.
... beschreibt Katrin Beckmann in ihrem neuen Buch.

Die geistigen Fähigkeiten gehen schleichend verloren: Denken, Orientierung, Sprache, Verstehen, Lernvermögen. Sobald in einem bestimmten Stadium der Arzt die Diagnose "Morbus Alzheimer" stellen muss, brechen Welten zusammen - für denjenigen Menschen, der von dieser Demenzerkrankung betroffen ist, und auch für seine Angehörigen.

Rund 80.000 Frauen und Männer sind laut dem Verein Alzheimer Austria in Österreich erkrankt. Trotz jahrzehntelanger intensiver Forschung ist Morbus Alzheimer nicht heilbar. Wird die Krankheit in einem frühen Stadium erkannt, können Medikamente den Verlauf verlangsamen und die Selbstständigkeit länger erhalten. In diesem Sommer wurde in den USA der Wirkstoff Donanemab zugelassen, ein Antikörper, der im Frühstadium auf jene Eiweißablagerungen im Gehirn zielt, die als eine mögliche Ursache für die Erkrankung gelten. In der EU wird die Zulassung geprüft. Ob das Mittel hier auf den Markt kommt, ist ungewiss; Nebenwirkungen und Nutzen sind gegeneinander abzuwägen.

Erkrankte haben meist den Wunsch, so lange wie möglich zu Hause betreut zu werden. Das ist keine einfache Aufgabe. Sie fordert den Angehörigen körperlich und seelisch sehr viel ab. Das Leben ist innerhalb kurzer Zeit nicht mehr wie zuvor. Katrin Beckmann ist geprüfte Altenpflegerin und Demenz-Coach. Sie hat nun ein Buch geschrieben, das Mut machen soll. Es ist zunächst ein ganz praktischer Ratgeber, denn "Zuneigung, Optimismus und Tatkraft reichen nicht aus", wie sie schreibt.

Und so ist eines der ersten Kapitel der schwierigsten Frage gewidmet, ob man die Pflege körperlich, psychisch und emotional überhaupt leisten kann und ob die Wohnsituation dafür geeignet ist. Zu der Vorbereitung gehört auch, sich über finanzielle und personelle Unterstützungsmöglichkeiten zu informieren. Ein weiterer Schritt sollte sein, mit Angehörigengruppen Kontakt aufzunehmen, denn der Austausch mit anderen Betroffenen ist auch für den seelischen Rückhalt wichtig.

Der Selbstfürsorge widmet Katrin Beckmann einen Gutteil ihres Buchs, also Hilfe anzunehmen und sich ein Netzwerk aufzubauen, wann immer es möglich ist, Stress abzubauen und etwas für die eigene Gesundheit zu tun. Sie empfiehlt Meditations- und Atemübungen. Einfache Anleitungen sind im Buch zu finden. Atemtechniken helfen ihrer Erfahrung nach auch in schwierigen Situationen, denn es ist damit zu rechnen, dass mit Veränderungen der Persönlichkeit auch das Verhalten gravierend anders wird. Nicht immer können Geduld und Zuneigung das auffangen.

Ob der Rat, sich Ruheinseln zu schaffen, an den inneren negativen Glaubenssätzen zu arbeiten und Achtsamkeitsübungen durchzuführen, praktikabel ist, muss freilich jede Leserin und jeder Leser selbst entscheiden. Wer Angehörige pflegt, wird oft genug schlicht dankbar sein, alltägliche Erledigungen noch bewältigen zu können.

Katrin Beckmanns Serviceadressen beziehen sich auf Deutschland. In Österreich sind etwa "Alzheimer Österreich"und "MAS Alzheimerhilfe" Anlaufstellen.

Katrin Beckmann: "Die Kraft der Achtsamkeit für pflegende Angehörige", Irisiana/Penguin Random House Verlagsgruppe , München 2024.