SN.AT / Panorama / Wissen / Salzburg

Salzburger Hochschulwochen: Glaube und Vernunft sind kein Widerspruch

Die Salzburger Hochschulwochen würdigen Hans-Joachim Höhn als "Anwalt für vernunftgemäße Rede von Gott".

Hans-Joachim Höhn.
Hans-Joachim Höhn.

Was soll Theologie? Darauf fand der deutsche Theologe und Philosoph Hans-Joachim Höhn eine bündige Antwort: Theologie zu betreiben bedeute, "gegenüber dem Glauben die Sache der Vernunft vertreten und gegenüber der Vernunft die Sache des Glaubens". Dies stellte der Frankfurter Thomas Schmidt in seiner Laudatio fest. Damit sowie mit dem Widerlegen der aufklärerischen Gleichsetzungen von Vernunft mit Fortschritt und Religion mit Rückschritt habe Hans-Joachim Höhn sein Institut an der Universität Köln zu "einer Pflanzstätte für erstklassigen wissenschaftlichen Nachwuchs" gemacht, sagte Thomas Schmidt. Und der Obmann der Salzburger Hochschulwochen, Martin Dürnberger, hob im Festakt in der Großen Aula hervor: Hans-Joachim Höhn habe mit seinem Lebenswerk das theologische Denken der Gegenwart herausgefordert und inspiriert.

Als dieser "Anwalt für vernunftgemäße Rede von Gott", wie die Jury festgestellt hat, wurde er am Mittwochabend ausgezeichnet: mit dem seit 18 Jahren verliehenen Preis der Salzburger Hochschulwochen. Heuer hat die Benediktinerabtei St. Georgenberg in Tirol die 5000 Euro gestiftet. Hans-Joachim Höhn verlängert damit die Reihe bisheriger Preisträger wie Karl Lehmann, Aleida und Jan Assmann, Karl-Josef Kuschel, Klaus Mertes, David Steindl-Rast und Susanne Heine.

Sein Hobby hat offenbar auf das Denken abgefärbt: Der Marathonläufer sei im Argumentieren "schnell, ausdauernd und beharrlich", berichtete Laudator Thomas Schmidt. Zudem sei in Gesprächen mit ihm "immer feiner Humor spürbar", weiters rhetorische Brillanz, fantastische Begriffsschärfe sowie Neugier auf Phänomene der Gegenwartskultur; so habe er die Anfänge der TV-Serie "Dallas" rege kommentiert und festgestellt, dass "neue Mythen auf alte Partituren" zurückgriffen. "Dallas" habe Themen wie Verrat, Betrug und Neid unter Geschwistern, wie sie im Buch Genesis behandelt würden, für US-Millionäre aufgearbeitet.

Hans-Joachim Höhn habe als Wesenszug der heutigen Zeit erkannt: "dass sie prinzipiell ohne Gott auskommt", erläuterte Thomas Schmidt. "Gott ist entbehrlich geworden." Folglich sei die Theologie gezwungen, "Gott mit einer Welt zusammenzudenken, die ohne Gott gedacht werden muss".

In seiner Dankesrede schnitt Hans-Joachim Höhn jene Frage an, die ihn nach umfangreichen Publikationen - darunter 20 Monografien - derzeit beschäftige. "Wie soll man von Gott reden, damit man heute Gehör findet?" Er plädierte für eine "aphoristische Theologie", also für "lapidare Kürze" und scharfe Pointen. Eine derart "sprachsensible Theologie" dürfe nicht "harmlose Glaubensgeschichten erklären", sondern müsse gegen das Beschwichtigen opponieren, Einspruch erheben, "wenn Glauben in dogmatischen Schlummer versetzt" werde, und "religiöse Sprechblasen zum Platzen" bringen.

SN Karriere