Und plötzlich steht ein Hirsch mitten im Raum. Zwischen Schreibtisch und Schrank. Dieser lässt sich drehen, von allen Seiten begutachten. Doch nur, solange man das Handy gezückt hält. Sobald man es weglegt, ist der Hirsch verschwunden.
Was sich nach einem merkwürdigen Tagtraum anhört, ist in Wirklichkeit ein Beispiel eines innovativen Projekts: Die Initiative SMART hat es sich zum Ziel gesetzt, kleinere Museen mit digitalen Mitteln zugänglicher zu machen - und macht es so etwa möglich, dass sich Nutzer Exponate virtuell in ihr Wohnzimmer holen können. Die Modelle fallen in den Bereich der sogenannten Augmented Reality - jener Technologie, bei der Nutzern 3D-Projektionen in ihrem Sichtfeld via Smartphone-Bildschirm eingeblendet werden. Ein derartig aufbereitetes Ausstellungsstück ist der Biberg-Hirsch, eine Bronzefigur (1. Jahrhundert vor Christus) aus dem Museum Schloss Ritzen in Saalfelden.
Dass das Pinzgauer Museum eines jener vier Museen ist, die Teil des Projekts sind, liegt am Hintergrund der Initiative: SMART wird durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und das Regionenprojekt Interreg Italien-Österreich finanziert. Entsprechend kommen die Museen aus den sechs an Interreg beteiligten Regionen im Grenzraum Italien/Österreich. Neben Schloss Ritzen sind drei italienische Museen involviert. Weitere Kultureinrichtungen könnten auf lange Sicht folgen.
Im Detail setze SMART auf drei Schwerpunkte, erläutert Lukas Grundner. Der gebürtige Leoganger (29) ist Junior Researcher im Bereich Innovation & Management in Tourism an der FH Salzburg und bei SMART für den Designpart um die 3D-Modelle zuständig. "Bei dem Projekt geht es um die Bewahrung von Kultur und Geschichte, Museumserlebnisse sollen interessanter gestaltet werden und das Angebot soll barrierefreier werden." Punkt drei sei von besonderer Bedeutung, ergänzt Grundner: Menschen mit Beeinträchtigungen soll es dank der Initiative leichter fallen, Museen zu erleben. Auch all jene, die es aufgrund ihres Wohnorts nur schwer in die jeweiligen Museen schaffen, sollen durch SMART serviciert werden. Um das zu gewährleisten, werden neben den 3D-Modellen etwa virtuelle Rundgänge durch die Museen sowie Audioguide-Rundgänge angeboten. Bei Letzteren können sich die Nutzer bei sogenannten Audiostationen, platziert im Museum und in dessen Umfeld, via QR-Code Beschreibungen zu den Museen und den Exponaten holen.
Bereits jetzt kann man sich auf der Website smart-museums.eu virtuell durch das Museum Schloss Ritzen bewegen. Dieser virtuelle Rundgang soll wie die von der FH Salzburg und dem Elsbethner Unternehmen Mixed Reality I/O ausgearbeiteten 3D-Modelle im Frühjahr 2022 auch auf der Website des Saalfeldner Museums integriert werden. Dies erläutert Oliver Schuh-Dillinger, Marketingleiter beim Museum Schloss Ritzen. Und er ergänzt: "Im Zuge des Projekts soll das ganze Haus barrierefrei werden."
SMART wurde im Herbst 2019 aus der Taufe gehoben. Also noch bevor ein Virus die Welt zu geißeln begann. Dass das Projekt aber in Zeiten von wiederkehrenden Lockdowns besonders relevant ist, lasse sich nicht von der Hand weisen, ergänzt Lukas Grundner. Die Angst, dass das virtuelle Erlebnis den echten Museumsbesuch ersetzen könnte, hat der Forscher indessen nicht: "Das ist kein Ersatz. Vielmehr soll es das Museumserlebnis um neue Möglichkeiten erweitern."


