Margrit de Colle ist Österreichs erste Bioblumenbäuerin. Ihr italienischer Nachname heißt übersetzt "vom Hügel" - wie ihr Betrieb. Sie ist Mitglied der noch recht jungen Slowflower-Bewegung, die für eine nachhaltige, regionale und saisonale Blumenproduktion eintritt. Die Gärtnerin ist kompromisslos: Sie verkauft nur Blumen, die auf ihren Feldern wachsen. 19 Bioblumenanbauer gibt es mittlerweile in Österreich.
Frau de Colle, warum Bioblumen? Man isst sie ja nicht. Margrit de Colle: Weil es um mehr geht als nur um die eigene Verdauung. Wir haben auch Verantwortung gegenüber dem Boden, dem Grundwasser, den Generationen nach uns. Deshalb ist es wichtig, dass wir nachhaltig anbauen und wirtschaften, auch das, was wir nicht essen.
Gerade Rosen sind oft stark pestizidbelastet. Würden Höchstwerte etwas ändern? Geschätzt 80 bis 90 Prozent der Schnittblumen in Österreich sind importiert. Auch wenn Europa gesetzliche Höchstwerte einführt, heißt das nicht, dass sich daran Länder wie Ecuador, Kolumbien oder Kenia, wo die meisten Rosen herkommen, halten werden. Unter den giftbelasteten Rosen leiden ja auch die dortigen Arbeiterinnen und unsere Floristinnen, die mit den Blumen hantieren. Nur ein Beispiel: Damit Rosen den Flug überdauern, werden sie in Fungizid getaucht. Unser einziger Grenzwert ist aktuell der, dass die Blumen schön auszusehen haben. Aber ja: Höchst- bzw. Grenzwerte wären unerlässlich.
Also sollte die Frage eher lauten: Kaufen wir eine Pflanze aus der Natur oder einen Dekorationsgegenstand, bei dem es egal ist, woher er kommt? Sagen wir so: Der Bioanteil in Österreichs Landwirtschaft ist hoch, wie auch das Bewusstsein für gesunde Lebensmittel. Hier hat sich viel getan, es wäre schön, wenn wir das auch bei den Blumen erreichen würden.
Wie war es, als Sie 2005 Ihren Hof kauften und mit der Bioblumenproduktion begannen? Die Leute haben mich ausgelacht! Ich hatte keine landwirtschaftliche Ausbildung, meine Mutter, meine Oma waren Hobbygärtnerinnen, ich liebte einfach Blumen. Es gab damals Vergleichsprojekte in den USA oder England, ich dachte mir: Warum sollen Blumen, besonders Schnittblumen, nur in Glashäusern wachsen dürfen? Dahlien gedeihen wie Erdäpfelknollen auch in der Erde. Das mit den Bioblumen hat niemand verstanden, auch nicht die Biokontrolleure.
Aus welchen Erkenntnissen heraus gründeten Sie Ihren Bioblumenbetrieb? Für mich sind Blumen Lebensmittel; ich wollte wissen, wann sie blühen, wie man sie kultiviert, wo und wie sie wachsen. Das ist wichtig, um ein Bewusstsein zu schaffen. Ich habe geschaut, wie der Großhandel funktioniert, habe eine Ausbildung zur Floristin gemacht und festgestellt, dass sich nur wenige für die Blume an sich interessierten. Für die meisten war das nur Werkstoff. Im Großhandel gibt es immer dasselbe Angebot, was sehr schade ist, wenn man kreativ ist und jeden Tag mit Blumen arbeitet. Für mich ist das ein Geschenk, das sich wöchentlich und monatlich ändert.
Blumenkauf sollte im Idealfall ebenso regional sein wie Obst- und Gemüsekauf? Also keine Rosen oder Erdbeeren im Winter? Das ist vergleichbar. Im Jänner gibt es ja auch Blüten, aber keine Rosen, Tulpen oder Narzissen. Ich habe damals damit begonnen, am Bauernmarkt Blumensträuße zu verkaufen. Hat es gefroren, hatte ich keine Sträuße. Das verstanden viele meiner Kunden nicht, ich könne ja zukaufen. Das Bewusstsein für meine Philosophie kommt jetzt schön langsam.
Was, wenn jemand im Winter trotzdem Blumen haben will? Man kann alle fruchttragenden Gehölze und Frühlingssträucher schneiden, sie 14 Tage in Wasser stellen - und man bekommt wunderschöne Blüten!