Nach Auszählung der restlichen Wahlkartenstimmen liegt seit Montagnachmittag das vorläufige Endergebnis der EU-Wahl auf dem Tisch. Die Grünen profitierten gegenüber dem vorläufigen Ergebnis von Sonntagabend nach Auszählung der restlichen Wahlkarten leicht mit einem Zuwachs um 0,34 Prozentpunkte und liegen mit 11,08 Prozent auf dem vierten Platz (2 Mandate). Die Neos sind noch um 0,2 Prozentpunkte auf 10,14 geklettert (2 Mandate). Die KPÖ erreicht nun 2,96 Prozent und scheitert damit wie zuvor an der Vier-Prozent-Hürde. Kaum Veränderung brachten die restlichen Wahlkarten für die Liste DNA (2,72).
Die Wahlbeteiligung lag gemäß dem vorläufigen Endergebnis bei 56,25 Prozent. Damit wurde nicht ganz das Niveau von 2019 erreicht. Damals schritten 59,77 Prozent der Wahlberechtigten zu den Urnen.
Wahlabend war lang spannend
Der Wahlabend war wie bei EU-Wahlen üblich lange spannend, dürfen doch die Ergebnisse erst veröffentlicht werden, wenn europaweit die letzten Wahllokale schließen und das ist um 23 Uhr in Italien. Daher war man vorläufig auf eine gemeinsame Trendprognose von FORESIGHT, ARGE Wahlen und Peter Hajek für APA, ORF und Puls 4 angewiesen, die der FPÖ einen recht deutlichen Vorsprung auf Volkspartei und SPÖ zuschrieb.
Die Auszählung ergab dann zwischen Freiheitlichen und ÖVP noch ein gewisses Zusammenrücken. Die Grünen kamen mit 10,7 Prozent nach den Turbulenzen um Spitzenkandidatin Lena Schilling mit einem blauen Auge und einem Verlust von drei Prozentpunkten davon, die Neos erreichten zwar nicht ihre guten Umfragewerte, schafften aber dennoch das beste Ergebnis ihrer Geschichte.
Die KPÖ steigerte sich von 0,8 auf knapp drei Prozent und verpasst die Vier-Prozent-Hürde. Spitzenkandidat Günther Hopfgartner sieht dennoch "ein gewisses Sprungbrett im Hinblick auf die Nationalratswahlen". Die Listenerste der erstmals kandidierenden DNA, Maria Hubmer-Mogg, zeigte sich über die erreichten 2,7 Prozent enttäuscht und will nicht für den Nationalrat kandidieren.
Die Statements der Wahlsieger und Wahlverlierer
Deutlich besser war die Stimmung bei den Freiheitlichen. Spitzenkandidat Harald Vilimsky nahm ein Votum für mehr nationale Selbstbestimmung wahr. Die Angstkampagne der Konkurrenz sei ins Leere gelaufen. Parteichef Herbert Kickl feierte "demütig" ein "historisches Ergebnis" und sah ein "Etappenziel" erreicht. Hoffnungsfroh stimmt die Freiheitlichen wohl eine Wahltagsbefragung für ATV/Puls24. 69 Prozent der Personen, die bei der EU-Wahl FPÖ gewählt haben, wollen dies demnach nämlich sicher auch bei der Nationalratswahl tun. Das ist mit Abstand der beste Wert aller Parteien.
ÖVP-Spitzenkandidat Reinhold Lopatka nannte die starken Einbußen "bitter", erkannte aber auch eine "gute Basis" und die "riesige Chance", das im Herbst schon wieder gut zu machen. Parteichef und Kanzler Karl Nehammer fand das Ergebnis hingegen "überhaupt nicht erfreulich". Die "große Unzufriedenheit" in der Bevölkerung will er aufnehmen und in konkrete Politik gießen - etwa über entschlossenes Vorgehen gegen illegale Migration und Überregulierung.
Durchhalteparolen kamen von der SPÖ. Parteichef Andreas Babler sprach vor seinen Anhängern von einem "sehr stabilen Ergebnis". Auch wenn man sich etwas mehr erwartet hätte, sei man mit der FPÖ "in Schlagdistanz". Realistisch äußerte sich Spitzenkandidat Andreas Schieder: "Rückenwind wäre besser gewesen." Die SPÖ befinde sich weiter in einer schwierigen Phase. Auch Klubobmann Philip Kucher ließ an seiner Enttäuschung keine Zweifel: "Da brauchen wir nicht herumeiern, natürlich hätten wir uns mehr erwünscht und erhofft."
Fehler werde man aufarbeiten und verbessern, versprach Grünen-Bundessprecher Werner Kogler nach einem turbulenten Wahlkampf. Mit dem Ergebnis konnte der Vizekanzler unter den gegenwärtigen Umständen leben: "Wir sind Gegenwind gewöhnt, und wir lassen uns nicht umblasen." Schilling selbst will nach einem für sie "argen" Wahlkampf in Brüssel nun mit Herz für die Klimagerechtigkeit kämpfen.
Nicht schlecht reden lassen wollte sich Neos-Spitzenkandidat Helmut Brandstätter sein "hervorragendes Ergebnis", obwohl dieses hinter den Umfragen-Werten blieb. Parteichefin Beate Meinl-Reisinger zeigte sich begeistert: "Wir sind Gewinner heute."
Statt wie bisher mit 19 Abgeordneten wird Österreich nach der Wahl künftig mit 20 Mandataren in Straßburg bzw. Brüssel vertreten sein. Grund dafür ist die für die kommende Legislaturperiode beschlossene Erhöhung der Gesamt-Mandatszahl im EU-Parlament, das in Zukunft 720 statt 705 Sitze stark sein wird.
Wenig begeistert vom Ausgang in Bezug auf den Sieg der FPÖ war Österreichs scheidender EU-Kommissar Johannes Hahn (ÖVP): "Ein Reputationsschub war das nicht. Das Ergebnis der Freiheitlichen sei "keines, über das man sich freuen kann".