Nun ist es fix: Im „Bollettino“ des Vatikans wurde am Freitag Josef Grünwidl als neuer Wiener Erzbischof bestätigt. Und sein erster öffentlicher Auftritt nach der Entscheidung des Papstes begann gleich mit einem Schuldbekenntnis: Er sei nämlich selbst „ein bisschen mit schuld daran“, dass die Suche nach einem Nachfolger von Christoph Schönborn so lange – neun Monate – gedauert habe. Denn als er im März gefragt wurde, ob er das Amt übernehme, habe er abgelehnt. „Da konnte ich mir das noch nicht vorstellen“, sagte Grünwidl, der die Diözese bereits interimistisch seit 22. Jänner, seit dem Rücktritt Schönborns, als Apostolischer Administrator verwaltet. Nun aber habe er „aus ganzem Herzen Ja zu dieser Aufgabe gesagt“. Warum der Sinneswandel? Weil er in die Arbeit über die Monate hineingewachsen sei, viel Zuspruch erfahren habe und so erkannt habe: „Gott will mich nicht perfekt, sondern verfügbar“, so Grünwidl. Sein Vorgänger Christoph Schönborn betonte: „Was gibt es Schöneres, als unsere Erzdiözese in guten Händen zu wissen.“
Salzburger Erzbischof Lackner freut sich, die hohe Politik auch
Auch der Salzburger Erzbischof Franz Lackner, zugleich Vorsitzender der Bischofskonferenz, freute sich auf Nachfrage der SN darüber, dass die Wahl auf Grünwidl gefallen ist: „Die Freude in der Kirche Österreichs ist groß.“ Denn: „Wien bekommt mit ihm einen wirklichen Hirten; einen Seelsorger, der mit weitem Herzen und wachem Geist wirkt und der die Nähe Gottes wie auch der Menschen zulässt.“ Glückwünsche kamen auch umgehend vonseiten anderer Religionsgemeinschaften und der Politik, allen voran von Bundespräsident Alexander Van der Bellen.
„Teamplayer und Brückenbauer“ und eine Kirche, die „spiritueller Nahversorger“ sein soll
Der neu ernannte Bischof legte in seiner ersten Pressekonferenz auch dar, wie er sein Amt anlegen werde, nämlich als „Seelsorger, Teamplayer und Brückenbauer“. Er bezog sich auf den Aufruf von Papst Leo, „die Armen nicht zu vergessen“, einen Weg, den schon dessen Vorgänger Papst Franziskus eingeschlagen habe. Kontakt mit den Armen sei auch ihm wichtig, aber auch mit der Politik, den Medien. „Ich sehe mich nicht als einer, der ständig Kommentare abgibt zum politischen Tagesgeschehen“, sagte er. Aber die Stimme des Wiener Erzbischofs sei wichtig, wenn es Ungerechtigkeiten zu benennen gebe. Er habe jedenfalls vor, seinen eigenen Weg zu gehen und gar nicht erst in die großen Fußstapfen von Christoph Schönborn zu treten. Grünwidl, der im Gegensatz zu Schönborn jahrzehntelang Pfarrer und nicht Gelehrter war, will auch weiterhin Seelsorger bleiben, sagt er. Zentral sei für ihn, dass die Kirche „ein spiritueller Nahversorger“ sei, dass sie lebendig sei.
Angesprochen auf seine für Kirchenkreise sehr progressiven Ansichten, bestätigte er einmal mehr, dass er kein Freund des Pflichtzölibats sei. „Ein eheloses Leben hat es immer gegeben und das wird es immer geben. Aber ich stehe dafür, dass das eine freie Entscheidung sein soll.“ Als Beispiel nannte er etwa die orthodoxe Kirche. Durch eine Entkoppelung des Priesteramts vom Pflichtzölibat „wäre manches entkrampfter und wir hätten einige Priester mehr“, ist er überzeugt. Ob jemand verheiratet sei oder nicht, mache ihn jedenfalls nicht zu einem „besseren oder schlechteren Priester“.