Es war keine flammende erste Budgetrede, die ÖVP-Finanzminister Magnus Brunner am Mittwoch im Nationalrat hielt. Wenn er vor das Mikrofon tritt, springt kein Funke über, nicht einmal auf die Abgeordneten der Koalition. Von denen erhielt Brunner zwar immer wieder Applaus, aber der war ebenso dünn und verhalten, wie Brunners Auftritt solide, aber eben auch nüchtern war. Der am Ende seiner Rede lang anhaltende Beifall aus den Reihen von Türkis und Grün klang mehr danach, als wären alle froh, dass es vorbei war. Denn Brunner nahm sich für seine Premiere sehr viel Zeit. Knappe eineinhalb Stunden verwendete er darauf, dem Hohen Haus in Anwesenheit des wiedergewählten Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen den Bundeshaushalt für 2023 vorzustellen.
Das Budget für 2023 sei die Antwort auf gegenwärtige und künftige Herausforderungen
In dem gibt es laut Brunner drei große Schwerpunkte. Da sind zum einen die Maßnahmen zur Bewältigung der aktuellen Krise, zum anderen gehe es um künftige Herausforderungen im Bereich der Sicherheit sowie der ökologischen Transformation der Wirtschaft. Daher habe man etwa die Budgets für die Landesverteidigung und die Polizei erhöht, nehme aber auch viel Geld für die Energiewende in die Hand. Das Budget für 2023 sei die Antwort auf gegenwärtige und künftige Herausforderungen. Viele Menschen könnten das Wort Krise nicht mehr hören, sie sei aber im Alltag zum ständigen Begleiter geworden.
Er könne "nicht versprechen, dass wir 2023 keine Krise mehr haben werden", sagte Brunner, aber mit dem vorgelegten Budget werde bestmöglich dafür gesorgt, die Folgen zu mildern - und dass Österreich gestärkt aus der Krise hervorgehe. An den Antiteuerungsmaßnahmen könne man vielleicht kritisieren, dass sie manchmal zu breit angelegt seien, aber die hohe Inflation sei eben auch in der Breite der Gesellschaft angekommen. Man verteile daher "lieber ein paar Feuerlöscher zu viel, als einen verheerenden Flächenbrand zu riskieren".
Kooperation mit Privaten und Unternehmen sei nötig
Krieg sei ein Szenario, das für alle unmöglich schien, und sei auch in keiner Prognose enthalten gewesen. Brunner machte aber klar, dass die Regierung bei den Sanktionen standfest bleibt. Dass nach deren Ende gerufen werde, sei zwar "emotional verständlich", aber man dürfe sich der Willkür des russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht beugen. Europa bekomme die Sanktionen, "die wir verhängen mussten, zwar auch zu spüren, aber sie treffen vor allem Russland hart. Die russische Wirtschaft ist isoliert." Gerade weil man gesehen habe, wie gefährlich die hohe Abhängigkeit von fossiler Energie ist, halte man auch an der ökosozialen Steuerreform fest. Damit setze man Anreize, den ökologischen Umstieg zu beschleunigen, und schlage damit die Brücke zu Umwelt- und Klimaschutz. Um von der Energiewende "nicht nur zu träumen, sondern sie umzusetzen", sei die Kooperation mit Privaten und Unternehmen nötig. "Der Staat wird das nicht allein lösen können", sagte Brunner.
Der Krieg in der Ukraine werde so schnell nicht vorbei sein und auch die Inflation werde "uns noch länger begleiten". Umso wichtiger sei, dass die Menschen abseits akuter Hilfen dauerhaft entlastet werden.
"Schulden von heute ein schwerer Rucksack für unsere Enkel"
Das sei mit dem Abschaffen der kalten Progression ab 2023 der Fall, laut Brunner entgegen anderen Behauptungen zu hundert Prozent, die bis 2026 eine Entlastung von 18,7 Mrd. Euro bringe. Die automatisch steigende Steuerbelastung (weil die Tarifstufen nicht um die Inflation angepasst wurden, Anm.) abzuschaffen hätten 40 Jahre lang alle gefordert. "Das galt als Ding der Unmöglichkeit, bis diese Regierung das Gegenteil bewiesen hat." Jetzt suchten alle, die immer dafür gewesen seien, nach Gründen, warum sie jetzt dagegen sind, sagte Brunner in Richtung der Opposition. Gleiches gelte für die automatische Valorisierung der Sozialleistungen.
Brunner hadert damit, dass just mit dem ersten von ihm vorgelegten Budget die Schulden steigen - von 280 Mrd. Euro im Jahr 2019 auf 393 Mrd. Euro bis 2026. Weil die "Schulden von heute ein schwerer Rucksack für unsere Enkel" seien, müsse man so bald wie möglich zu einer nachhaltigen Budgetpolitik zurückkehren. Dafür sei es nötig, "Steuergeld wieder mehr zu schätzen". In den vergangenen Jahren hätten sich die Relationen völlig verschoben, staatliche Leistungen würden als Tropfen auf den heißen Stein oder erste Schritte kleingeredet. Es müsse allen klar sein, dass es keine selbstverständlichen Ansprüche gegenüber dem Staat gebe, "das Geld ist nicht abgeschafft".