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Der Staatsschutz taugt nicht als politischer Spielball

Die Geheimdienst-Affäre gefährdet die Sicherheit in diesem Land. Was die Politik dagegen tun kann.

Marian Smetana

"Flüchten, verstecken, verteidigen, Notruf wählen." Mit diesen Ratschlägen wandte sich Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) am Dienstag an die Bevölkerung und erklärte, wie man sich im Falle eines Terroranschlags zu verhalten habe. Diese "Tipps" grenzen an Zynismus, wenn man bedenkt, dass die wichtigste Antiterrorbehörde im Lande - das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) - immer mehr im Chaos versinkt.

Wenn Bürger flüchten oder sich verteidigen müssen, dann ist es schon zu spät. Dann haben sich Menschen bereits radikalisiert, haben sich bewaffnet und haben ein Blutbad angerichtet. Das im Innenministerium angesiedelte BVT soll genau diese Grausamkeiten verhindern. Doch statt Radikale dingfest zu machen, spielen gegenseitige Anschuldigungen, Korruptionsvorwürfe und der Verdacht der Postenschacherei derzeit die Hauptrolle im Staatsschutz. Angefeuert wird das alles durch undurchsichtige Ermittlungen der Justiz. Zuletzt stellte ein Gericht fest, dass die Husch-Pfusch-Genehmigung eines Richters für eine Durchsuchung im BVT-Hauptquartier nicht rechtmäßig war. Es ist nur ein weiteres dubioses Kapitel in einer Affäre, die fast niemand mehr durchblickt, die aber zu einem führt: Unsicherheit.

Wie unsicher Europa sein kann, machen uns traurige Jahrestage bewusst, die bevorstehen: etwa der
2. Oktober 2017, als ein IS-Anhänger in Marseille zwei Frauen erstach, oder der 19. Oktober 2016, als ein Rechtsextremer in Bayern einen Polizisten erschoss. Die Liste ließe sich fortsetzen.

Sie zeigt auch, dass die BVT-Causa nicht nur für politische Feinspitze interessant ist, sondern die Sicherheit unseres Landes und somit uns alle betrifft. Politik und Justiz arbeiten nur leider im Moment mit Hochdruck daran, dass das Vertrauen in den Sicherheitsapparat schwindet. Der bald startende parlamentarische U-Ausschuss könnte das Vertrauen
wiederherstellen. Dazu braucht es folgende Dinge:

Untersuchende Mandatare, die die Affäre komplett ausleuchten und nicht als Politshow nutzen.

Ein Innenministerium, das bei der Aufklärung
kooperiert und die ausständigen Akten liefert.

Eine Justiz, die ihre Unabhängigkeit ernst nimmt und sich nicht vor den Karren übermütiger Mitarbeiter aus dem Innenressort spannen lässt.

Und eine Bereitschaft zu personellen Konsequenzen, sollte herauskommen, dass der Staatsschutz als politischer Spielball missbraucht wurde. Dazu ist er einfach zu wichtig.