Was die zuletzt frühsommerlich ansteigenden Corona-Infektionszahlen längst andeuteten, fasste Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) am Donnerstag bei einem Hintergrundgespräch zu den bis Jahresende dräuenden Pandemieszenarien zusammen: "Wir müssen uns auf ein Leben mit Covid vorbereiten. Das Virus ist gekommen, um zu bleiben, sorry about that." Mit Coronawellen werde man weiter umgehen müssen, "nicht nur heuer, sondern auch in weiterer Folge".
Lockdown nicht in "Blickweite"
Auch dass wir jetzt im Sommer bereits steigende Coronazahlen haben werden, sei Teil dieser Dynamik. Einen nächsten Lockdown sieht Minister Rauch aber nicht in "Blickweite". Jetzt, im dritten Jahr der Pandemie, stünden nicht mehr nur die sehr grobschlächtigen Instrumentarien aus der Anfangsphase zur Verfügung, um mit der Pandemie umzugehen. Auch weitere Schulschließungen sollen möglichst vermieden werden. Denn: "Da sind Bildungsverluste passiert, die nicht mehr aufzuholen sind." Es gebe eine "sozialethische Verantwortung, Schulen offen zu halten - as long as possible", so Rauch.
Die klare Botschaft: Die Impfung ist entscheidend in der Bekämpfung von schweren Verläufen und zur Entlastung der Spitäler. Auch mit Impfung könne man sich anstecken, aber die Impfung schütze davor, schwer zu erkranken, im Spital oder auf der Intensivstation zu landen. Die Regelung mit fünf Gratis-PCR-Tests und fünf Gratis-Antigentests soll jedenfalls bis Jahresende weiter gelten.
"Impfen, Testen, Masken"
"Impfen, Testen, Masketragen, zusätzliche Medikamente gegen schwere Erkrankungen" - all das helfe uns, mit der Pandemie gut umzugehen. "Die Vorbereitungen auf den Herbst sind im Plan." Ob die ausgesetzte Impfpflicht komme, "das kann ich am heutigen Tag nicht beurteilen", erklärte der Minister.
Eines sei jedenfalls auch absehbar: "Wir werden im Herbst wieder Maske tragen. Es ist nicht vorbei, wir werden damit leben müssen."
Chief Medical Officer Katharina Reich betonte die Bedeutung baldiger Auffrischungsimpfungen für alle im Herbst und für die über 65-Jährigen und die vulnerablen Mitbürger bereits früher - "und häufiger". Die Vorbereitungen für die Herbstimpfung laufen auf Hochtouren, in zwei Monaten können fünf Millionen Menschen geimpft werden.
Impfen allein wird Welle nicht verhindern
Simulationsexperte Niki Popper rechnet mit einer oder auch mehreren Coronawellen im Herbst. Die abnehmende Immunität, die höhere Ansteckungsrate durch die neuen Varianten BA.4 und BA.5 sowie weitere Faktoren machten eine solche Entwicklung höchstwahrscheinlich, erklärte Popper. Die Immunisierung, die wir derzeit durch Impfung oder Genesung hätten, würde durch Zeitablauf oder neue Mutationen wieder zurückgehen, sagt Popper. Auch mit einem Bündel an Maßnahmen werde sich die Kurve lediglich abflachen lassen. Auch für Popper ist klar, dass allein durch Impfen eine neue Welle nicht verhinderbar sei, da eine Infektion durch die Impfung nicht ausgeschlossen werden könne. Die Impfung schütze aber vor schweren Verläufen, stellte auch er klar. Eine Überlastung des Gesundheitssystems und der Intensivstationen schließt Popper selbst im Fall des Eintretens des dramatischsten von ihm berechneten Szenarios aus.