Dass es "keine Liebesbeziehung" ist, hätten weder die niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) noch ihr zukünftiger Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ) betonen müssen. Die persönliche Abneigung war ihnen bei der Präsentation ihrer Einigung auf ein Arbeitsübereinkommen Freitagnachmittag auch deutlich anzumerken.
Der ÖVP-FPÖ-Pakt steht: Liebe ist es nicht, sagen beide
Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und FPÖ-Landesparteichef Udo Landbauer haben am Freitag in einer Pressekonferenz Inhalte des schwarz-blauen Arbeitsübereinkommens nach der Landtagswahl präsentiert. Der bisherige FPÖ-Asyllandesrat Gottfried Waldhäusl wird Zweiter Landtagspräsident. Landbauer, Susanne Rosenkranz und Christoph Luisser sind die neuen blauen Regierungsmitglieder.

"Von SPÖ als öffentliche Zirkusshow genutzt"
Und Mikl-Leitner machte sich erst gar nicht die Mühe, jedes Wort auf die Goldwaage zu legen. Dass man hier gemeinsam stehe, sei das Ergebnis "der Blockade einer Fraktion". Jeder, der auch nur einen Funken Ahnung von Niederösterreich und dem angespannten Verhältnis zwischen Landbauer und ihr habe, wisse: Weil die Differenzen so groß gewesen seien, habe man das Gespräch mit der drittplatzierten SPÖ gesucht. "Das sagt eigentlich alles, was unser Ziel und Ansinnen gewesen wäre." Nur: "Das wurde von der SPÖ als öffentliche Zirkusshow genutzt." Sie habe sich mit einem "Paket der Maßlosigkeit" selbst aus den Verhandlungen genommen und nun ein "veritables Problem", dem sie mit der Behauptung zu begegnen versuche, dass Schwarz-Blau in Niederösterreich von Anfang an geplant gewesen sei. Mikl-Leitner an die Adresse der SPÖ: Wer das sage, "ist nicht ganz bei Trost".
Die ÖVP-Landeshauptfrau ließ also keinen Zweifel daran, dass die FPÖ nur ihre zweite Option darstellte - und dass es ihr schwerfiel, sie zu ergreifen. Landbauer, der in den vergangenen Jahren keine Gelegenheit ausgelassen hatte, Mikl-Leitner auch persönlich zu beleidigen, blieb nichts anderes übrig, als diese indirekte Ohrfeige hinzunehmen.
Arbeitsübereinkommen einstimmig beschlossen
Für die Landeshauptfrau ist das mit den Freiheitlichen geschlossene Arbeitsübereinkommen - das von den Gremien beider Parteien einstimmig abgesegnet wurde - eine "tragfähige Brücke" und "durchaus ein Kontrastprogramm zu dem, wie derzeit in Eisenstadt und in Wien Politik gemacht wird".
In dem 21-seitigen Papier mit der Präambel "Ernsthaft arbeiten, ehrlich handeln" kommt das der FPÖ so wichtige Thema Corona gleich an erster Stelle. Als Teil der Aufarbeitung der Coronajahre wird ein Fonds eingerichtet, aus dem, wie es Landbauer ausdrückte, "Wiedergutmachung" geleistet werden soll.
Zwei konkrete Maßnahmen, die nicht im Arbeitsübereinkommen zu finden sind, kündigte Mikl-Leitner an: "In Kürze" werde ein neuer Heizkostenzuschuss als Hilfe gegen die Teuerung präsentiert; und für pflegende Angehörige werde ein "Pflegescheck" eingeführt.
Prinzipiell, so die Landeshauptfrau, wolle man die Leistungsträger - "alle, die einen Beitrag leisten" - in den Mittelpunkt der Politik stellen. Man werde die Anstrengungen erhöhen, dass alle, die arbeiten können, auch arbeiten, "möglichst Vollzeit". Es werde keine neuen Steuern auf Eigentum geben, im Gegenteil wolle man, dass sich auch Junge Eigentum leisten können. Und man bekenne sich zum Individualverkehr. Landbauer drückte es wenig später so aus: "Freie Fahrt für freie Niederösterreicher."
Mehr Kinderbetreuung, keine Wirtschaftsflüchtlinge
Das Kinderbetreuungsangebot soll ausgebaut werden, zugleich soll es mehr Unterstützung für Eltern geben, die ihre kleinen Kinder zu Hause betreuen wollen.
Landbauer betonte: "Ich bin bereit, Verantwortung zu übernehmen." Das sei auch der Wunsch all jener, die Ende Jänner die FPÖ gewählt hätten. "Das Arbeitsübereinkommen spricht freiheitlichen Wählern aus der Seele, es trägt eine starke freiheitliche Handschrift, das kann ich versichern." Abseits von Corona sehe man das u. a. bei den Plänen zu Asyl und Integration: Man wolle Niederösterreich für Wirtschaftsflüchtlinge "möglichst unattraktiv machen" und lasse deshalb prüfen, ob ausschließlich Sachleistungen gewährt werden können.
Waldhäusl gehört Regierungsteam nicht an
Der umstrittene bisherige FPÖ-Landesrat für Asyl und Integration, Gottfried Waldhäusl, gehört dem blauen Regierungsteam nicht mehr an: Er wird in die Funktion des Zweiten Landtagspräsidenten hinaufgelobt. Die Agenda bleibt aber bei den Blauen, zusätzlich bekommen sie die Agenden für Arbeit, Sport und Verkehr.
Die rote, grüne und pinke Kritik am schwarz-blauen Bündnis in Niederösterreich ließ nicht lange auf sich warten. Für SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner steht "die gesamte FPÖ für eine menschenverachtende Politik und Hetze". Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler fragte, wie das Zusammenführen der Gesellschaft "an der Seite jener gelingen soll, die Erdbebenopfer verunglimpfen, Jugendlichen ihre österreichische Heimat absprechen und Nazi-Liederbücher verherrlichen". Die Neos warnten vor "der drohenden Rückkehr der rechtspopulistischen und korrupten schwarz-blauen Koalition auch im Bund" und vor Schwarz-Blau in Salzburg.