Fast 400 Stellungnahmen waren bis Montag bereits eingetrudelt. Bis Donnerstag dürften es noch ein paar mehr werden. Da endet nämlich die Begutachtungsfrist für das neue Gesetz zum Kopftuchverbot, das ab kommendem Sommersemester für alle Schülerinnen bis zum Ende der 8. Schulstufe - und damit bis zum 14. Lebensjahr - gelten soll. Wie berichtet, will die schwarz-rot-pinke Regierung das Verbot noch dieses Jahr beschließen, gelten soll es nach den Semesterferien.
Lehrerinnen und Lehrer sind dafür, befürchten aber beträchtlichen Mehraufwand
Bei einer Vielzahl von Stellungnahmen handelt es sich um Einzelmeinungen. Und mitunter steht nicht mehr drin als „Ich bin gegen das Kopftuchverbot“ oder „Ich bin dafür“. Die Ablehnung kommt vor allem von muslimischer Seite. Kein Problem mit dem Verbot an sich hat die Pflichtschullehrergewerkschaft. Denn Kinder in ihrer Entwicklung zu stärken „ist, neben der elterlichen Verantwortung, ein zentrales Anliegen des österreichischen Bildungssystems“, heißt es. Allerdings wird ein erheblicher Mehraufwand für die Lehrerschaft befürchtet. Denn verstößt ein Mädchen gegen das Kopftuchverbot, ist vorgesehen, dass es erst einmal ein Gespräch mit der Direktion gibt. Die Gewerkschaft fordert stattdessen, dass im Fall eines ersten Verstoßes gleich eine weitere Person (Schulpsychologie) dabei sein soll.
„Willkür und mehr Diskriminierung“ befürchtet die Gleichbehandlungsanwaltschaft
In sich hat es jedenfalls die noch nicht veröffentlichte Stellungnahme der Gleichbehandlungsanwaltschaft, die im Ministerium von Eva-Maria Holzleitner (SPÖ) angesiedelt ist. In einer Zusammenfassung, die den SN vorliegt, heißt es, dass die GAW „Verfassungswidrigkeiten und große rechtliche Mängel“ in dem Gesetzesentwurf ortet. „Wir sind zuversichtlich, dass der Verfassungsgerichtshof auch diesen Verstoß aufheben wird“, so Sandra Konstatzky, Leiterin der GAW. Denn: „Wir konnten bereits beim gesetzlichen Vorstoß 2019 beobachten, dass die betroffenen Mädchen und Familien dadurch verstärkt rassistischen Belästigungen ausgesetzt waren.“ Der Entwurf biete das Risiko für „Willkür und mehr Diskriminierung“, heißt es weiter. Außerdem würde das Gesetz auch religionsmündige Schülerinnen treffen, da auch ältere Mädchen noch in der achten Schulstufe sitzen würden.
Plakolm ist überzeugt, dass das Gesetz diesmal hält
Integrationsministerin Claudia Plakolm ist hingegen davon überzeugt, dass das Gesetz im Gegensatz zu jenem für Volksschülerinnen aus dem Jahr 2019 halten wird, wie sie am Montag betonte. Die damalige Regelung war vom Verfassungsgerichtshof 2020 aufgehoben worden, weil es im Gegensatz zur religiösen Neutralität des Staates stand, also weil es rein auf den Islam abgezielt hatte. Man sei auf die Kritikpunkte des Höchstgerichts sehr sorgfältig eingegangen, man ziele verstärkt auf das Kindeswohl ab.
Die Ministerin präsentierte am Montag geplanten Begleitmaßnahmen, die dem VfGH 2020 auch gefehlt hatten. Geplant sind Förderungen für Projekte im Ausmaß von 6,5 Mill. Euro, die die Selbstbestimmung von Mädchen und die präventive Arbeit mit Burschen fördern sowie Eltern aufklären und unterstützen sollen. Plakolm: „Das Kopftuch ist definitiv kein harmloses Stück Stoff, sondern ein Symbol eben genau dieser Unterdrückung.“
Grüne: „Einem verfassungswidrigen Gesetz können wir nicht zustimmen“
Und sie betonte, dass eine breite politische Mehrheit hinter dem Verbot stehe. Tatsächlich hatten zuletzt auch die Grünen signalisiert, das Verbot unterstützen zu wollen. Denn: Der Druck von Familie und Community, ein Kopftuch zu tragen, sei „ein reales Problem“. Am Montag teilte die grüne Vize-Klubchefin Sigrid Maurer allerdings mit: „Wie schon das türkis-blaue Kopftuchverbot wird wohl auch dieses aufgehoben werden. Einem verfassungswidrigen Gesetz können wir nicht zustimmen.“