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Kritische Fragen des VfGH zu Überwachungspaket

Kritische Fragen zu der von Türkis-Blau als "Sicherheitspaket" vermarkteten Befugniserweiterung für die Polizei bei der Überwachung der Handykommunikation und via Verkehrskameras hat es am Dienstag in einer öffentlichen Verhandlung im Verfassungsgerichtshof (VfGH) gesetzt. Einen Beschluss gab es noch nicht, immerhin aber die Premiere der Vorsitzführung durch Vizepräsident Christoph Grabenwarter.

Öffentliche Verhandlung zum Sicherheitspaket
Öffentliche Verhandlung zum Sicherheitspaket

Die ÖVP-FPÖ-Regierung nannte es Sicherheits-, die Opposition Überwachungspaket. Darunter fallen mehrere Gesetzesbeschlüsse, die den Ermittlungsbehörden zusätzliche Möglichkeiten zur Verbrechensbekämpfung geben sollen. Am Dienstag beschäftige sich der Verfassungsgerichtshof (VfGH) - erstmals unter der Leitung von VfGH-Vizepräsident Christoph Grabenwarter - mit zwei umstrittenen Punkten aus dem Paket.

61 Nationalratsabgeordnete von Neos und SPÖ wollen den "Bundestrojaner" und die Datenerfassung per Videoüberwachung auf Autobahnen mit einem Drittelantrag vor dem Höchstgericht anfechten.

Mittels "Bundestrojaner" könnten Behörden ab April 2020 die Nachrichten, die über verschlüsselte Kommunikationsdienste (z. B. WhatsApp) verschickt werden, lesen. Zur Installation einer solchen staatlichen Spionagesoftware soll die Polizei einerseits Sicherheitslücken in der Software nutzen können, andererseits dazu auch heimlich Privaträumlichkeiten betreten dürfen.

Laut Christian Pilnacek, Sektionschef im Justizministerium, scheitern die Ermittlungsbehörden derzeit an der Verschlüsselung, er verwies darauf, dass das Überwachungssystem jedenfalls im Einklang mit den Menschenrechte stehe. Rechtsanwalt Michael Rohregger, der die Neos vor dem VfGH vertrat, warnte davor, dass der Einsatz der Software deutlich über das hinausgehe, was im Rahmen einer Hausdurchsuchung erlaubt sei. Problematisch ist aus Sicht von Neos und SPÖ auch, dass sämtliche Inhalte auf einem Gerät überwacht werden könnten.

Zweiter Streitpunkt vor dem VfGH ist die anlasslose und automatisierte Erfassung von Kfz-Kennzeichen, Autos und Lenker zur Fahndung. Die Polizei will dies vor allem für die Fahndung nach Autodieben einsetzen. Rechtsanwalt Rohregger warnte davor, dass so die Möglichkeit bestehe, einen großen Teil der Bevölkerung ohne Anlass überwachen zu können. Das Innenministerium wies das zurück.

Der automatisierte Abgleich des erfassten Gesichtsfelds mit irgendwelchen Behördeninformationen sei nicht nur nicht vorgesehen, sondern derzeit technisch auch nicht möglich. Außerdem würden die Daten wieder automatisch gelöscht. VfGH-Richter Christoph Herbst, der den Fall vortrug, schlug sich in dem Punkt auf die Seite Rohreggers: "Es kommt nicht auf die technischen Möglichkeiten an, sondern darauf, was der Gesetzgeber an technischen Möglichkeiten eröffnet." Wann der VfGH eine Entscheidung trifft, ist noch unklar.

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