Am Montag gab FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl ein Pressestatement ab und schilderte seine detaillierten Positionen zum Thema Regierungsbildung. Kickl leitete seine Pressekonferenz mit den Worten ein: "Es ist einige Zeit ins Land gezogen, seitdem wir uns hier zuletzt getroffen haben. Es waren ereignisreiche Tage. In Vorarlberg konnte die Freiheitliche Partei das nächste historische Wahlergebnis einfahren." Er nutzte die Gelegenheit und bedankte sich bei allen Wählerinnen und Wählern. "Sie werden ihre Wahl nicht bereuen", betonte Kickl.
Er und die FPÖ seien sich ihrer Verantwortung und ihrer Rolle, die ihnen die Wähler zugeschrieben hätten, im Klaren.
Kickl plaudert aus dem Nähkästchen: Van der Bellen habe herumgedruckst
Ganz im Gegenteil zu Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen, der nach den Gesprächen mit den Parteivorsitzenden von einer "Klarheit für Österreich" gesprochen hatte. Kickl kritisiert, dass es Van der Bellens Aufgabe gewesen wäre, die mit dem Wahlergebnis auf dem Tisch liegende Klarheit umzusetzen und der FPÖ den Regierungsbildungsauftrag zu übergeben. Van der Bellen habe aber leider keinen Schritt in diese Richtung gemacht und so die Unklarheit für Österreich selbst produziert. "In der Vergangenheit wurde immer die stimmenstärkste Partei, ohne zu zögern, mit der Regierungsbildung beauftragt", kritisiert Kickl. Dies sei eine "demokratische Tradition". Mit der FPÖ habe es nur einen Gewinner gegeben und selbst bei den Vorzugsstimmen liege er, Kickl, klar vor Nehammer und SPÖ-Chef Andreas Babler: Laut dem (noch nicht kontrollierten) vorläufigen Ergebnis erhielt Kickl auf Bundesebene 85.542 Vorzugsstimmen, Nehammer 60.402 und Babler 46.440. Die offiziellen Zahlen werden am Mittwoch von der Wahlbehörde bekannt gegeben.
Kickl gab Detail von Gespräch mit Van der Bellen preis
Kickl plauderte zudem aus dem Nähkästchen und gab Details von seinem Gespräch mit Van der Bellen preis. In ihrem 90-minütigen Gespräch habe Van der Bellen herumgedruckst, warum er überhaupt für die Regierungsbildung zuständig sein soll, und er habe bei Kickl den Eindruck erweckt, dass er dabei "nicht eingreifen wolle".
Scharfe Kritik an ÖVP und SPÖ: "Die Verlierer möchten sich selbst retten"
Scharf kritisierte der FPÖ-Chef auch "die großen Wahlverlierer" ÖVP und SPÖ. Diese hätten eine vernebelte Sicht auf das deutliche Wahlergebnis und die beiden Verlierer versuchten nur, sich selbst - und nicht Österreich - zu retten. Es gehe nur um Parteitaktik und Spielchen im Sinne des Machterhalts. Nun stelle sich die Frage, ob sich Karl Nehammer als "einsichtiger demokratischer Verlierer zeigt und die Blockade löst oder ob er weiterhin das Wahlergebnis leugnet und weiter an der Verliererkoalition bastelt", so Kickl. Bilde die ÖVP lieber mit der SPÖ eine Koalition, drohe der nächste Akt einer "experimentellen Regierung", einer Zusammenarbeit zweier Parteien, die inhaltlich nicht zusammenpassen. Was das bedeute, habe man bereits unter Schwarz-Grün erlebt.
Kickl wirft Nehammer "grobe Missachtung des Wahlergebnisses" vor
Kickl appellierte an die "vernünftigen Kräfte" in der Volkspartei, "Nehammer in seinem emotionalen Ausnahmezustand nicht allein zu lassen". Nehammer, der sich erstmals nach dem Abgang von Ex-Kanzler Sebastian Kurz einer Wahl gestellt hat, sei der "große Verlierer". Nach diesem "Totalabsturz" den Kanzleranspruch zu stellen, sei "absurd und eine grobe Missachtung des Wahlergebnisses".
Nehammer und die ÖVP müssten in den kommenden Tagen die zentrale Frage beantworten, ob es um den Machterhalt oder um die Zukunft Österreichs gehe. Denn die Inhalte des sogenannten Österreichplans Nehammers könne die ÖVP nur mit der FPÖ umsetzen, gebe es inhaltlich doch große Überschneidungen. Das seien auch die Punkte, die die Wähler mit breiter Mehrheit gewählt haben, so Kickl: "Das geht nur mit der freiheitlichen Partei und nicht mit einer marxistisch infizierten SPÖ, die von einer Obmanndebatte in die nächste stolpert."
Abermals waren keine Fragen nach dem Statement erlaubt.
Gespräche zwischen den Parteien gehen weiter
Am Dienstagnachmittag werden zunächst SPÖ und ÖVP und anschließend ÖVP und FPÖ miteinander reden. Am Donnerstag folgt dann das Gespräch zwischen den Freiheitlichen und der SPÖ.