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Schlepperkriminalität: Wie illegale Migration eingedämmt werden soll

Im Schatten des Ukraine-Kriegs macht die Schlepperkriminalität gute Geschäfte. 300 Schlepper wurden bereits geschnappt, viel mehr als 2021.

Reist mit Außenminister Alexander Schallenberg nach Ägypten und in die Türkei: Innenminister Gerhard Karner (ÖVP).
Reist mit Außenminister Alexander Schallenberg nach Ägypten und in die Türkei: Innenminister Gerhard Karner (ÖVP).

Im Innenministerium ist man sich sicher: Dass die Zahl der Flüchtlinge und Migranten heuer derart ansteigt, hat indirekt mit dem Krieg in der Ukraine zu tun. Als die EU-Länder begannen, Kriegsvertriebene in großer Zahl aufzunehmen, habe die organisierte Schlepperkriminalität sofort reagiert und Migranten aus aller Welt offene Grenzen in Europa "und das Blaue vom Himmel" versprochen, so Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Er kündigte eine Reihe weiterer Maßnahmen gegen das Schlepperunwesen und - über soziale Medien - verstärkte Informationskampagnen in Ländern an, deren Angehörige so gut wie keine Chance hätten, als Konventionsflüchtlinge anerkannt zu werden, darunter Tunesien und Marokko, aber auch die Türkei, Pakistan und Indien.

Als klaren Hinweis für das Werben der Schleppermafia um sogenannte Wirtschaftsflüchtlinge wertet man im Innenressort folgendes Phänomen: Die Zahl der bei Kontrollen aufgegriffenen illegalen Grenzgänger, die sofort nach der Registrierung, dem Stellen eines Asylantrags und der Erstbefragung untertauchten, sei heuer sprunghaft gestiegen. Im vergangenen Jahr taten das in den ersten fünf Monaten 1500 Personen - heuer waren es 6000. Offenbar sei ihnen durchaus klar, dass sie Kandidaten für die sogenannten beschleunigten Verfahren seien und mit einer zügigen Abschiebung rechnen müssten.

300 Schlepper im ersten Halbjahr 2022 aus dem Verkehr gezogen

Das traf im ersten Halbjahr dem Vernehmen nach insbesondere auf Tunesier zu. Es gab kaum Außerlandesbringungen von tunesischen Staatsangehörigen, die hier um Asyl ansuchten, weil sie offenbar so rasch wie möglich ins nächste Land weiterreisten und sich damit dem Verfahren in Österreich "entzogen", wie es im Fachjargon heißt.

Deutlich gestiegen ist heuer auch die Zahl der Schlepper, die aus dem Verkehr gezogen wurden: 300 waren es bis einschließlich Donnerstag - um 30 Prozent mehr als im ersten Halbjahr 2021.

Die Schlepperei gehört zu einem der lukrativsten Geschäftszweige der organisierten Kriminalität. Zu den bekannten Routen - Westbalkanroute, zentrale und westliche Mittelmeerroute - gesellte sich heuer eine weitere. Laut Innenressort wurden viele Grenzübertritte aus der Türkei ins EU-Land Bulgarien registriert, zudem eine gestiegene Zahl an Einreisen per Flug, häufig aus dem Transitland Serbien.

Innenminister Karner reist am Samstag mit seinem Kollegen aus dem Außenamt, Alexander Schallenberg, in die Türkei und nach Ägypten, um über Rezepte gegen die wachsende illegale Migration und andere geopolitische Auswirkungen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine zu sprechen, darunter die Nahrungsmittelsicherheit. Insbesondere Ägypten ist auf ukrainischen Weizen angewiesen.

Grenzschutz wird gemeinsam mit Nachbarländern verstärkt

Gemeinsam mit den Nachbarländern Slowenien, Ungarn und der Slowakei wird nun der Grenzschutz verstärkt. Außerdem werden zusätzliche Exekutivbeamte an die ungarisch-serbische Grenze geschickt. Neben mehr Personal gibt es mehr Wärmebildkameras, mehr Drohnen und mehr Herzschlag-Detektoren. Zudem soll die Zusammenarbeit mit den Westbalkanstaaten intensiviert werden. Außerdem sollen wieder mehr Asylbewerber in jene EU-Länder zurückgeschoben werden, in denen sie erstmals registriert wurden ("Dublin-Rückführungen"). In Brüssel will sich Karner dafür einsetzen, dass der Außengrenzschutz "robuster" wird. Asylzentren außerhalb der EU - wie sie Großbritannien und Dänemark anstreben - sind für Karner (und die burgenländische SPÖ) nicht vom Tisch. Und: Aufgestockt werden muss angesichts der vielen Asylanträge das Verwaltungspersonal.