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Selenskyj spricht im österreichischen Parlament

Der ukrainische Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj spricht im Nationalrat. Warum das erst jetzt passiert, was das mit der FPÖ zu tun hat und warum ihm nicht alle Parlamentarier zuhören wollen.

Im deutschen Bundestag trat der ukrainische Präsident Selenskyj bereits am 17. März des Vorjahres per Videoschaltung auf. Der österreichische Nationalrat folgt am Donnerstag.
Im deutschen Bundestag trat der ukrainische Präsident Selenskyj bereits am 17. März des Vorjahres per Videoschaltung auf. Der österreichische Nationalrat folgt am Donnerstag.

Eine Verdoppelung der Strafen für Verstöße gegen das Handyverbot am Steuer. Ein 250 Millionen Euro teurer Wohnkostenzuschuss zur Abfederung der steigenden Mietkosten. Ein Abbau bürokratischer Hürden für vertriebene Ukrainer, die hier arbeiten wollen: Das sind nur einige der Themen, mit denen sich der Nationalrat am Mittwoch und Donnerstag dieser Woche beschäftigen wird. Die meiste Aufregung bereits im Vorfeld gibt es um einen Punkt, der außerhalb der Tagesordnung am Donnerstag vor offiziellem Sitzungsbeginn erledigt wird:

Selenskyj schaltet sich per Video aus Kiew zu

Der ukrainische Staatspräsident Wolodymyr Selenskyj wird, per Video aus Kiew zugeschaltet, das Wort an die Mandatarinnen und Mandatare richten. Freilich nicht an alle, denn die FPÖ protestiert gegen die Selenskyj-Rede und wird ihr nicht beiwohnen. Klubchef Herbert Kickl bezeichnete die Veranstaltung als "Störfeuer gegen unsere immerwährende Neutralität". Dem Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka warf Kickl einen "Taschenspielertrick" vor.

"Gerade wir haben eine Pflicht "
Wolfgang Sobotka, Nationalratspräsident

Damit nahm er Bezug auf den Umstand, dass die Selenskyj-Rede auf persönliche Einladung Sobotkas erfolgt. In der Parlamentspräsidiale, der auch Kickl und der freiheitliche Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer angehören, war darüber nämlich keine Einigkeit zu erzielen.

Österreich lässt Selenskyj erst mit Verspätung sprechen

Der Widerstand der FPÖ ist auch die Ursache dafür, dass Selenskyj erst jetzt zu den österreichischen Mandatarinnen und Mandataren sprechen darf. Mit Ausnahme von Österreich, Bulgarien und Ungarn gab es bereits in allen EU-Staaten Videoschaltungen zum ukrainischen Präsidenten - im Deutschen Bundestag etwa bereits am 17. März des Vorjahrs, also wenige Wochen nach Kriegsbeginn. Auch zum Nationalrat sollte Selenskyj damals sprechen, was aber am Widerstand der FPÖ scheiterte. Statt Selenskyj sprach daher im Juni Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk zu den österreichischen Parlamentariern (mit Ausnahme der FPÖ). Und nun eben die persönliche Einladung des Nationalratspräsidenten an Selenskyj, für die Sobotka nicht die Zustimmung der FPÖ benötigte.

Österreich habe eine Pflicht die Ukraine zu unterstützen

"Der ukrainische Präsident soll die Möglichkeit erhalten, seine Sicht der Dinge zu schildern", sagt Sobotka im SN-Gespräch. Die Ukraine sei Opfer eines von fast der gesamten Weltgemeinschaft verurteilten Angriffskriegs - gerade Österreich, das 1938 beim Einmarsch der Nazitruppen ziemlich allein dastand, habe jede Pflicht, die Ukraine zu unterstützen. Die Kritik der Freiheitlichen nennt der Nationalratspräsident einen "Geschichtsrevisionismus, für den mir jedes Verständnis fehlt". Mit der Neutralität - die nur eine militärische, keine ideologische sei - sei Selenskyjs Auftritt selbstverständlich vereinbar, sagt Sobotka.