Wolfgang Sobotka setzt trotz des schwachen Ergebnisses auf Versöhnung und will auch all jene überzeugen, die ihn nicht gewählt haben. Der frühere Innenminister erhielt nur 106 von 173 gültigen Abgeordnetenstimmen. In seiner ersten Rede sagte er in der Führung seines Amtes als Nationalratspräsident Äquidistanz zu. "Demokratie ist eines der höchsten Güter, die es zu schützen gilt in allen Fragen", lud Sobotka die Abgeordneten "zu einem gemeinsamen Miteinander" ein.
Im Parlamentarismus sei es unerheblich, wie groß oder klein eine Fraktion sei, alle müssten zusammenwirken und hätten gleiche Rechte, unterstrich Sobotka. Dass im Hohen Haus verschiedenste Meinungen pointiert und vielfältig vertreten seien, sei gut und notwendig, um nach außen das Bild eines lebendigen Parlamentarismus zu zeigen. Zu den Aufgaben des Parlaments gehöre auch die Kontrolle der Regierung, wobei ein "faires Miteinander" notwendig sei, befand Sobotka.
Wie schon bei seinen Vorgängerinnen werde es auch sein Ziel als Präsident sein, das Parlament als "Stätte der Begegnung" zu öffnen, kündigte Sobotka an. Er wolle Wissenschafter und Künstler zum Dialog laden. Wichtig sei aber auch der Dialog mit der Bürgergesellschaft. Um verstärkt die Jugend anzusprechen, will Sobotka die Demokratiewerkstatt ausbauen.
Die Wahl war notwendig geworden, weil Elisabeth Köstinger das Parlament nur knapp sechs Wochen nach der Wahl der Nationalratspräsidenten wieder in Richtung Regierung verlassen hat. Köstinger war am 9. November mit knapp 67 Prozent (117 der 175 gültigen Stimmen) gewählt worden. Schon damals war von der Opposition befürchtet worden, dass sie das Amt nur als Zwischenstation bis zu einem Ministeramt übernimmt. SPÖ und NEOS hatten nun deshalb angekündigt, Sobotka nicht zu wählen. Wieder etliche Stimmen erhielt der frühere Zweite Präsident Karlheinz Kopf, nämlich 65 an der Zahl. Zwei Stimmen entfielen auf andere Abgeordnete.
Auch das Amt des Dritten Präsidenten musste neu besetzt werden, da Norbert Hofer (FPÖ) vom Hohen Haus ins Infrastrukturministerium wechselte. Ihm folgt nun Anneliese Kitzmüller nach. Bei der geheimen Wahl im Nationalrat votierten 71,8 Prozent für die freiheitliche Mandatarin.
Kitzmüller, die dem rechten Rand der FPÖ zugezählt wird, erhielt ein schlechteres Ergebnis als Hofer bei dessen zwei Wahlen. 2013 war er - allerdings noch bei anderer Zusammensetzung des Nationalrats - von 80,3 Prozent der Abgeordneten unterstützt worden. Bei seiner Wiederwahl am 9. November konnte er sein Ergebnis sogar auf 83,5 Prozent steigern.
Bei Kitzmüllers Wahl war eine relativ große Zahl an Stimmen ungültig. Sie erhielt gesamt 102 von 142 gültigen Stimmen, gleich 34 waren ungültig. Sieben Abgeordnete waren entschuldigt bzw. nahmen nicht an der Abstimmung teil. Damit haben auch einige Koalitionsmandatare nicht für sie votiert. Denn ÖVP und FPÖ verfügen zusammen über 114 Mandate. Etwas überraschend erhielt auch der in mittlerweile drei Parlamentsfraktionen erfahrene Freiheitliche Robert Lugar sieben Stimmen. Der Rest verteilte sich auf unterschiedliche Abgeordnete.