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Staatsanwaltschaft prüft Anfangsverdacht gegen Sobotka

Das heimlich aufgenommene Tonband, auf dem der mittlerweile verstorbene einstige Justiz-Sektionschef Vorwürfe gegen die ÖVP erhoben hatte, lässt nun die Behörden tätig werden. Die Staatsanwaltschaft Wien prüft derzeit einen Anfangsverdacht gegen Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) wegen versuchter Bestimmung zum Amtsmissbrauch, teilte eine Sprecherin der APA am Donnerstag mit.

Sobotka beschäftigt nun die Staatsanwaltschaft
Sobotka beschäftigt nun die Staatsanwaltschaft

Bei den Vorwürfen geht es darum, dass der vor kurzem verstorbene Ex-Sektionschef Christian Pilnacek in privater Runde in einem Lokal darüber sprach, dass Sobotka ihm vorgeworfen habe, Ermittlungen nie abgedreht zu haben. Das Gespräch vom vergangenen Sommer wurde heimlich aufgenommen und in den vergangenen Tagen mehreren Medien zur Verfügung gestellt. Der Sprecher des Präsidenten hatte schon am Dienstag die Darstellung Pilnaceks zurückgewiesen.

Die Staatsanwaltschaft prüft nun, ob überhaupt ein Verfahren eingeleitet werden soll. Auch die mögliche Zuständigkeit soll dabei geklärt werden. Möglich ist etwa, dass auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) den Fall übernehmen könnte. Auch zu weiteren, unbekannten Personen, die auf der Aufnahme zu hören waren, wurde ein Verfahren angelegt.

Indes outete sich der frühere BZÖ-Politiker und Unternehmer Christian Mattura als Urheber der Aufnahme. "Ich habe den Herrn Pilnacek damals aufgenommen", sagte er den "Salzburger Nachrichten". Er habe den früheren Justiz-Sektionschef schon länger privat gekannt. "Und als er dann an diesem Abend angefangen hat, über die ÖVP zu reden, habe ich mich dazu hinreißen lassen und habe den Knopf gedrückt. Das gebe ich zu." Als Grund für die spätere Weitergabe an Medien nannte Mattura die Aussagen von Sebastian Kurz (ÖVP) vor Gericht. Der Ex-Kanzler habe dort Pilnaceks Tod für sein "Bashing gegen die WKStA" verwendet.

Die ÖVP warf Mattura vor, seine "starke politische Komponente" herunterzuspielen. Er sei "nicht nur Kandidat, sondern auch in politischer Funktion als Bezirksparteiobmann des FPÖ-Splitters BZÖ und darüber hinaus mehrfach Kandidat für Nationalrat und Landtag" gewesen, so ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker in einer Aussendung und forderte einmal mehr Konsequenzen für die "Geheimdienst-Methoden". Skeptisch zeigte sich Stocker auch darüber, dass der frühere BZÖ-Politiker Stefan Petzner nach Angaben Matturas nichts mit der Tonaufnahme zu tun habe.

Die FPÖ forderte bereits zuvor eine Entschuldigung von ÖVP-Chef Karl Nehammer, weil dessen Partei versuche, die Urheberschaft bzw. mediale Verbreitung der Tonaufnahme der FPÖ und ihrem Umfeld zuzuschieben.

Die Vereinigung Österreichischer Staatsanwältinnen und Staatsanwälte (StAV) nutzte die Causa am Donnerstag, um auf die noch ausstehende Umsetzung des vorliegenden Entwurfs zur Schaffung einer Generalstaatsanwaltschaft aufmerksam zu machen. Diese sei dringend notwendig "um auch eine klare strukturelle Trennung von Politik und Justiz an der Weisungsspitze zu gewährleisten."

Ins selbe Horn stießen die NEOS. Sie forderten die Regierung dringend auf, endlich den Widerstand gegen eine Entpolitisierung der Justiz aufzugeben. "Schon der leiseste Verdacht, dass es sich manche richten können, ist tödlich für eine Demokratie und einen Rechtsstaat", erklärte NEOS-Klubchef Nikolaus Scherak in einer Stellungnahme. Am nächsten Donnerstag wollen die NEOS daher neuerlich ihren Antrag zur Schaffung eines unabhängigen Bundesstaatsanwalt im Justizausschuss einbringen. Das werde der Lackmustest für die Grünen, die nach Bekanntwerden der neuen Vorwürfe beteuert hätten, "dass ihnen die Schaffung eines unabhängigen Bundesstaatsanwalts ebenso wichtig ist wie uns", so Scherak, "wenn es ihnen ernst ist, stimmen sie unserem Antrag zu".

Der Experten-Entwurf sieht vor, dass künftig nicht mehr der Justizminister bzw. die Justizministerin an der Spitze der Weisungskette der Staatsanwälte steht, sondern eine unabhängige Generalstaatsanwaltschaft. Bisher scheiterten die koalitionsinternen Verhandlungen vor allem an der Spitze der Generalstaatsanwaltschaft, an der sich die Grünen (wie auch die Staatsanwälte) einen Dreier-Senat wünschen. Die ÖVP hätte hingegen gerne eine Einzelperson, den sogenannten "Bundesstaatsanwalt" bzw. die "Bundesstaatsanwältin". "Bereits der Anschein, dass auf ein Ermittlungsverfahren Einfluss genommen werden könnte, schadet dem Ansehen der Justiz massiv", betonte StAV-Präsidentin Cornelia Koller.

Statement von Sobotka im Nationalrat: