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Wanze in Straches Büro: Eine Abhöraffäre, die keine war

Die angebliche Wanze in Straches Büro entpuppte sich als antiquierter Parlamentslautsprecher.

Viel Lärm um nichts: Vizekanzler Strache wurde doch nicht abgehört.
Viel Lärm um nichts: Vizekanzler Strache wurde doch nicht abgehört.

Große Aufregung im Jänner, wenige Tage nachdem der neue Vizekanzler Heinz-Christian Strache sein neues Büro in Palais Dietrichstein gleich neben dem Kanzleramt bezogen hatte. "Im Büro von Vizekanzler Strache wurden Wanzen entdeckt" - nämlich Abhörwanzen, und zwar im Spiegelschrank in Straches Arbeitszimmer, meldeten die Gazetten. Vom Spiegelschrank führte ein Kabel durch mehrere andere Räume ins Freie. "Von dort konnte die Abhöranlage in Betrieb genommen werden", meldete die "Kronenzeitung" aufgeregt.

Aufgefunden wurde die angebliche Wanze von Spezialisten des Heeresabwehramts, das Straches Parteifreund, dem Verteidigungsminister Mario Kunasek, untersteht. Experten meldeten bereits damals Zweifel am Wanzenfund an. Es habe sich vielmehr um eine "altertümliche, mikrofonartige Vorrichtung" gehandelt, hieß es hinter vorgehaltener Hand. Doch die Wanzenaffäre hatte den für die FPÖ angenehmen Nebeneffekt, dass sie den Liederbuch-Skandal überdeckte, der damals die Berichterstattung dominierte. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung nahm Ermittlungen auf. Und auch der ehemalige Kanzleramtsminister Thomas Drozda schaltete seinen Anwalt ein. Immerhin hatte er die besagten Räumlichkeiten vor Strache genutzt und wäre daher von einer allfälligen Abhöraktion betroffen gewesen.

Abhöraktion oder "Ablenkungsoperette"

Wie sich nun herausstellt, handelte es sich bei der Angelegenheit um keine Abhöraktion, sondern um eine "Ablenkungsoperette". So lautet das Urteil des nunmehrigen SPÖ-Vizeklubchefs Thomas Drozda, der den "Salzburger Nachrichten" und dem "Falter" Einblick in den Ermittlungsakt gewährte. Kurzfassung: Es wurde keine Wanze gefunden, sondern bloß ein "Lautsprecher älteren Baujahres". Daher: "Es wird festgestellt, dass bis dato keinerlei Hinweise gefunden werden konnten, welche für eine illegale Abhörung sprechen". Sondern: "Vielmehr ist es wahrscheinlich, dass die gesamte Anlage samt Lautsprecher, Verteiler und Verkabelung lediglich für das Mithören von Parlamentssitzungen genutzt und schon vor vielen Jahren für diesen Zweck eingebaut worden war." Wovon auch ein Pickerl mit der Aufschrift "Parlamentsleitung" Zeugnis gab.

Tatsächlich gab es eine Zeit, als Parlamentssitzungen noch nicht im ORF übertragen wurden und auch der Livestream nicht erfunden war. Damals standen in politischen Büros rauschende Lautsprecher, mittels derer die Büroinsassen die Nationalratsdebatten verfolgten, um gegebenenfalls rasch in den Plenarsaal eilen zu können.

Straches angebliche Wanze war nichts anderes als ein antiquierter Parlamentslautsprecher plus dazugehörigem Kabelsalat.