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Kritik und Lob zu Regierungsverhandlungen

Die bevorstehenden Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ führen zu unterschiedlichen Reaktionen aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft.

Gutes Gesprächsklima zwischen Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache.
Gutes Gesprächsklima zwischen Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache.
Christian Kern.
Christian Kern.
Karl Blecha
Karl Blecha
Johanna Mikl-Leitner
Johanna Mikl-Leitner
Christoph Leitl
Christoph Leitl
Evelyn Regner
Evelyn Regner
Harald Vilimsky
Harald Vilimsky
Christian Benger
Christian Benger
Einige Vereine wollen Demonstrieren – darunter SOS-Mitmensch.
Einige Vereine wollen Demonstrieren – darunter SOS-Mitmensch.
Othmar Karas
Othmar Karas

Christian Kern (SPÖ-Chef und Noch-Bundeskanzler): Christian Kern erwartet angesichts der am Mittwoch startenden Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ keinen neuen Stil des Regierens. "Was wir bekommen werden, ist eine ideologische Uraltkoalition der beiden rechts gerichteten rechtspopulistischen Parteien, die sich schon seit längerer Zeit inhaltlich und ideologisch angenähert haben", erklärte Kern via Facebook. Die SPÖ werde in Opposition gehen und habe damit die Chance, sich zu erneuern und wieder stärkste Kraft zu werden, erklärte Kern weiter. Die neue schwarz-blaue Regierung werde die Unterschiede jedenfalls klar aufzeigen: "Ich hätte das unserem Land gerne erspart."

Othmar Karas (ÖVP-EU-Abgeordneter): Der ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas warf der SPÖ vor, sie habe "demokratiepolitisch unverantwortlich" gehandelt, indem sie sich so schnell für die Opposition entschieden habe. ÖVP-Chef Sebastian Kurz hätte damit gar keine andere Möglichkeit gehabt, als mit der FPÖ Verhandlungen aufzunehmen, betonte der ÖVP-Delegationsleiter am Dienstag in Straßburg. Themen, bei denen eine unterschiedliche Meinung herrscht, müssten jetzt geklärt werden.

Karl Blecha (Präsident des Pensionistenverbands Österreich): "Der Pensionistenverband wird jede kommende Bundesregierung daran messen, wie sie mit der sozialen Sicherheit in Österreich umgeht. Für die Pensionistinnen und Pensionisten - auch für zukünftige - steht viel am Spiel: Bei den Pensionen, bei der Pflege, bei der Gesundheitspolitik. Unsere sozialen Sicherungssysteme sind Erfolgsmodelle und wir werden nicht zulassen, dass sie ruiniert werden. Ja, dort wo es notwendig ist, müssen Verbesserungen durchgeführt werden. Aber nicht zulasten der sozialen Sicherheit. Sie ist der Grundstein für die positive wirtschaftliche Entwicklung, die wir gerade jetzt erleben", erklärte SPÖ-Politiker Blecha auf die sich abzeichnende Regierungsbildung von ÖVP und FPÖ.

Arbeiterkammer und Gewerkschaften: Angesichts der anlaufenden Koalitionsverhandlungen von ÖVP und FPÖ geben sich die Arbeiterkammer und Gewerkschaft abwartend. Man bewerte jegliche Regierung daran, was sie für die Arbeitnehmer zu tun bereit sei, sagten AK-Präsident Rudolf Kaske und ÖGB Chef Erich Foglar in einer Pressekonferenz am Dienstag. Keinesfalls dürfe es zur Abschaffung der Kammer-Pflichtmitgliedschaft kommen.

Johanna Mikl-Leitner (Landeshauptfrau und ÖVP-Chefin in NÖ): Sie bezeichnete es als "bedauerlich, dass Christian Kern schon jetzt für sich entschieden hat, in Opposition zu gehen". Punkto Koalitionsverhandlungen vertraue sie voll auf Sebastian Kurz.

Christoph Leitl (Präsident der Wirtschaftskammer): "Durch rasche Aufnahme von Regierungsverhandlungen können konkrete, positive Veränderungen für den Standort Österreich und seine Unternehmen eingeleitet werden", so der ÖVP-Politiker Leitl, "wir müssen unser Land für die Zukunft rüsten und nachhaltige Verbesserungen auf Schiene bringen."

Evelyn Regner (SPÖ-EU-Abgeordnete): Wenig begeistert von der möglichen Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen zeigte sich die SPÖ-Europamandatarin Evelyn Regner. "Die FPÖ ist eine rechtsextreme Partei, die FPÖ ist ein Gründungsmitglied" der Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit (ENF) im Europaparlament. Dort würden sie seit Jahren mit der französischen rechtsextremen Front National von Marine Le Pen zusammenarbeiten, die einst angekündigt hatte, "die EU zerstören" zu wollen, kritisierte die EU-Mandatarin.

Harald Vilimsky (FPÖ-EU-Abgeordneter): Die mögliche Regierungsbeteiligung der FPÖ sorgt bei österreichischen Europaabgeordneten für Diskussion. FPÖ-Generalsekretär und EU-Abgeordneter Harald Vilimsky betonte am Dienstag die Linie der Freiheitlichen zur ENF-Mitgliedschaft: Er will darüber nicht verhandeln. Die Kooperationsbasis sei nicht Gegenstand der Verhandlungen über ein österreichisches Regierungsprogramm, sagte er.

Christian Benger (Kärntens ÖVP-Chef): Er begrüßt Koalitionsverhandlungen mit der FPÖ. Diese gab heute Parteiobmann Sebastian Kurz bekannt. "Wir brauchen eine stabile, mutige Regierung, damit Österreich wieder an die Spitze kommt. Nur wer zu Reformen bereit ist, kann in einer nächsten Regierung sein und diese wird an ihren Taten gemessen werden. Die SPÖ hat sich selbst herausgenommen und steht nach eigenen Angeben gegen Veränderung, gegen Reformen und für Stillstand", fasst Benger zusammen.

SOS-Mitmensch: Mehrere Vereine warnen weiterhin vor einer Regierungsbeteiligung der FPÖ und würden in diesem Fall auch dagegen demonstrieren. "Es wird auch Proteste auf der Straße geben", sagte Alexander Pollak von SOS Mitmensch am Dienstag in einer Pressekonferenz. Er machte dabei abermals auf angebliche Verstrickungen der Freiheitlichen in "Rechtsextremismus und neonazinahe Kreise" aufmerksam.