Dem Schwarzen Kontinent macht das Erbe der Kolonialzeit schwer zu schaffen, analysiert der Historiker Jürgen Zimmerer. Die europäischen Staaten aber sind nicht bereit, sich die fortdauernden Wechselwirkungen bewusst zu machen.

Die Migration von Afrika nach Europa ist nur der Endpunkt einer Entwicklung, die viel früher begonnen und mit der Dekolonisation nicht aufgehört hat.
Die Armutsmigration deutet darauf hin, dass wir es noch immer mit den Folgewirkungen der europäischen Kolonialherrschaft in Afrika zu tun haben. Was ist ein besonders krasser Beleg für diese Behauptung? Jürgen Zimmerer: Wenn man sich eine Landkarte Afrikas anschaut, erkennt man Grenzen, die zum großen Teil einst von den europäischen Kolonialmächten gezogen worden sind - ohne Rücksicht auf afrikanische Gesellschaften und deren Interessen. Das führte dazu, dass Menschen und Gesellschaften, die zusammengehören, durch Grenzen geteilt wurden; und es führte dazu, dass Gesellschaften, die verfeindet waren oder in Rivalität zueinander standen, sich plötzlich in einem Staat wiederfanden. Das ist eine der Ursachen von Konflikten in Afrika, die dann auch zu einem Faktor werden für Armut und Migrationsbewegungen.