Gleichberechtigung bis in den Schützengraben. Dafür werden neuerdings Stimmen laut. Hauptsächlich von Männern. Der Personalmangel in den europäischen Armeen ist eklatant. Und angesichts der veränderten Sicherheitslage versuchen die Regierungen fieberhaft, die Lücke zu schließen. Nur wie? Die meisten Regierungen europaweit haben die Wehrpflicht in den vergangenen Jahren abgeschafft. Man dachte, Krieg sei eine schmerzhafte Erinnerung an das vergangene Jahrhundert. Ein Irrtum. Nur Dänemark,
Estland, Finnland, Zypern, Griechenland, Österreich und die Schweiz haben an der Wehrpflicht festgehalten. Aber auch dort zeigt eine ehrliche Bestandsaufnahme: Verteidigungsfähig wären die Armeen im Ernstfall nur bedingt. Und nicht lang.
Dänemark hat seine Antwort gefunden: Es will sich breiter aufstellen und setzt dafür auch auf Frauen. Sie sollen zu den gleichen Bedingungen dienen wie Männer und können ab dem Jahr 2026 zwangsweise eingezogen werden, wenn sich nicht genügend Freiwillige melden. Mitte Mai geht der Gesetzesentwurf durchs Parlament. Die Zustimmung gilt als sicher. Dänemark wäre damit das dritte europäische Land nach Norwegen (2015) und Schweden (2017), das diesen Schritt geht. Erich Cibulka, Chef der Offiziersgesellschaft in Österreich, hielt es kürzlich in der "Presse" für einen innovativen Gedanken, die Wehrpflicht auch in Österreich "nicht auf die männlichen Staatsbürger einzuschränken. Also eine Wehrpflicht für Frauen einzuführen."
Es lässt sich mit einiger Berechtigung einwenden, dass das plötzlich aufkeimende Engagement für Gleichberechtigung gern schon früher hätte aufkommen können. Nämlich bei Gelegenheiten, wo es für Frauen mehr Rechte statt mehr Verpflichtungen bedeutet hätte. Der klaffende Gender-Pay-Gap. Die ungleiche Verteilung von Care-Arbeit oder Karenzzeiten. Innovatives Denken in diesen Bereichen wird von Männern seit Jahrzehnten blockiert.
Skandinavien taugt als Vorbild bei der Gleichberechtigung, so viel ist richtig an der Forderung. Dann könnte man sich neben der Wehrpflicht aber auch so einiges anderes abschauen: Lohntransparenz zum Beispiel. Seit 2007 müssen in Dänemark Unternehmen mit mehr als 35 Angestellten offenlegen, wie viel Gehalt Frauen und Männer bei ihnen bekommen. Oder den Ausbau von Kinderbetreuung. Oder eine Arbeitswelt, die sich auf arbeitende Mütter und Väter einlässt. Dann, aber nur dann, kann man ohne Hohn über weitere Pflichten für Frauen sprechen.