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Martin Weiss zu Donald Trumps Friedensplan: "Das hätte kein anderer zustande gebracht"

Endlich gute Nachrichten aus dem Nahen Osten. Martin Weiss, Direktor von Salzburg Global in Schloss Leopoldskron, zollt US-Präsident Donald Trump im Video-Gespräch Respekt. "Irgendwer musste auf den Tisch hauen und das durchdrücken." Für so etwas sei Trump der richtige Mann.

US-Präsident Donald Trump ist kein diplomatischer Typ. Er arbeitet mit Druck und Drohungen. Im Nahen Osten war offenbar genau das notwendig.

Es ist der Durchbruch. Es ist aber auch der Nahe Osten. Darf man tatsächlich an einen Durchbruch glauben?

Martin Weiss: Das ist mehr als ein Hoffnungsschimmer. Es scheint so zu sein, dass nach so langer Zeit tatsächlich die Geiseln zurückkehren nach Israel. Dass die Waffen schweigen. Dass die Nahrungsmittellieferungen in vollem Umfang wieder aufgenommen werden. Dass die Menschen in Gaza Waffenruhe haben. Es gibt diesen Ausblick auf eine bessere Welt in den kommenden Tagen und Wochen.

Die Hamas hat eingelenkt. Woran lag es, dass das plötzlich gelungen ist?

Ganz ehrlich muss man sagen: Das war schon viel Donald Trump. Donald Trump hat Druck gemacht auf alle Seiten. Auch auf Israel. Man hat das Gefühl, diesen Deal oder einen ähnlichen Deal hätte man viel früher auch schon haben können. Aber jetzt ist Druck aufgebaut worden zu sagen: Genug ist genug. Das muss zu einem Ende kommen. Und da haben jetzt alle mitgespielt. Offenbar hat die Hamas auch gesehen: Es wird alles nur schlechter. Da gibt's keine besseren Optionen mehr. Und bei der israelischen Regierung hat man das Gefühl: Sie sind Beifahrer. Sie sitzen nicht auf dem Fahrersitz, da sitzt Donald Trump, aber sie spielen mit.

Donald Trump kennen wir als Menschen, der wenig diplomatisch auftritt. Braucht es diese Bulldozer-Mentalität, um im Nahen Osten durchzukommen und diesen Druck aufbauen zu können?

Ja, offenbar. Denn das sind natürlich extrem komplexe Situationen, wo jeder unterschiedliche Interessen hat. Irgendwer musste auf den Tisch hauen und das durchdrücken. Seit Monaten, gefühlt seit Jahren, spricht man von dieser Möglichkeit, einen Geiselaustausch einzufädeln. Dieses Gespräch hat es schon vor eineinhalb Jahren gegeben. Und es wollte und wollte nicht geschehen. Timing is everything in life. Donald Trump hatte offenbar ein Gespür dafür: Jetzt ist der Moment gekommen. Wir erinnern uns: Der erste Geiselaustausch ist passiert, kurz nachdem Donald Trump ins Weiße Haus gekommen ist. Da hat er den Druck aufgebaut für diesen ersten Geiselaustausch. Und jetzt, doch einige Zeit später: hoffentlich das Ende dieses Krieges.

Geiselaustausch, sagen Sie. Das bedeutet auch, dass 2000 palästinensische Häftlinge freikommen. Wie ist die Zukunft für Anhänger der Hamas? Die Entwaffnung ist Teil des Plans, aber noch sehr vage. Wie soll das umgesetzt werden?

Der erste und wichtigste Schritt ist, dass die Geiseln, die die Hamas gefangen genommen hat, freikommen. Die Lebenden und auch die sterblichen Überreste. Das ist für die Familien extrem wichtig. Für die Bevölkerung in Gaza ist wichtig, dass die Waffen schweigen. Dieser erste Schritt ist gesetzt.

Danach gibt es noch viele Fragezeichen. Wie funktioniert eine Entwaffnung der Hamas? Welche Rolle hat die Hamas? Wer ist zuständig für den Wiederaufbau in Gaza? Wer wird dort die Sicherheit übernehmen? Arabische Staaten? Die palästinensische Autonomiebehörde? Fragen über Fragen. Und natürlich: die Freilassung dieser palästinensischen Häftlinge. Darunter sind einige, die des Mordes verurteilt wurden. Aus Sicht Israels sind es Schwerverbrecher, die jetzt freigelassen werden. Die rechten Parteien in der Regierung von Benjamin Netanjahu werden alles andere als zufrieden damit sein. Und in Wahrheit muss man sagen: Die Idee einer Zweistaatenlösung, einer friedlichen Lösung dieses Konflikts ist weit in die Ferne gerückt. Wenn Sie heute Umfragen sowohl auf palästinensischer Seite als auch auf israelischer Seite machen, wird die Mehrheit der Bevölkerung sagen: Nie im Leben kann das passieren. Die Zahlen waren schon einmal ganz woanders. Als Jitzchak Rabin von einer Zweistaatenlösung gesprochen hat, war in Israel eine klare Mehrheit der Bevölkerung dafür. Heute ist es vielleicht noch ein Viertel. Da haben sich die Dinge verändert. Jetzt muss man erst einmal das Gefühl, die Hoffnung auf eine friedliche Zukunft zurückbekommen. Das ist bei vielen verschwunden.

Wo liegt die Chance?

Wir sind einen Schritt weiter. Die Waffen schweigen. Das ist schon viel. Die Bevölkerung wird versorgt mit Lebensmitteln. Es gibt ein zartes Pflänzchen Hoffnung. Das muss am Beginn stehen. Es ist aber noch ein weiter Weg dahin, dass die Menschen, die dort leben, wirklich daran glauben, dass das eine Chance ist und nicht wieder der kleinste mögliche Schritt. Aber wie sagt man so schön? Die größte Reise beginnt mit dem ersten Schritt.

Am Freitag wird der Friedensnobelpreis vergeben. Was, wenn Trump ihn nicht bekommt?

Der Friedensnobelpreis, der jetzt vergeben wird, würdigt Dinge, die im letzten Jahr erreicht wurden, also 2024. Dann wird es wohl in die Kategorie nicht hineinfallen. Aber eines muss man sagen: Wenn dieser Friedensdeal hält - länger hält als diese ein, zwei Tage, weil es gibt jetzt schon Politiker in Israel, die sagen, wenn die Geiseln zurück sind, muss natürlich der Krieg weitergeführt werden, wir müssen die Hamas total besiegen. Aber wenn das hält in den kommenden Monaten, dann muss man ehrlich sagen: Das hat Donald Trump zusammengebracht. Das hätte wohl kein anderer zusammengebracht. Ob das nobelpreisverdächtig ist, das muss das Nobelkomitee entscheiden. Nächstes Jahr.

Martin Weissist Direktor von Salzburg Global in Schloss Leopoldskron.

Es ist US-Präsident Donald Trumps große Stunde: Auf seinen Druck hin einigen sich Israel und die Hamas auf eine Waffenruhe.
Es ist US-Präsident Donald Trumps große Stunde: Auf seinen Druck hin einigen sich Israel und die Hamas auf eine Waffenruhe.