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NGOs mobilisieren in Salzburg gegen die EU-Politik

Die neue Grenzschutzpolitik der Europäischen Union hat Folgen, über die von den Staatschefs kaum gesprochen wird. Die Rechnung bezahlen die Ärmsten.

Die NGOs beriefen am Mittwoch eine Pressekonferenz ein. Am Podium Alina Kugler (Solidarisches Salzburg), Stephan Prokob (Radikale Linke), Tamino Böhm (Sea-Watch) und Ibrahim Manzo (Alarme Phone Sahara).
Die NGOs beriefen am Mittwoch eine Pressekonferenz ein. Am Podium Alina Kugler (Solidarisches Salzburg), Stephan Prokob (Radikale Linke), Tamino Böhm (Sea-Watch) und Ibrahim Manzo (Alarme Phone Sahara).

"Wir leben in einem Europa, für das man sich schämen muss. Es sterben Tausende Menschen im Mittelmeer. Die Regierungen schauen zu. Wenn Sie hier an der Salzach jemanden vor dem Ertrinken retten, sind Sie ein Held. Wenn man das im Mittelmeer macht, wird man dafür kriminalisiert." Mit diesen drastischen Sätzen veranschaulichte Alina Kugler, Sprecherin der Protest-Plattform "Solidarisches Salzburg", die Sichtweise vieler NGOs auf die Asyl- und Grenzschutzpolitik der EU.

Konkret berichtete Tamino Böhm, Leiter der Seenotrettungsmission "Moonbird" von Sea-Watch, über große Schikanen der Behörden auf Malta. Dort werden seit Ende Mai das Suchflugzeug "Moonbird" und seit Ende Juni das Rettungsschiff "Sea-Watch 3" festgesetzt - mit aus Sicht der NGOs fadenscheinigen Begründungen wie angeblich fehlerhafte Registrierungen und Sicherheitswarnungen. Die Blockade der Suchflugzeuge und -schiffe hat für Böhm System: "Das soll verhindern, dass ein Aufklärungsflugzeug, das wiederholt Menschenrechtsverletzungen und Unterlassungen von Hilfeleistung dokumentiert hat, fliegt."

Weiters retteten wegen der rechtlich unklaren Situation auch viele Handelsschiffe mittlerweile keine Flüchtlinge mehr, "aus Angst, dann nirgends mehr anlanden zu können", sagt der Aktivist.

Ein weiteres Fallbeispiel der Folgen der EU-Politik lieferte Ibrahim Manzo aus dem westafrikanischen Niger. Der Leiter des Projekts "Alarme Phone Sahara" berichtete darüber, dass es durch die Subventionierung der Sicherheitskräfte im Niger durch die EU zu einer massiven Verschiebung der Flüchtlingsrouten komme - mit teils tödlichen Folgen: "Wenn man in die Region Agadez kommt, sieht man, dass dort viele Kinder und Frauen sterben. Denn die Migranten sind jetzt auf anderen Wegen unterwegs, die abseits und versteckt sind - und da sind sie in der Wüste großen Gefahren bis hin zum Tod ausgesetzt." Sein Projekt versucht, Flüchtlinge, die auf dem Weg durch die Wüste mit oft überfüllten Autos gestrandet sind, zu helfen.

Gemeinsam hat das EU-kritische Bündnis seit 13. September in der TriBühne Lehen einen Alternativgipfel mit täglich einer Veranstaltung ausgerufen. Am Mittwoch verlagerte sich der Protest erstmals auf die Straße: Ab 19 Uhr zogen rund 300 Gipfelgegner beim "Marsch der Verantwortung" von Lehen zum Alten Markt. Die Namen von 30.000 auf der Flucht nach Europa gestorbenen Menschen wurden verlesen und auf Schildern gezeigt. Heute, Donnerstag, folgt ab 14 Uhr eine Großdemo vom Hauptbahnhof zum Volksgarten.