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Ringen um Deutungshoheit über Mueller-Bericht

Nach der Veröffentlichung des Mueller-Berichts tobt in den USA ein Kampf um die Deutungshoheit. Während sich US-Präsident Donald Trump zunächst als Sieger feierte, sehen die Demokraten viele offene Fragen und wollen über den Kongress die Ermittlungen fortsetzen. Am Freitag setzte der Präsident dann erneut wütende Tweets ab, in denen er seine Kritiker schmähte.

US-Präsident Donald Trump
US-Präsident Donald Trump

Auf Fragen von Journalisten sagte Trump nach der Veröffentlichung am Donnerstag lächelnd, er habe einen "guten Tag". Die oppositionellen Demokraten dagegen sehen durch den Bericht "unehrliches" und "unmoralisches" Verhalten des Präsidenten bestätigt. Sie wollen ihre erst vor kurzem erlangte Mehrheit im Kongress nutzen, um die von Sonderermittler Robert Mueller behandelten Themen in der öffentlichen Debatte zu halten.

Zwei Kernaussagen dominieren den in teilweise geschwärzter Fassung vorgelegten Bericht: Für mögliche illegale Absprachen zwischen Trumps Wahlkampfteam und Russland gibt es darin keine Bestätigung - Mueller kommt aber zu dem Schluss, dass Trumps Team durchaus hoffte, von einer Einmischung Russlands zu profitieren.

Vom Vorwurf einer möglichen Justizbehinderung, etwa durch eine Entlassung Muellers, wird der Präsident ausdrücklich nicht entlastet - auch, wenn Trump versuchte, die Ergebnisse so darzustellen.

Tatsächlich ließ sich im Laufe des Donnerstag verfolgen, wie sich der Ton des Präsidenten nach und nach veränderte. Von der anfänglichen Jubelpose vor Reportern und bei Twitter - Trump hatte dort im "Game of Thrones"-Stil ein Bild mit der Triumphbotschaft "Spiel aus" ("Game over") gepostet - wandelte sich seine Haltung zunehmend in Richtung Defensive.

So twitterte Trump auf dem Weg zu seinem Osterwochenende in Florida zunächst, an seinem Wunsch, Mueller zu entlassen, sei nichts Verwerfliches gewesen: "Ich hatte das Recht, die ganze Hexenjagd zu beenden, wenn ich gewollt hätte." Nach seiner Ankunft in Florida erklärte der Präsident nur noch, die Hauptsache sei, dass die Wahl nicht beeinflusst worden sei. Später fügte er hinzu, der Bericht sei von "wütenden demokratischen Trump-Hassern" verfasst, viele Angaben in dem "verrückten Mueller-Bericht" seien "kompletter Schwachsinn" ("total bullshit"), "fabriziert und total falsch". Sie hätten nur zum Ziel, die andere Person gut aussehen zu lassen - oder ihn selbst schlecht. Trump bezeichnete die gesamte Untersuchung erneut als illegalen Schwindel, der nie hätte passieren dürfen.

Die Demokraten konzentrierten sich nach der Veröffentlichung des 448-seitigen Berichts vor allem auf die Frage, inwiefern Trump auf die Ermittlungen Einfluss genommen hat. Parteichef Tom Perez sagte, seit Beginn seiner Amtszeit betreibe der Präsident "Justizbehinderung, Einschüchterung und Machtmissbrauch".

Jerry Nadler, Vorsitzender des Justizausschusses im Repräsentantenhaus, sieht dafür in Muellers Papier ebenfalls "beunruhigende Beweise". Nun sei der Kongress aufgerufen, den Präsidenten "für seine Taten zur Verantwortung zu ziehen".

So soll Justizminister Bill Barr, der entschieden hatte, den Bericht nur mit geschwärzten Passagen zu veröffentlichen, am 2. Mai im Repräsentantenhaus Rede und Antwort stehen. Drei Wochen später wollen die Abgeordneten dann Sonderermittler Mueller selbst befragen. Forderungen aus der Parteilinken der Demokraten, ein Amtsenthebungsverfahren gegen Trump anzustoßen, fanden allerdings wenig Unterstützung.

Der Bericht zeichnet auch das Bild eines Präsidenten, der kein Problem damit hat, seine Mitarbeiter zum Lügen anzuweisen. So hatte Pressesprecherin Sarah Sanders die Entlassung von FBI-Chef James Comey damit begründet, dass "zahllose" Mitarbeiter das Vertrauen in ihn verloren hätten. Gegenüber Muellers Team gab sie zu, dass diese Aussagen jeglicher Grundlage entbehrten.

Russland reagierte auf den Bericht gelassen. Der Bericht habe keinen Beweis dafür erbracht, dass Russland sich in die US-Präsidentenwahl im Jahr 2016 eingemischt habe, erklärte das Außenministerium. Die Vorwürfe weise man deshalb zurück: "Wie jeher akzeptieren wir derartige Anschuldigungen nicht", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow.

Mueller habe keine Beweise vorlegen können. Und Treffen zwischen russischen und amerikanischen Geschäftsleuten überhaupt als Versuche der Einmischung zu erwähnen, sei schlicht "absurd". "Niemand hat hier irgendjemandem geschadet", sagte der Vertraute von Kremlchef Wladimir Putin der Agentur Tass zufolge. Es sei nun mal Teil ihrer Arbeit, solche Kontakte zu pflegen. Russland tue dies auch mit anderen Ländern in dieser Form. "Geschäftsleute arbeiten nun mal so."