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"Bitte tötet mich nicht!" - Die Befreiung der Geiseln aus den Händen der Hamas

Israelische Spezialkräfte haben im Zentrum des Gazastreifens nach Armeeangaben vier Geiseln aus der Gewalt der Hamas gerettet. Die am 7. Oktober vom Nova-Musikfestival Entführten seien am Samstag bei zwei Einsätzen im Flüchtlingsviertel Nuseirat befreit worden, teilte das Militär mit. Es handelt sich demnach um eine 25 Jahre alte Frau und drei Männer im Alter von 21, 27 und 40 Jahren. Die Palästinenser im Gazastreifen über 200 Tote.

Erleichterung nach einer dramatischen Zeit.
Erleichterung nach einer dramatischen Zeit.

Sie ist das berühmteste Gesicht des Schwarzen Schabbats: Die 26-jährige Noa Argamani. Am 7. Oktober wurde sie brutal von Terroristen der Hamas bei einem Musikfestival in Israel entführt. In einem Video, das später auftauchte, streckt sie panisch die Hände in Richtung ihres Freundes Avinatan Or und bettelt, "bitte tötet mich nicht". Doch auch er wird von bewaffneten Männern weggeführt. Jetzt ist Noa Argamani frei. In einer dramatischen Aktion sind sie und drei Männer am Samstagmorgen nach 246 Tagen von israelischen Sicherheitskräften lebend aus der Gefangenschaft der Hamas in Gaza befreit worden.

Neben der jungen Frau sind es Andrey Kozlov (27), Almog Meir Jan (21) und Shlomi Ziv (40). Argamanis Freund ist noch immer in Gefangenschaft. Alle vier Israelis waren am 7. Oktober vom Supernova-Rave entführt worden, als von der Hamas angeführte Terroristen bei einem mörderischen Amoklauf im Süden Israels 1.200 Menschen töteten und 251 Geiseln nahmen.

Am Samstag um elf Uhr hätten Mitglieder von Eliteeinheiten zur Terrorismusbekämpfung der israelischen Polizei und des Inlandsgeheimdienstes gleichzeitig zwei Gebäude in Nuseirat im zentralen Gazastreifen durchsucht, hieß es in einer Erklärung. Zur selben Zeit hätten Hunderte Soldaten der Armee (IDF) die Spezialkräfte am Boden, in der Luft und auf See unterstützt, so der Militärsprecher Daniel Hagari. Die Rettung sei "seit vielen Wochen in Vorbereitung gewesen, mit Geheimdienstinformationen und komplexer operativer Planung".

Verteidigungsminister Yoav Gallant nannte sie "eine der heldenhaftesten und außergewöhnlichsten Operationen", die er je erlebt habe. Argamani sei an einem Ort gerettet worden, während Meir Jan, Kozlov und Ziv am zweiten Ort waren. Die Geiseln seien in Gebäuden und nicht in Tunneln festgehalten worden, wie viele andere der Verschleppten.

Nach der Befreiung wurden sie per Helikopter in das Krankenhaus Sheba im Zentrum des Landes geflogen. "Es waren sehr emotionale Momente, als die vier mit ihren Angehörigen zusammentrafen", so der Leiter des medizinischen Teams für die Geiseln, Professor Itai Pessach. "Es ist klar, dass sie schwere Zeiten durchgemacht haben, aber insgesamt ist ihr Zustand stabil, sie reden und freuen sich sehr darüber, ihre Familien zu treffen." Alle würden gründlich untersucht.

Währenddessen gab ein Beamter des Al-Aqsa-Krankenhaus in Deir al Balah in Gaza gegenüber der Nachrichtenagentur AP an, dass während schwerer Kämpfe mindestens 94 Leichen eingetroffen seien.

In Israel wurden die Nachrichten der Befreiung mit ausgelassener Freude aufgenommen. Viele Menschen, die am arbeitsfreien Schabbat in Cafés und Restaurants saßen, klatschten und jubelten. Am Strand von Tel Aviv verkündeten die Bademeister durch Megaphone die Neuigkeiten, worauf die Menschen in Jubelrufe und Gesänge ausbrachen. Auch Politiker freuten sich über die gelungene Befreiungsaktion. Präsident Isaac Herzog rief Argamani an, die mit strahlendem Lächeln zuhörte, wie er sie willkommen hieß und ihr mitteilte, dass das ganze Land acht Monate lang auf sie gewartet habe. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu besuchte die vier ehemaligen Geiseln im Krankenhaus.

Das Forum für Familien von Geiseln und Vermissten veröffentlichte im Anschluss eine Erklärung: "Die heroische Operation der israelischen Streitkräfte, bei der die vier Geiseln befreit und nach Hause gebracht wurden, ist ein wunderbarer Triumph. Jetzt, angesichts der Freude, die Israel erfasst, muss sich die Regierung an ihre Verpflichtung erinnern, alle 120 Geiseln, die noch immer von der Hamas festgehalten werden, freizugeben - die Lebenden zur Rehabilitation, die Ermordeten zur Beerdigung."

Die junge Israelin Noa Argamani war auch deshalb so berühmt, weil ihre Mutter Liora unter einem Gehirntumor im Endstadium leidet. Sie hatte sich an die ganze Welt, darunter US-Präsident Joe Biden, gewandt und gebeten, ihre Tochter noch einmal sehen zu können. Dieser Wunsch wurde ihr erfüllt. Wenige Minuten nach der Landung im Krankenhaus nahm Noa ihre Mutter auf der Intensivstation fest in den Arm.