Der vergangenen Almsommer sei prinzipiell ein guter gewesen, resümiert Gottfried Rettenegger, der Geschäftsführer des Alm- und Bergbauernvereins.
Nach dem tödlichen Unfall durch Kuhangriffe in Ramsau, "beschäftigen uns allerdings Haftungsfragen." In der Steiermark diskutierte man ein generelles Verbot für Hunde auf Almen, "da zumeist Hunde bei tödlichen Ereignissen dabei waren."
Rettenegger sieht für Landwirte zunehmend Probleme durch ausstehende Zivilklagen, "selbst wenn ein Landwirt zuvor freigesprochen wurde. Für die Bauern ist die rechtliche Situation sehr unklar." Einzelne Landwirte hätten angefragt, ob man bei Weitwanderwegen, die durch Viehherden führen, Hundeverbote aussprechen kann.
"Generelles Hundeverbot unrealistisch"
"Daher können wir nicht zur Tagesordnung übergehen. Ein generelles Hundeverbot auf Almen scheint jedoch überzogen und unrealistisch. Es braucht allerdings mehr Informationen an Hundebesitzer, vielleicht auch durch den Tourismus, um auf mögliche Gefahren hinzuweisen. Für Weidetierhalter suchen wir mehr Rechtssicherheit." Rettenegger berichtet aber auch davon, dass Bauern, die selbst Hunde halten, von Problemen ihrer Weidetiere berichten würden: "Sie sagen, dass ihre Viecher auf der Alm bei Hundekontakt oft richtig durchdrehen. Wir glauben, dass eine Mitursache ein vermehrter Kontakt der Weidetiere mit Wölfen und Goldschakalen ist."
Weniger Almabtriebe aufgrund Wolfsvorkommen
Vorzeitige Almabtriebe aufgrund von Wolfsrissen habe es aber nur wenige gegeben, "wir hatten sie aber leider. Aus Sicht der Almbauern ist das verständlich, wenn man sieht, was Wolfskontakte bei den Tieren bewirken. Sie sind danach extrem verstört." Das beobachte man nicht nur bei von Wolfsrissen betroffenen Almbauern, sondern allgemein durch durchziehende Wölfe und Goldschakale. "Für Betroffene ist das dann immer eine Gratwanderung, ob sie abtreiben.
Sie sind natürlich vermehrt auf der Alm, um ihre Tiere zu schützen. Wir empfehlen generell nicht abzutreiben und Sicherungsmaßnahmen durchzuführen. Bis zu einem gewissen Grat müssen Bauern mit diesem Risiko künftig weiterleben. Die derzeit vereinfachte Entnahme von Risikowölfen ist natürlich eine enorme Verbesserung, wenn man Vergleiche zum Jahr 2019 zieht.
Entnahme von Problemwölfen hilft enorm
Damals war die Ohnmacht der Almbauern groß, als sie einfach zuschauen mussten, das war schlimm. Dazu kamen die dauernden Belehrungen von außen, dass mehr Herdenschutz nötig sei - eine weitgehend untragbare Situation für alle Betroffenen. Das ist nun besser geworden, weil in gewissen Fällen sogar eine vorbeugende Entnahme von Problemwölfen möglich ist."
Einzäunungen durch Herdenschutz würden auch Wanderwege betreffen
Angesprochen zum Herdenschutz meint er: "Wenn, dann müsste man flächendeckend Herdenschutz einführen. Das ist bei uns aufgrund der schwierigen Bodenbedingungen und des enormen Arbeitsaufwandes und den damit verbundenen Kosten auf den meisten Almen nicht möglich. Ich betone, dass Einzäunungen selbstverständlich dann auch die meisten Wander- und Radwege betreffen würde. Das wäre für unseren Tourismus gar nicht gut." Er selbst habe zwei Almsommer probiert, Schafe ausbruchssicher einzuzäunen, "das ist unrealistisch und Herdenschutzhunde sind das bei unseren Strukturen ebenso. Vorher hören die Almbauern auf", warnt er erneut: "Wir haben viele kleine Almen und unterschiedliche Eigentumsstrukturen.
"Vorher hören Bauern auf"
Einzäunen auf der Alm ist nur in Einzelfällen möglich, aber keine flächendeckend mögliche Maßnahme. Und das geht schnell, dass in betroffenen Gebieten weniger oder gar keine Almtiere mehr vorhanden sind. Die Schafhaltung ist dazu zumeist eine idealistische Leidenschaft, ein Hobby, das rasch vergrämt ist. Bauern brauchen diese meist nicht zum Überleben und hören vorher auf."
Almwirtschaft steht auch durch Klimawandel vor Herausforderungen
Prinzipiell steht die Almwirtschaft aufgrund des Klimawandels vor zahlreichen Herausforderungen. "Wir haben einen früheren Vegetationsbeginn. Heuer ist die Vegetation bereits im Juni explodiert." Es herrschen höhere Durchschnittstemperatur bei ausreichend Niederschlag und eine Steigerung des Biomassezuwachses auf Almen. Dazu kommt ein Verbuschungs- und Verwaldungsdruck: "Aufgrund des Klimawandels bräuchte es eine noch stärke Almbewirtschaftung." Eine etwas beunruhigende Situation, denn die Tendenz zeigt, dass es zwar in Salzburg eher stabil bzw. nur leicht sinkende Zahlen zur Almbewirtschaftung gibt, "aber beispielsweise in Kärnten gibt es bereits um 20 Prozent weniger Bewirtschaftung. Das wirkt sich negativ auf die Vegetation aus."
Almwirtschaft ist für den Klimawandel wichtig, da sie durch nachhaltige Beweidung die Biodiversität und Artenvielfalt von Almflächen sichert, die Vegetation kurz hält und so Erosions- und Lawinenschutz bietet.
Intakte, bewirtschaftete Almen tragen durch höhere Oberflächenreibung zur besseren Speicherung von Schnee und Wasser bei, was Extremwetterereignissen wie Schneegleiten entgegenwirkt oder die Wasserversorgung sichert. Rund 25 % der Salzburger Landesfläche sind derzeit Almgebiet und stellen einen wesentlichen Teil der landwirtschaftlich bewirtschafteten Fläche dar.
Insgesamt werden in Salzburg aktuell 1.736 Almen aktiv bewirtschaftet, 414 Almen befinden sich im Pongau. Die Almen im Bundesland Salzburg sind zu 80 % im Privateigentum und Einzelalmen. Im Pongau wurden 16.302 Rinder, davon 2125 Milchkühe, 741 Pferde, 4505 Schafe und 455 Ziegen aufgetrieben.