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Ein Kronprinz im Bettelorden

Rund 3000 Kroaten leben in der Stadt Salzburg. Der Franziskanerpater Zlatko Špehar ist ihr Seelsorger. Für Frieden und Gerechtigkeit hat er sich nach dem Balkankrieg jahrelang eingesetzt.

Prinz im Habit: Zlatko äpehar ist der amtierende Kronprinz von Kroatien und Pfarrer der kroatisch-katholischen Gemeinde in Salzburg. Die feiert heuer ihr 70-Jahre-Jubiläum.   
Prinz im Habit: Zlatko äpehar ist der amtierende Kronprinz von Kroatien und Pfarrer der kroatisch-katholischen Gemeinde in Salzburg. Die feiert heuer ihr 70-Jahre-Jubiläum.   

Die Kroaten haben Niko Kovac und Pljeskavica. Sie haben aber auch Zlatko Špehar, 65 Jahre alt, Franziskanerpater und Seelsorger der rund 15.000 Kroaten, die auf dem Gebiet der Erzdiözese Salzburg leben. 1948 wurde die kroatische Gemeinde zur Betreuung von Heimatvertriebenen nach dem Zweiten Weltkrieg gegründet. Heuer feiert sie ihr 70-Jahre-Jubiläum. Špehar betreut gemeinsam mit einem Kollegen acht "Filialen".

Die Gruppe aus der Stadt feiert ihre Messen in der Kirche St. Andrä. In den Räumen dahinter widmet man sich der Folklore. Außerdem finden sich dort jeden Samstag bis zu 100 Kinder zusammen, um freiwillig die kroatische Schule zu besuchen. Unterrichtet werden sie in den Fächern Muttersprache und Geschichte. Freitags erwartet Lernwillige eine Stunde Religionsunterricht. Drei Lehrer teilen sich den Job.



Von einem geordneten Leben plötzlich ins Nichts

In dem Haus schräg vis-à-vis der Kirche - im Erdgeschoß ist eine Apotheke angesiedelt - befinden sich der Sitz der kroatischen Gemeinde, der Pfarrhof und ein Dachverband für diverse Sport- und Kulturvereine.

Der aus Slawonien stammende Zlatko Špehar wurde von seinem Orden Anfang der 80er-Jahre nach St. Pölten bestellt, als er erst vier Jahre lang Priester war.

Ein einschneidendes Erlebnis stellten für den Kroaten zweifellos die Jahre dar, in denen er nach dem Jugoslawienkrieg beim Wiederaufbau der zerstörten Stadt Vukovar half. Sein Orden hatte ihn als Vorsteher eines Klosters per Dekret entsandt, um in der Krisenregion an Frieden und Gerechtigkeit zu bauen. Špehar sagt, er sei von einem geordneten Leben auf das Nichts gestoßen: ein zerstörtes Kloster, Minenfelder im Hof. "Fünf Jahre lang habe ich in einem Haus ohne Dach gelebt. Nach dem Krieg war Vukovar größtenteils zerstört. Als ich die Stadt 2008 verließ, hatten wir sie zu 75 Prozent wieder aufgebaut." Sein Karriereziel, an der Universität Wien Moraltheologie zu lehren, habe er dadurch abschreiben müssen.

Stattdessen übersiedelte er nach Salzburg, wo die Zahl der Kroaten durch den Krieg sprunghaft angestiegen war. Rund drei Viertel der hier Lebenden stammen aus dem selben Landesteil. Die Integration beschreibt ihr Seelsorger als funktionierend, weil die Kroaten sich seit jeher am Westen orientieren. Bleibt Špehar Zeit, spaziert er gern am Wolfgang- oder Königssee entlang. Außerdem schreibt der Mann. Neben Berichten über seine Reisen hat er Bücher über die kroatischen Missionen in anderen Erdteilen verfasst.

Und, ein Siegelring belegt es: Der Pfarrer ist außerdem amtierender Kronprinz von Kroatien. "Eine Tradition, die mit keinerlei politischen Aufgaben einhergeht", winkt Špehar schmunzelnd ab. Immerhin hat er in dieser Funktion eine Bruderschaft gegründet, die sich kroatischer Studenten aus ärmlichen Verhältnissen annimmt.

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