"Der Wolf wird bleiben, egal ob wir es wollen." So simpel brachte es Gudrun Pflüger auf den Punkt. Im Gegensatz zu vielen selbst ernannten Experten hat sie selbst direkten Kontakt zu Wölfen gehabt. Ihre Begegnung mit einem Rudel inmitten der kanadischen Wildnis ist in einer mitreißenden Universum-Dokumentation filmisch festgehalten worden. Die jungen Wölfe schnupperten neugierig an der Forscherin, die sich flach auf den Boden gelegt hatte, und liefen spielend um sie herum. Für Gudrun Pflüger war es ein Moment der totalen Glückseligkeit.
Eine mahnende Stimme ist verstummt: Nachruf auf Gudrun Pflüger
Ihr Wort wäre sehr gefragt gewesen in der laufenden Debatte um den Wolf. Aber Gudrun Pflüger konnte ihre Stimme nicht mehr erheben. Die Wildbiologin, ehemalige Spitzensportlerin, Buchautorin und Mahnerin gegen Naturzerstörung ist am Donnerstag, dem 17. August, einen Tag vor ihrem 51. Geburtstag, nach langer Krankheit in ihrer Heimat Radstadt gestorben.
"Die Einheimischen sagen: Die Wölfe zeigen sich dir nur, wenn sie die etwas mitzuteilen haben", sagte sie. Einen Monat nach der Begegnung mit den Wölfen erhielt die Biologin ihre erste Krebsdiagnose. Die Chance, einen bösartigen Gehirntumor, wie sie ihn hatte, länger als ein Jahr zu überleben, lag bei zehn Prozent. Gudrun Pflüger schaffte noch 18 Jahre, die Erinnerung an die Begegnung mit den Wölfen war dabei stets eine Kraftquelle. "Ich freue mich jeden Tag, wenn ich aufwache und noch lebe", erklärte sie einmal. Zwischenzeitlich galt sie bereits als geheilt, in dieser Zeit kehrte sie nach Österreich zurück und brachte 2009 ihren Sohn Conrad zur Welt.
Trotz ihrer Krankheit behielt Gudrun Pflüger ihren Optimismus, Mut und unbändigen Lebenswillen. Weggefährten beschreiben, dass sie ihre "geschenkten" Jahre voll ausgekostet hat und trotz fortgeschrittener Beeinträchtigung für jedes Abenteuer zu haben war.
Dass sie nach einer missglückten Operation ihre Stimme verlor, traf Gudrun Pflüger als leidenschaftliche Vortragende hart. Ebenso ihre zunehmend eingeschränkte Beweglichkeit. Als Sportlerin ist sie trotz zierlicher Statur ein Ausdauerwunder von beeindruckender Zähigkeit gewesen. Die Berglauf-Weltmeisterschaft hat sie vier Mal gewonnen, dazu die Langlauf-Langstreckenserie World Loppet. Dank des damals jungen Energydrink-Herstellers Red Bull konnte sie ihrer sportlichen Leidenschaft nachgehen. Denn statt Prämien gab es bei den Loipenmarathons nur Sachpreise - einen Messerblock vom Wasalauf hatte sie noch jahrelang in Verwendung.
Die außergewöhnliche Kondition kam Gudrun Pflüger als Biologin bei ihren stundenlangen Touren auf der Spur der Wölfe zugute. Zurück in Österreich war Husky-Dame Nahanni für viele Jahre so etwas wie ihr persönlicher Ersatzwolf. Der Traum von der Rückkehr zu den Wölfen in der kanadischen Wildnis sollte sich nicht mehr erfüllen.
Die Urne ist am Dienstag (29. August) ab 12 Uhr in der Stadtpfarrkirche Radstadt zur stillen Abschiednahme aufgebahrt. Danach findet um 14 Uhr der ökumenische Trauergottesdienst statt.