Noch bis 17. Mai liegen die Einreichunterlagen der ÖBB für die Neubaustrecke Köstendorf - Salzburg bei Behörden und online zur Einsichtnahme auf. Bis dahin können Einwendungen und Stellungnahmen zum Bau der Hochleistungsstrecke eingebracht werden, damit diese in der UVP (Umweltverträglichkeitsprüfung) Berücksichtigung finden.
Flachgautunnel: Anrainer und Initiativen sind jetzt gefordert
Um Stellungnahmen im UVP-Verfahren für den Bau des Flachgautunnels abgeben zu können, müssen sich Bürgerinitiativen neu gründen.

"Wir rufen dazu auf, neue Bürgerinitiativen zu gründen."
Bürgerinitiativen, die sich einbringen wollen, müssen allerdings bis 17. Mai neu gegründet werden, da es sich nach umfangreichen Umplanungen durch die ÖBB um ein neues Verfahren handelt. Dafür sind mindestens 200 Unterschriften nötig.
Darauf weist auch Köstendorfs Bürgermeister Wolfgang Wagner (ÖVP) hin. "Wir laden am 15. April um 19.30 Uhr im Gemeindesaal zu einer Informationsveranstaltung über den aktuellen Stand bezüglich der Hochleistungsbahn ein. Hauptgrund ist, dazu zu animieren, Bürgerinitiativen nach den jeweiligen Bedürfnissen zu gründen, damit entsprechende Stellungnahmen eingebracht werden können", so Bgm. Wagner.
21,5 Kilometer lange Neubaustrecke
Er geht davon aus, dass das Projekt der 21,5 Kilometer langen Neubaustrecke inklusive 16,2 Kilometer langem Flachgautunnel realisiert wird. "Deshalb ist es wichtig, möglichst große Verbesserungen hinsichtlich der Belastungen durch Staub, Lärm und Emissionen zu erreichen. Wir wollen uns gemeinsam mit Humanmedizinern die geltenden Grenzwerte anschauen." Die Frage sei auch, ob bei einer Bauzeit von 15 Jahren die Grenzwerte einer "gewöhnlichen" Baustelle zur Anwendung kommen oder hier nicht andere Maßstäbe herangezogen werden müssten. "Wenn man das als Gewerbebetrieb einstufen würde, würden viel niedrigere Grenzwerte gelten", so Wolfgang Wagner. Die Gemeinde werde auf jeden Fall Einwendungen im Verfahren einbringen und dabei auch auf Vorschläge aus den Dialogforen mit den ÖBB zurückgreifen. Er wünscht sich während der Bauzeit auch einen unabhängigen Ombudsmann als Ansprechpartner für die Anliegen der Anrainer.
"Wir haben Uran in Bodenproben nachgewiesen."
Für die Absicherung der Wasserversorgung verlangt er von den ÖBB vorsorgliche Maßnahmen, etwa durch eine Ringleitung. "Es darf nicht erst reagiert werden, wenn es Probleme gibt", so Wagner. Er will auch kein Tübbingwerk im Baustellenbereich akzeptieren. "Wir haben den Bahntransport für das Tunnelausbruchsmaterial durchgesetzt, dann können die Tübbinge auch per Bahn angeliefert werden."
Verhindern möchten das Tunnelprojekt der Schleedorfer Thomas Neff von der "IG Bahntunnel Flachgau betroffener Bürger" und seine Mitstreiter. "Wir wollen zwei neue Bürgerinitiativen gründen, um unsere Einwendungen im Verfahren einzubringen. Das Projekt mit zwei einspurigen Tunneln neben der Bestandsstrecke ist sinnlos. Von Wels bis Köstendorf und ab dem Tunnelausgang vor Salzburg bleibt die Strecke weiterhin zweigleisig", so Neff. So könne es auch keine Entlastung für den Nahverkehr auf der Bestandsstrecke geben.
Gegner fürchten Belastung für Anrainer
Akzeptabel wäre das Projekt nur, wenn es einen vierspurigen Ausbau bis Wels geben würde. Der einst vorgesehene vierspurige Ausbau der Westbahn von Wien nach Salzburg sei aber Geschichte. Neff: "Jetzt mitten im Ortsgebiet von Köstendorf ein Monsterbauwerk mit einer Bauzeit von 15 Jahren und 1000 bis 1500 Arbeitern durchzuziehen, ist haarsträubend." Die Belastung für die Anrainer sei inakzeptabel, es würde Tag und Nacht gearbeitet, auch die Umlandgemeinden seien durch 700 zusätzliche Lkw-Fahrten täglich massiv belastet.

Durch die Bauarbeiten gerate zudem die Trinkwasserversorgung von 40.000 Menschen in massive Gefahr. "Laut Berechnungen unseres Geometers werden die Sperrschichten der Riedelwaldquellplatte aufgerissen. Das kann man nicht abdichten, auch wenn die ÖBB etwas anderes behaupten", ist Thomas Neff überzeugt. Hinzu komme, dass der Tunnelaushub bedenkliche Stoffe wie Pyrit, Aluminium, Selen und Sulfate enthalte. "Wir befinden uns in einem Radongebiet und wir haben bei Bodenproben Uran in erheblichen Mengen gefunden. Das ist wissenschaftlich nachgewiesen. Der Staub aus dem mit giftigem und radioaktivem Uran belasteten Aushubmaterial könnte einen Umkreis von mehreren Kilometern verseuchen."
Grubenlaufkäfer verhinderte Deponie
Nach Neffs Meinung müsste den Bau schon der Naturschutz verhindern. Neue Funde des EU-weit streng geschützten Grubenlaufkäfers im Baugebiet und das Vorkommen von zehn Fledermausarten würden gegen das Bauprojekt sprechen. "Nach EU-Recht darf es diese Baustelle nicht geben", ist Neff überzeugt. Wegen des Grubenlaufkäfers wurde bekanntlich die geplante Deponie für das Tunnelaushubmaterial nahe der Baustelle verhindert. Für Thomas Neff ist ein Ausbau der Bestandsstrecke die einzig sinnvolle Lösung: "Nach unseren Recherchen wäre ein vierspuriger Ausbau der Bestandsstrecke mit Lärmschutz und kurzen Tunneln einfacher und umweltgerechter." Die von den ÖBB geplante Strecke sei mit einem Gefälle von stellenweise über zehn Promille zudem für den Güterverkehr ungeeignet.
"Wir schließen eine erhöhte radioaktive Belastung aus."
ÖBB-Sprecher Robert Mosser widerspricht: "Die Strecke entspricht den in Österreich geltenden Regelwerken für Hochleistungsstrecken. Die Steigung des Flachgautunnels wird den empfohlenen Grenzwert von acht Promille Steigung bzw. Gefälle an keiner Stelle überschreiten."
Die Vorkommen von Grubenlaufkäfern sowie die Fledermauspopulationen seien den ÖBB bekannt. "In den eingereichten Plänen wurden Maßnahmen zur Schaffung artgerechter Ersatzlebensräume berücksichtigt", so Mosser. Auch der Schutz der Trinkwasserquellen und des Wasserschongebietes der Riedelwaldquellplatte werde berücksichtigt. Durch eine Tunnelführung im nur gering wasserführenden Flysch komme es nach menschlichem Ermessen zu keinen Auswirkungen auf die Wasserversorger. Auch eine erhöhte radioaktive Belastung durch die Bauarbeiten schließen die ÖBB aus, das hätten beauftragte Geologen bestätigt. Robert Mosser: "Dies war bereits in den im Jahr 2018 eingereichten UVE-Unterlagen abgebildet und wurde in den aktuellen UVE-Unterlagen bestätigt." Die ÖBB rechnen mit der öffentlichen UVP-Verhandlung Ende des Jahres 2024, nachdem die Sachverständigen der Behörde das Umweltverträglichkeitsgutachten verfasst haben. Danach entscheidet das zuständige Klimaschutzministerium über den Bauantrag.
Info: Die Einreichunterlagen können im Internet über (www.bmk.gv.at/eisenbahn-verfahren) unter dem Menüpunkt "Köstendorf-Salzburg (neu)" eingesehen und heruntergeladen werden.





