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Hilfe gegen Einsamkeit: Wie und wo sich in Salzburg Freiwillige engagieren

In Salzburg engagieren sich zahlreiche Freiwillige bei Besuchsdiensten und Gemeinschaftsprojekten. Darin helfen sie bei Alltagsarbeiten und bekämpfen auch die Einsamkeit der Hilfesuchenden.

Pia Südkamp (links) und Helmtrud Petermann (rechts) sind seit September ein „Tandem“. Das sei ein Glücksfall gewesen, erklärt die 79-Jährige.
Pia Südkamp (links) und Helmtrud Petermann (rechts) sind seit September ein „Tandem“. Das sei ein Glücksfall gewesen, erklärt die 79-Jährige.

In der dunklen Jahreszeit halten sich viele Menschen nur noch in ihren Wohnungen auf. Gerade bei nicht mobilen Menschen führt das zu Einsamkeit.

"Einsamkeit ist die schmerzhafte Seite vom guten Alleinsein", erklärt der Salzburger Psychotherapeut Florian Friedrich. "Wir sind deswegen so einsam, weil es uns evolutionsbiologisch nicht entspricht, außerhalb von Verbänden zu leben." Dafür spricht auch der Roseto-Effekt, der nach einem Ort in Pennsylvania in den USA benannt ist. Von 1954 bis 1961 traten hier weniger Herzinfarkte oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen als in den restlichen USA auf, was Stewart Wolf auf die gelebte harmonische Gemeinschaft im Ort zurückführte. Einsamkeit kann Stress und Herz-Kreislauf-Erkrankungen auslösen. Daher appelliert Friedrich, sich Hilfe zu suchen. Das kann entweder eine Therapie sein oder sich Netzwerke zu schaffen über Vereine oder Interressengruppen.

Die Stadt Nachrichten haben sich einige Optionen angeschaut, über die ältere oder nicht mobile Menschen wieder in den Kontakt mit anderen treten können.

Die Weihnachtsfeier des Besuchsdienstes „Zeitpolster“ war gut besucht. Viele der Helfer und Helferinnen tun hier auch etwas gegen ihre eigene Einsamkeit.
Die Weihnachtsfeier des Besuchsdienstes „Zeitpolster“ war gut besucht. Viele der Helfer und Helferinnen tun hier auch etwas gegen ihre eigene Einsamkeit.

Zeitpolster: Zeit schenken und für später gutschreiben lassen

Seit vier Jahren besteht die Organisation "Zeitpolster" in Salzburg. Sie betreut vorwiegend ältere Menschen. "Die leiden enorm unter ihrer Einsamkeit", erzählt die ehemalige Altenpflegerin und Mitgründerin Christine Hofer, die für das Matching zwischen Helfenden und Betreuten zuständig ist.

Die ehrenamtlichen Stunden werden den Helfern gutgeschrieben. Wenn sie später selbst Hilfe benötigen, können sie die Gutschrift bei Zeitpolster einlösen oder bei Pflegeeinrichtungen gegenrechnen lassen. Für den Besuchsdienst werden neun Euro pro Stunde verrechnet, mit denen die Versicherungen der Helfer abgedeckt sind, der Rest wird als Rücklage angelegt.

Das Angebot wird gut angenommen. Zu den Services gehören neben der gemeinsamen Zeit Fahrdienste, Begleitung zum Arzt oder zu Behörden, administrative Hilfe und Hilfe bei der Hausarbeit. Pro Woche kommen bis zu fünf Anfragen rein. Um die 55 Helfende zählt die Organisation. "Das Gute ist, es ist für beide eine Win-win-Situation. Die einen möchten sich sozial engagieren und die anderen freuen sich, dass mal jemand vorbeikommt", so Hofer. Sie versucht, für jeden Klienten den passenden Helfer zu finden. Dabei spielen sowohl die Entfernung voneinander als auch ähnliche Interessen eine Rolle. Laut Hofer entwickeln sich dabei auch Freundschaften und die Helfenden unternehmen oft selbst etwas gegen ihre eigene Einsamkeit.

Einer der Engagierten ist der 53-jährige Informatiker Günther Weiß. "Ich versuche, in der Freizeit sinnvolle Dinge zu machen, und da gehört auch dazu, dass man anderen hilft", erzählt er. Im letzten halben Jahr kümmerte er sich um einen alten Herren, mit dem er Würfelpoker spielte, sich austauschte, ihm aber auch beim Rasieren behilflich war. "Es ist schlimm zu sehen, wie wenig von Bedeutung man im Alter ist. Als ob man Luft wäre." Dem möchte Weiß mit seinem Engagement etwas entgegensetzen.

Wer den Besuchsdienst in Anspruch nehmen oder sich engagieren möchte, kann Zeitpolster unter ☎ ☎ ☎ 0664/88 72 07 61 erreichen.

Freiwilligen-Netzwerke: Tandems, von denen beide etwas haben

Die Freiwilligen-Netzwerke im Diakoniewerk Salzburg bieten kostenfreie Besuchsdienste an. Neben dem klassischen Besuchsdienst gibt es es auch das Freiwilligenprojekt "Handy, Laptop & Co", das im Dezember den dritten Platz beim österreichischen Staatspreis erreichte. Hier können Pensionisten den Umgang mit technischen Geräten erlernen und daraus folgend über Social Media mit ihren Freunden in Kontakt bleiben. Manchmal entwickle sich dabei auch ein normaler Besuchsdienst, erzählt Gabriele Huber, Bereichsleiterin der Freiwilligenarbeit. Nach einem Erstgespräch wird der passende Helfer zugeteilt. Das erste Kennenlernen erfolgt zu dritt mit der Koordinatorin. Wenn es passt, wird der Besuchsdienst "gematcht".

Die Diakonie zählt beim klassischen Besuchsdienst 120 Tandems (Besuchsdienstpärchen). Das gemeinsame Verbringen von Zeit steht dabei im Fokus. Dazu zählen Gespräche, Spaziergänge oder auch Ausflüge. "Ein Großteil der älteren Menschen ist von Einsamkeit betroffen, was auch daran liegt, dass sie aufgrund von Mobilitätseinschränkungen nicht mit anderen in Kontakt treten können", so Huber.

Die 31-jährige Pia Südkamp bildet seit September ein Tandem mit der 79-jährigen Helmtrud Petermann. Südkamp wollte sich neben ihrer Arbeit sozial engagieren und etwas mit Mehrwert machen. "Für mich ist die Zeit mit Frau Petermann sehr wertvoll. Ich kann von ihr lernen und es ist schön, sich gegenseitig auszutauschen." Neben Einkäufen und Apothekengängen gehen sie Kaffee trinken oder demnächst zum Shoppen ins Outlet-Center.

Einsam habe sie sich zwar nie gefühlt, aber Pia sei trotzdem ein Glücksfall, erzählt Petermann über ihre Tandempartnerin. Sie hat lieber junge Menschen um sich, da sie mit Krankheitsgeschichten nicht viel anfangen kann. Petermann kam auf den Besuchsdienst, nachdem sie Probleme mit der Wirbelsäule hatte und Hilfe beim Einkaufen brauchte. Seitdem ist Südkamp ein schöner Gewinn in Petermanns Woche.

Interessenten am Besuchsdienst können sich bei ☎ ☎ ☎ 0664/ 827 33 81 melden.

Umsorgende Gemeinschaft: Aktiv in die Stadtteile einbringen

Einen anderen Zugang hat das Projekt "Umsorgende Gemeinschaft", das bis November 2024 von conSalis in Kooperation mit dem Bewohnerservice Süd und Bewohnerservice Gnigl und Schallmoos umgesetzt wird. Danach soll das Projekt von der Stadt weitergeführt werden. Hier eruieren Freiwillige bei Erstgesprächen, was sich ältere Menschen für sich und ihren Stadtteil wünschen. Auf der Basis werde versucht, Änderungen herbeizuführen, erzählt Projektkoordinator Thomas Diller. Dabei würden auch oft Einsamkeit und eingeschränkte Mobilität angesprochen. "Wir versuchen, gemeinsam mit der Taxiinnung Lösungen für leistbare Taxidienste zu entwickeln." Das Projekt soll Menschen die Möglichkeit geben, sich wieder aktiv an der Gesellschaft zu beteiligen. Dazu gehören auch Kurse wie Sesselgymnastik, Spielenachmittage oder gemeinsames Kochen, die in den Bewohnerservicestellen durchgeführt werden. Wer selbst Ideen hat, kann diese einbringen und mit einem Budget realisieren. Laut Diller ist es wichtig, dass man sich frühzeitig in die Gemeinschaft einbringt und erlebt, wie es ist zu helfen, dann habe man auch später keine Hemmungen, Hilfe anzunehmen.

Interessenten können sich bei den Bewohnerservicestellen Gnigl und Schallmoos ( ☎ ☎ ☎ 0662/ 64 32 52) und Salzburg Süd ( ☎ ☎ ☎ 0662/63 29 19) melden.


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