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Kika-Areal Saalfelden: Intensive Debatte vor dem Tag der Entscheidung

Miteigentümer Patrick Müller erklärt die Pläne für das leer stehende Gebäude. Es gehe um eine "irrsinnige Bereicherung" für den Handelsstandort Saalfelden. Die Stadtpolitik ist gespalten - bei der GV-Abstimmung am 16. September wird eine "enge Kiste" erwartet. Innerhalb der Werbegemeinschaft kochen unterdessen die Emotionen hoch.

Das seit über einem Jahr leer stehende Kika-Gebäude in Saalfelden.
Das seit über einem Jahr leer stehende Kika-Gebäude in Saalfelden.

Die Verwertung des Kika-Areals entwickelte sich zum heißesten Sommerthema in Saalfelden. Viele Fakten liegen auf dem Tisch, die Definition der Widmungskategorien hängt aber in der Luft und es gibt Widerstand von Teilen der Saalfeldener Werbegemeinschaft.

Die PN beleuchten die Angelegenheit aus allen Richtungen - und landen zuerst im seit über einem Jahr leer stehenden ehemaligen Möbelhaus. Patrick Müller, der mit seinem Geschäftspartner Klaus Wallner das Gebäude verwerten will, führt durch die Stockwerke. "Ein Müller hat Zugkraft, da kommen die Leute im Pinzgau von weit her", sagt der gleichnamige Miteigentümer des Kika-Gebäudes über den geplanten Einzug der Drogeriemarktkette. Auch der im Erdgeschoß geplante Lebensmitteldiskonter Lidl sei ein Anziehungspunkt. Die Stores von Action sowie Kare würden das Angebot in Saalfelden gut ergänzen. Und ein Indoor-Funpark erst recht. "Es geht darum, eine Nachnutzung zu finden, die auch eine Stabilität in der Mieterstruktur gewährleistet. Wir glauben bei dem Projekt an eine irrsinnige Bereicherung für den gesamten Handelsstandort. Saalfelden wird dadurch an Reputation gewinnen", ist Müller überzeugt.

Viel an Kaufkraft sei nach Schüttdorf verlorengegangen, wo sich ein Handelskonglomerat gebildet habe. Für den Unternehmer steht außer Frage: "Die Probleme im Stadtzentrum wird man nicht lösen, indem man unser Projekt verhindert. Vielmehr wird Saalfelden im Gesamten attraktiver, als dass man die Innenstadt gefährdet. Diese kann nicht immer als heilige Kuh herhalten müssen, wenn da jahrelang schon nicht viel passiert."

ÖVP wägt noch Pro und Kontra ab

Vizebürgermeister Thomas Haslinger (ÖVP) berief als Vorsitzender des Bau- und Raumordnungsausschusses für 31. Juli eine Sondersitzung ein, bei der Patrick Müller die Pläne präsentierte. "Es hat so viele Gerüchte gegeben. Ich wollte, dass alle endlich den gleichen Wissensstand haben", sagt Haslinger. Aber nun die möglichen Auswirkungen abzuwägen, sei eine schwierige Geschichte, erläuterte er vorige Woche gegenüber den Pinzgauer Nachrichten. ÖVP-intern soll bis zur Bauausschusssitzung am 11. September, wo es um die Empfehlung bzgl. Kika-Nachnutzung gehe, eine Linie festgelegt werden. Derzeit sei er jedenfalls "eher positiv" gestimmt, was das Projekt betreffe. "Wir wollen auf keinen Fall die Innenstadt schwächen, müssen aber das große Ganze sehen. Und da stellt sich die Frage: Was wäre die Alternative für das Kika-Gebäude?"

Ein Beschluss bezüglich Umwidmung müsse dann bei der Gemeindevertretungssitzung am 16. September fallen. Bis dahin soll endgültig feststehen, welche Widmung möglich ist. Mit der aktuellen Ausweisung wäre im gesamten Gebäude nur der Verkauf von Produkten der Bau-, Möbel- und Gartenmärkte zulässig.

Derzeitiger Widmungsvorschlag wird geprüft

"Wir wollen aber keine Widmung als Einkaufszentrum, mit der die Eigentümer tun und lassen können, was sie wollen", sagt Haslinger. Über das Bauamt wurde ein neuer Vorschlag ausgearbeitet, der von der Aufsichtsbehörde der Landesregierung derzeit geprüft wird. Es sei eine im Bundesland Salzburg bisher einzigartige Form einer Schichtenwidmung angedacht, so der ÖVP-Vizebürgermeister. Unterschiedliche Kategorien sollen für die jeweiligen Flächen definiert werden - und zwar "Handelsgroßbetrieb" in den Unterkategorien Verbrauchermärkte, Fachmärkte und Bau-, Möbel- oder Gartenmärkte. Das zweite Obergeschoß mit Indoorpark und Restaurant wäre "Betriebsgebiet".

SPÖ sieht Widerspruch zum Masterplan

Bürgermeister Erich Rohrmoser (SPÖ) ist skeptisch. Er sieht zwar auch viele positive Aspekte, wie zum Beispiel den Indoorpark, den Pop-up-Store und mit Abstrichen den Diskonter Lidl, ein Dorn im Auge ist ihm aber insbesondere die Müller-Filiale: "Für mich und die SPÖ Saalfelden ist klar: Wir möchten, dass der Konsum in den Bereichen Drogerie, Buchhandlung und Spielwaren weiterhin in den bestehenden Geschäften in unserer Innenstadt stattfindet. Mit dem Masterplan Saalfelden hat sich die Gemeindevertretung bereits 2016 dazu entschlossen, bei der Ausweisung neuer Handelsflächen an den Grundsatz einer branchenbezogenen Funktionsteilung zwischen Innenstadt und Peripherie zu halten."

Die SPÖ sehe stattdessen eine große Chance darin, "das bestehende Gebäude für einen Baumarkt, Gartenmarkt oder Elektromarkt zu nutzen. Diese neuen Handelsbetriebe könnten eine Marktlücke in Saalfelden schließen und wären somit eine wertvolle Bereicherung für unsere Stadt. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, dass wir zusätzliches Angebot für Saalfelden schaffen, ohne die Innenstadt und ihre Wirtschaftsbetriebe zu gefährden."

Bürgerforum und FPÖ für die aktuellen Pläne, Grüne dagegen

Soziologin und Statistikerin Monika Innerhofer (Bürgerforum) führte im Juli eine Umfrage durch, bei der explizit auch das Thema "Nachnutzung Kika" angesprochen wurde und rund 300 Antworten zusammenkamen. Bei der Frage, was ebendort entstehen soll, fanden Indoor-Freizeitmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche am meisten Zustimmung, gefolgt von "Gastronomie mit Essen", einem Baumarkt und einer Bar/Disco.

Aber es sei eben nicht alles ein Wunschkonzert und man müsse Eigentümern auch gewisse Freiheiten einräumen, betont Stadtrat Anton Göllner - und steht mit dem Bürgerforum voll und ganz hinter dem Projekt. "Wir müssen weg von diesem Kirchturmdenken. Eine Einkaufsstadt sind wir schon lange nicht mehr und neue Geschäfte können nur beleben. Die Bedenken von Teilen der Werbegemeinschaft kann ich nicht teilen. Es ist wichtig, dass wir Frequenz nach Saalfelden bringen", sagt Göllner.

Ins selbe Horn stößt Stadtrat Thomas Schweighart seitens der FPÖ: "Unsere Fraktion steht dem Vorhaben positiv gegenüber, wir werden noch versuchen, Überzeugungsarbeit zu leisten. Im Kernbereich gibt es einen ganz anderen Mix. Und wenn es generell wieder viel mehr Leute nach Saalfelden zieht, kann das Zentrum meiner Meinung nach sogar eher davon profitieren."

Stadtrat Ferdinand Salzmann (Grüne) wiederum sprach gegenüber den SN kürzlich von einem "Wahnsinn für die Entwicklung im Stadtzentrum". Es gelte aus den Kardinalfehlern der Vergangenheit zu lernen "und nicht wieder einen Handel am Stadtrand anzusiedeln".

"Es geht nur mit einer Kompromissbereitschaft", sagt Miteigentümer Patrick Müller. Bei der Drogeriemarktkette Müller seien im Konzept beispielsweise bereits Einschränkungen der Gesamtfläche und des Sortiments vorgenommen worden. "Ein Teil der Spielzeugabteilung und der gesamte Bücherbereich wurden gestrichen."

"Verkauf bei negativem Ergebnis"

Die Uhr tickt jedenfalls, denn Patrick Müller schickte bereits am 5. August eine E-Mail an die Spitzen der Gemeinde, nachzulesen im Protokoll der GV-Sitzung vom selben Tag. Darin heißt es unter anderem: "Da wir bereits über ein Jahr ohne Verwertung sowie Einnahmen des Objekts stehen und wir jedoch dachten, dass das Konzept vom Mai 2024 samt Vorhaben eine Zustimmung hat - so wurde es uns zumindest mehrmals vermittelt -, ist es für uns unabdingbar, am 16. Sept. zu einem Beschluss zu kommen. Eine weitere Verzögerung können wir uns nicht leisten, sodass wir uns bei einem negativen Ergebnis für einen Verkauf der Liegenschaft/Objekt entschieden haben."

Werbegemeinschaft nicht einer Meinung

In der Vorwoche wurde ein anderes öffentliches Schreiben mit einem Appell an die Gemeindevertretung verbreitet - mit "ernsthaften Bedenken hinsichtlich der geplanten Umwidmung" beim Kika-Areal. Es würde ein "massiver Kaufkraftabfluss aus der gewachsenen Handelsstruktur im Stadtzentrum" befürchtet - und dass "ein weiteres Einkaufszentrum an der B311 das ohnehin schon fragile Gleichgewicht in unserer Stadt endgültig kippen" könnte.

Das Dokument wurde von 70 Unternehmer/-innen unterzeichnet und mit der Formulierung "im Namen der Mitglieder der Werbegemeinschaft" versehen. Das ließ wiederum bei anderen die Wogen hochgehen und es erging eine Aufforderung an das Stadtmarketing, das richtigzustellen. Denn es seien längst nicht alle dagegen, auch nicht alle gefragt worden und einige der Unterzeichnenden seien nicht einmal Mitglied der Werbegemeinschaft, erfahren die Pinzgauer Nachrichten von einem Mitgliedsbetrieb, der den Kika-Plänen positiv gegenübersteht. In den Medien wolle man den Disput aber nicht austragen.

"Es ist bei manchen eher die Angst vor etwas Neuem"

Zu ihrer klaren Meinung steht Innenstadthändlerin Elisabeth Strickner (Kidzz - 2nd Hand Kinderstore), die sich "wahrscheinlich in ein Wespennest" setzte, als sie ein Posting von Patrick Müller auf Facebook kommentierte. Unter anderem mit den Worten, dass es "eher die Angst (bei manchen) vor etwas Neuem ist und ein ,Nein' leichter ist als eine Chance zu sehen. Die Chance, durch ein tolles Mischangebot viele Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen nach Saalfelden zu bringen."

Christoph Voithofer-Galgoczy, Leiter des Stadtmarketings, sagt, dass "im Namen der Werbegemeinschaft" noch eine "öffentliche Richtigstellung" geplant sei, die Formulierung hätte besser "nur die unterschreibenden Personen" ausdrücken sollen. Dem schließt sich Thomas Schild als Obmann der Werbegemeinschaft an: "Dass das nicht so rüberkam, ist sicher ein Fehler gewesen."

Entwicklung bestehender Innenstadt-Projekte würde "erheblich gebremst"

Mit dem öffentlichen Appell habe man ein Statement setzen wollen, sagt Schild - "es trifft manche Betriebe mehr, andere weniger. Aber wir müssen zusammenhalten. Wir reden in Saalfelden schon ewig von Innenstadtstärkung, politisch gibt es dazu einen einstimmigen Beschluss. Und jetzt wird über dieses Großprojekt am Stadtrand diskutiert." Damit würde auch die Entwicklung der Innenstadtprojekte "Base Camp" (Hut Herzog bis Raika), Florianiplatz und altes Bauhofgelände "erheblich gebremst". Voithofer-Galgoczy spricht insgesamt von einem "sehr heiklen Thema. Ich möchte nicht in der Haut der Politiker stecken, das zu entscheiden. Aber wie immer es ausgeht: Wir werden das akzeptieren und bestmöglich damit umgehen."

Daten & Fakten: Was die Eigentümer im Gebäude planen

Im Erdgeschoß sollen der Lebensmitteldiskonter Lidl sowie eine Filiale der großen Drogeriemarktkette Müller (auch im Untergeschoß) Einzug finden.

Im 1. OG sind Geschäftsflächen für Kare (Möbel und Dekoration) und Action (Gemischtwaren-Diskonter) geplant, ebenso ein Pop-up-Store mit fertigem Ladenbau, wo Unternehmer mit einem Geschäft starten können.

Im 2. OG soll sich ein Gastronomiebetrieb samt Terrasse und Erlebnisbäckerei ansiedeln, der Großteil der Fläche entfällt aber auf einen Indoor-Funpark, wo der Spaß an erster Stelle steht. Miteigentümer Patrick Müller spricht bei den Highlights unter anderem von einem Areal zum Spielen und Klettern, von einem Trampolinbereich, von einer "Gaming World", von Escape Rooms für Kinder, von einem Laserpark mit VR-Brillen, von "Battle Areas" und einem 5-D-Kino mit Kurzfilmen. Das sei alles zusammen etwas Einzigartiges für den gesamten Pinzgau und auch touristisch von Interesse.

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