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Mentale Gesundheit in der Landwirtschaft: "Sensibilisierung dafür muss es schon in der Ausbildung geben"

Mentale Gesundheit in der Landwirtschaft ist immer noch ein Tabuthema. Noah Fischer will gemeinsam mit der Landjugend Salzburg darauf aufmerksam machen - und Lösungen für die Zukunft erarbeiten.

Landjugend-Bezirksleiter Noah Fischer: „Die Sensibilisierung muss schon bei der Ausbildung an den Fachschulen beginnen.
Landjugend-Bezirksleiter Noah Fischer: „Die Sensibilisierung muss schon bei der Ausbildung an den Fachschulen beginnen.

"Man lernt, darauf zu achten, dass es den Tieren im Stall gut geht, dass es dem Boden gut geht, dass es den Maschinen gut geht. Die treibende Kraft hinter all dem, Herz, Hirn und Hand des landwirtschaftlichen Betriebes, wird allerdings vergessen. Wir lernen nicht, was zu tun ist, damit es dem Bauern und der Bäuerin psychisch gut geht."

Das gab Noah Fischer Anfang April in einer Rede im Salzburger Landtag den Abgeordneten zum Nachdenken mit. Auf Einladung von Landtagspräsidentin Brigitta Pallauf sprach er als Vertreter der Landjugend Salzburg über das Thema "Mentale Gesundheit in der Landwirtschaft". Warum?

"Es betrifft nicht nur die Person selbst, sondern die Familie"

Als Schulsprecher der HBLA Ursprung, die er im Abschlussjahrgang besucht, weiß Fischer, was in einer landwirtschaftlichen Schule gelehrt wird. Und er weiß auch, dass neben all dem Fachwissen in Theorie und Praxis bis jetzt noch nicht wirklich vermittelt wurde, was zum täglichen Handwerkszeug für jeden Landwirt und jede Landwirtin gehören sollte: "Wie gehe ich mit psychischen Belastungen um?"

Dass es diese gerade im bäuerlichen Beruf in weit höherem Ausmaß als in anderen gibt, weiß Fischer. Da sind die wirtschaftlichen Unsicherheiten in einem selbstständigen Betrieb, hohe Arbeitslast, Verantwortung und ständige Verfügbarkeit, mitunter soziale Isolation, familiäre Konflikte und auch der einfachere Zugang zu potenziell gefährlichen Schusswaffen. Mit daraus resultierenden psychischen Problemen würden viele kämpfen, aber "es wird einfach nicht darüber geredet", sagt Fischer. "Das ist nach wie vor ein Tabuthema."

Erschüttert hat ihn der Suizid eines Landwirts, dessen Tochter er aus der Landjugend kennt. Denn die seelische Not hört nicht beim Verstorbenen auf, sondern betrifft die ganze Familie - oft ein Leben lang: "Du siegst des Büdl jedes Mal, immer und immer wieder, wenn du do einigehst", habe die Tochter gesagt. "Des wünsch i koan."

"Eine gebrochene Seele ist eine ebenso schwere Verletzung wie ein gebrochener Fuß"

Fazit: "Psychische Probleme sind real. Sie sind belastend. Sie sind lebensgefährlich. Wir versichern unseren Hof und machen eine Betriebszweigabrechnung, aber wir rechnen nicht mit uns selber ab - mit unseren Ängsten, Belastungen und Sorgen."

Während in der Gesellschaft über mentale Gesundheit längst gesprochen wird, sei das in der Landwirtschaft einfach tabu: "Der Weg zum Arzt ist für die meisten Landwirte schon bei körperlichen Verletzungen eher die letzte Option - geschweige denn bei psychischen Problemen."

Vorträge sollen mentale Gesundheit thematisieren

Für den jungen Piesendorfer ist es "essenziell zu vermitteln, dass psychische Gesundheit genauso wichtig ist wie körperliche". Deshalb plädiert er für gezielte Vorträge im Lauf der landwirtschaftlichen Ausbildung: "Keine prophylaktische Therapie - aber wenn man im Laufe des Lebens ein oder zwei Mal sensibilisiert worden ist, kann es nicht schaden." Das Wissen darüber, wie man mit psychischen Problemen umgehen kann, beinhalte auch, Hilfe anzunehmen, wenn es nötig ist. Es brauche "inspirierende, motivierende und gerne wachrüttelnde Vorträge", die "Bewusstsein schaffen".

In seiner Schule in Ursprung wurde Fischer schon aktiv: Dort wird in diesem Jahr noch ein Vortrag zum Thema stattfinden. "Und für die kommenden Jahre habe ich schon darauf hingewiesen, dieses Format fortzuführen."

Mit der Psychologin Sonja Ottenbacher hat Fischer einen Impulsvortrag mit der Landjugend geplant und auch die LFS Bruck rückt die Thematik in den Fokus: Ab heuer gibt es für die Mädchen der 1. Klassen ein Kurz-Seminar dazu, berichtet Ottenbacher, die die LFS dazu eingeladen hat. "Die Mädchen sind, wahrscheinlich auch durch Social Media, offener und mutiger als früher, aber auch unsicherer. Und sie sind sehr interessiert." Dass über psychische Gesundheit kaum gesprochen wird, gerade im ländlichen Bereich, liegt laut Ottenbacher daran, dass man "Angst hat, als Schwächling hingestellt zu werden. So plagt sich halt jeder allein herum." Die Stuhlfeldenerin begrüßt Noah Fischers Engagement in diesem Bereich sehr: "Hut ab, dass er das aufgreift."

Appell an Landwirtschaftliche Fachschulen

Die Landjugend hofft, dass die landwirtschaftlichen Fachschulen sich zu diesem Thema etwas einfallen lassen und initiativ werden - zum Segen der kommenden Generation der Bauernschaft.

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