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Radwege in Salzburg: Forscher will 1000 Kilometer mehr

Wie würde ein Radwegenetz aussehen, wenn dieses nach den gleichen Maßstäben wie für den Autoverkehr geplant würde? Martin Loidl errechnete ein Radzielnetz für Salzburg.

Forscher Martin Loidl errechnete ein ideales Radwegnetz.
Forscher Martin Loidl errechnete ein ideales Radwegnetz.

Wie würde Salzburgs Radwegenetz aussehen, wenn man die Radinfrastruktur als genauso zentral ansehen würde wie jene für das Auto? Mit dieser Frage beschäftigte sich der Salzburger Forscher Martin Loidl von der Paris-Lodron-Universität. Gemeinsam mit dem Verkehrsplanungsbüro con.sens errechnete er ein Radverkehrsnetz für ganz Österreich. Das Prinzip dahinter: "Wenn wir mit dem Auto in den Europark fahren wollen, sind wir es gewohnt, aus der privaten Tiefgarage zu fahren und dann dort in der Garage anzukommen. Wenn wir mit dem Rad fahren, ist das ein Fleckerlteppich. Was wir brauchen, sind durchgehende Trassen. Deshalb hebt der Radverkehr nicht ab."

Wie schaut die bestehende Radinfrastruktur aus?

Mit Datenbanken und automatisierter Unterstützung entwickelten sie einen Plan für das optimale Radwegenetz. Laut den Berechnungen bräuchte man in Österreich insgesamt 25.000 Kilometer Radinfrastruktur und zusätzlich 400 Kilometer Shuttleverkehr, um entlegene Gebiete zu erschließen. Für Salzburg errechneten die Forscher ein ideales Netz von 1330 Kilometern, dazu 80 Kilometer mit Shuttle.

Die Topografie der Region war für die Berechnung entscheidend. Die gebirgige Lage kam Salzburg dabei zugute: Durch die linearen Talstrukturen braucht man erheblich weniger Kilometer als in flacheren Bundesländern. Für Niederösterreich errechneten sie 7290 Kilometer.

Wie schaut die tatsächlich bestehende Radinfrastruktur aus? Diese Frage sei nicht einfach zu beantworten, sagt Martin Loidl. "Es gibt österreichweit keine Aussage über die bestehende Radinfrastruktur. Das ist eigentlich skandalös." Die Bundesländer weisen teils hohe Werte als Radwegenetz aus. Viele seien anhand der Berechnung der Meinung, dass man mit dem bestehenden Radwegenetz bereits das Ziel erfüllt habe. Diese Auswertungen würden aber die Ziele der Forscher nicht erfüllen. "Wir können zeigen, dass es an der Konnektivität fehlt. Die vielen Unterbrechungen sind es, die dazu führen, dass die Menschen nicht bereit sind, auf das Rad umzusteigen." Dazu kommt, dass die Forscher großteils von baulich getrennten Radwegen ausgehen. "Bei unserer Berechnung geht es um die Verbindungen zwischen den Siedlungskernen. Auf Überlandstraßen will ich nicht neben dem motorisierten Verkehr mit hohen Geschwindigkeiten unterwegs sein."

"960 Kilometer müssten wir in Salzburg demnach noch bauen"

Auch das Radwegenetz der Stadt Salzburg weist viele Kilometer auf, wo Radwege aus aufgemalten Mehrzweckstreifen auf stark befahrenen Straßen oder auf Busspuren bestehen: Das entspricht nicht den Kriterien des Radwegenetzes der Forscher.

Der Bund habe einmal ein sicheres Radwegenetz ausgewiesen. Davon gibt es nach dieser Berechnung in Salzburg 280 Kilometer. "960 Kilometer müssten wir in Salzburg demnach noch bauen." Das ist natürlich nicht ganz billig. Auch weil man neben den Investitionen für baulich getrennte Radwege zusätzliche Bauten wie Brücken oder Tunnel rechnen muss. "Wir gehen von 1100 Euro pro Laufmeter aus." Wenn man das vorhandene Netz abzieht, wären das für Salzburg 150 bis 200 Millionen Euro. In Zeiten von Sparprogrammen und knappen Budgets nicht einfach umzusetzen.

"Man darf das nicht als Kosten sehen, sondern als Investition"

Diese Frage hätten die Forscher bereits mit Vertretern aller Parlamentsparteien besprochen, sagt Martin Loidl. "Man darf das nicht als Kosten sehen, sondern als Investition. Österreich wird, wie es aussieht, im Jahr 2030 neun Milliarden Euro Strafe zahlen müssen, weil wir unsere CO₂-Ziele nicht erreichen werden. Und jede Person, die vom Auto auf das Fahrrad umsteigt, spart CO₂. Solche Maßnahmen rechnen sich auf Dauer."

Die Forscher gehen ohnehin nicht davon aus, dass alle 1330 Kilometer umgesetzt werden. Deshalb wurden Ausbaustufen erstellt: Denn in Ballungsräumen lassen sich mit weniger Kilometern mehr Menschen ans Netz anschließen.

In der Ausbaustufe 1 könne man in Salzburg mit 400 Radwegekilometern 69 Prozent der Bevölkerung an ein zusammenhängendes Radwegenetz anschließen. Das wäre eine Investition von 60 Millionen Euro. "Das sind die tief hängenden Früchte, die man leicht erreichen kann."

Radgipfel in Saalfelden:

Martin Loidl und seine Kollegen von con.sens werden ihr Radzielnetz beim 16. österreichischen Radgipfel vorstellen. Dieser findet am 3. und 4. Juni in Saalfelden statt. Ziel des Gipfels ist es, Expertinnen und Experten sowie Entscheidungsträger zusammenzubringen, um Lösungen für den Alltagsradverkehr zu diskutieren. 300 Teilnehmer aus Österreich und den Nachbarländern werden erwartet.

Workshops und Diskussionen finden im Kongresszentrum statt. Es wird aber auch die örtliche Radinfrastruktur in Exkursionen untersucht. Am 3. Juni wird es um 18 Uhr eine Radparade durch Saalfelden geben. Danach werden um 21 Uhr die Kongressteilnehmer und die Bevölkerung zu einem kostenlosen Jazzkonzert ins Kunsthaus Nexus geladen.