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Renaturierungsgesetz liefert auch im Pinzgau viel Diskussionsstoff

Am 17. Juni stimmt der EU-Umweltrat über den umstrittenen Plan ab. BBK-Obmann Klaus Vitzthum hat große Bedenken und ist vehement dagegen, Renate Holzer (Grüne) spricht von "Panikmache".

Klaus Vitzthum steht inmitten der blumenreichen Unkenberger Mähder und schildert mit besorgter Miene, was das EU-Renaturierungsgesetz für das Natura-2000-Gebiet seiner Auffassung nach bedeuten könnte. "Hier ist die Bewirtschaftung ohnehin Liebhaberei, denn der Heuertrag steht in keinem Verhältnis zum Aufwand. Wenn man auf 20 bis 30 Prozent der trockenen Wiesen Drainagen entfernt, alles, was kultiviert worden ist, rückgängig macht und man die Natur wieder in den Stand der 1950er/60er-Jahre versetzt, wird das keiner mehr machen. Das hat auf einer vernässten Hügellandschaft keinen Sinn. Und dann kommt der Wald."

Vitzthum denkt auch an die Talböden im Oberpinzgau, wo die Landwirte rein wirtschaftlich gesehen noch viel stärker von ihren Flächen abhängig seien als beispielsweise er auf seiner Alm. "Wenn dir durch die Vernässung ein guter Teil der Produktionsfläche wegfallen würde, wäre das ein massiver Einschnitt. Das Moosheu ist nicht zu verwenden."

Was die Landwirte in dem politischen Hickhack rund um das Renaturierungsgesetz am meisten ärgere, sei die Bevormundung. "Da ist zum Verzagen, das tut uns weh. Im Entwicklungsprozess dieses Gesetzes sind die Bauern nicht einbezogen worden. Ich erwarte mir von der Politik, dass nicht über uns drübergefahren wird. Leider wird die Landwirtschaft oft als Schuldiger für die Klimaveränderung hergenommen", schildert der Obmann der Bezirksbauernkammer.

"Es werden bessere Grundlagen für die Landwirtschaft geschaffen"

Renate Holzer, Pinzgauer Bezirkssprecherin der Grünen, spricht von "Panikmache" und findet es "wahnsinnig, wie die ÖVP die Leute aufhetzt. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler nannte die Blockadehaltung schon zukunftsvergessen und der Meinung bin ich auch. Die Landwirtschaft wird nicht unter dem Renaturierungsgesetz leiden, vielmehr sollen bessere Grundlagen geschaffen werden. Worunter die Landwirtschaft leidet sind der Klimawandel, die Extremwetter, der Verlust an Biodiversität, die Trockenheit - das Renaturierungsgesetz soll alldem entgegenwirken. Wir leben im sechsten großen Massenaussterben und keiner merkt's. Ohne Insekten wird es keine Landwirtschaft geben. Es geht um Ernährungssicherheit und die werden wir ohne intakte Böden nicht wahren können."

Das Zwischenziel bis 2030 lautet, dass für 20 Prozent aller Meeres- und Landflächen in der EU Wiederherstellungsmaßnahmen angelaufen sind. Aber jedes EU-Land soll erst einmal zwei Jahre Zeit haben, um einen eigenen Plan zu entwickeln, betont Holzer. "Es geht es nicht um Verpflichtungen, sondern um total flexible Systeme, die auf Freiwilligkeit beruhen und zusammen mit der Landwirtschaft ausgearbeitet werden sollen. Die Flächen, die renaturiert werden, sind sehr ausgewählt zu bestimmen."

Was das Stichwort Freiwilligkeit betrifft, hat Vitzthum seine Bedenken. "Das heißt es erst oft. Dann kommt irgendwann eine Evaluierung, man stellt Defizite fest, was die Umsetzung des Gesetzes betrifft und die Politik handelt. Wiederherstellung der Natur - das klingt ja schön. Aber so wie das Gesetz auf dem Tisch liegt, kann man nicht zustimmen."

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Klaus Vitzthum in seinem Almgebiet der Unkenberger Mähder, die er als „plakatives Beispiel“ in der Renaturierungsdiskussion hernimmt. Im Video erklärt er seine Befürchtungen.
Klaus Vitzthum in seinem Almgebiet der Unkenberger Mähder, die er als „plakatives Beispiel“ in der Renaturierungsdiskussion hernimmt. Im Video erklärt er seine Befürchtungen.