Eigentlich waren wenige Minuten für das Vorhaben eingeplant. Schlussendlich zog sich der Prozess über mehrere Tage. Andreas R. hatte sich vorgenommen, aus der Kirche auszutreten: "Ich bin davon ausgegangen, dass ein Telefonat oder ein E-Mail reicht", erklärt der Student gegenüber den SN. Das Problem des jungen Salzburgers: Er konnte seinen Taufschein nicht mehr finden. Dieser wurde zu seiner Überraschung aber gemeinsam mit einem formlosen Schreiben alternativlos verlangt. "Mir wurde gleich zu Beginn des Telefonats (mit der zuständigen Magistratsstelle der Stadt Salzburg, Anm.) gesagt, dass ein Austritt nur mit Taufschein möglich ist. Sollte ich meinen nicht mehr finden können, müsste ich bei meiner Pfarre eine Kopie beantragen." Ein Schritt, der Andreas R. Zeit, Geld, aber auch Überwindung abverlangte: "Es ist schon unangenehm, seinem Familien-Pfarrer sagen zu müssen, dass man den Taufschein braucht, weil man aus der Kirche austreten will."Irritierendes Urteil des VerwaltungsgerichtsDas Procedere könnte laut Andreas R. auch rechtlich nicht haltbar sein: "Wenn man sich über das Thema online informiert, stolpert man in verschiedenen Foren schnell über ein entsprechendes Urteil des Verwaltungsgerichts", ergänzt der 25-Jährige. Und in der Tat, ein solches Urteil gibt es. Der Richterspruch aus dem Jahr 1988 im Wortlaut: "Eine Formvorschrift, wonach der Austrittserklärung aus einer Religionsgesellschaft der Taufschein oder der polizeiliche Meldezettel anzuschließen wäre, besteht nicht." Die Passage sagt aber nicht das aus, was man auf den ersten Blick meinen könnte, erklärt Heinz Kail, Pressesprecher des Verwaltungsgerichtshof: "In dem Urteil wurde ein Einzelfall behandelt. Es steht kein Wort darüber, ob grundsätzlich Bestätigungen der Religionszugehörigkeit verlangt werden dürfen." Kail ergänzt jedoch: "Das Ganze müsste auf Basis der aktuellen Rechtslage ausjudiziert werden." Die Chance, dass man erwirken könnte, auch ohne Taufschein austreten zu können, sei dabei "wohl nicht schlecht".Salzburg: Austritt nur mit TaufscheinWieso bei einem Kirchenaustritt in der Stadt Salzburg explizit der Taufschein verlangt wird, ist eine Frage für sich. Andreas R.: "Wenn schon eine Bestätigung der Religionszugehörigkeit verlangt wird, dann müsste doch eigentlich irgendein Schreiben reichen, etwa die Kirchenbeitragsvorschreibung." Dies sei laut zuständiger Magistratsabteilung nicht der Fall: "Es gibt eine Weisung des Bildungsministeriums. In dieser wird erklärt, dass der Taufschein als primärer Religionsnachweis zu verlangen ist", erklärt Elisabeth Hintermayr, Sachbearbeiterin für Kirchenaustritte im Magistrat. "Auch die Kirchenbeitragsstelle (Einrichtung der Erzdiözese Salzburg, Anm.), an die wir die Austritte weiterleiten, verlangt den Taufschein." Die Beitragsstelle selbst will davon nichts wissen: "Jeder Beleg der Religionszugehörigkeit ist uns recht. Es muss kein Taufschein sein," heißt es auf SN-Anfrage. Vergleichbare Sachlage in WienÄhnliches gilt offenbar auch in anderen Bundesländern. Maria Puecker, stellvertretende Leiterin der Kirchenbeitragsstelle in Wien: "Die Beamten müssen sich vergewissern, dass der Betroffene zugehörig ist. Ob das über den Taufschein oder andere Unterlagen erhoben wird, ist egal." Das wurde den zuständigen Wiener Magistratsabteilungen auch mitgeteilt. Puecker ergänzt: "Ich kann verstehen, dass es einigen übel aufstößt, wenn sie den Taufschein eigens auftreiben und vorlegen müssen. Die Magistratsabteilungen, die strikt auf den Taufschein bestehen, sollten vielleicht über Alternativen nachdenken."
Salzburg: Vorwürfe über erschwerten Kirchenaustritt
Der SN wurden Beschwerden über unterschiedliche Regelungen beim Kirchenaustritt zugetragen. Besonders die Salzburger Vorgehensweise, bei der verpflichtend der Taufschein vorgelegt werden muss, steht in der Kritik.