Als wäre ein Landtagswahlkampf nicht strapaziös genug: Im Jänner 2023 wurde bei der SPÖ-Listenzweiten Bettina Brandauer Brustkrebs diagnostiziert, seit Kurzem ist sie wieder offiziell krebsfrei. Im TN-Gespräch erzählt sie erstmals, welche Erfahrungen sie aus dieser Zeit mitgenommen hat, und warum sie damit nun offensiv an die Öffentlichkeit geht.
Das Wichtigste zuerst - wie geht es Ihnen?
Brandauer: Mir geht es gut, ich kann aktuell sagen, ich bin krebsfrei. Der Tumor hatte sich nach der dritten Chemotherapie aufgelöst, aber ich hatte noch Krebsvorstufen in der Brust, daher wurden sie in einer Operation im Juli entfernt. Bei der Gewebeuntersuchung wurden nun weder in den Drüsen noch im Gewebe Krebszellen gefunden, somit bin ich momentan krebsfrei.
Braucht es weitere Therapien?
Ja, ich muss alle drei Wochen bis Anfang 2024 eine Antikörpertherapie machen und eine zusätzliche Anti-Hormontherapie. Aber es kommt immer drauf an, welchen Krebs man hat, und wie der ausgelöst wird. Die betroffenen Frauen, die ich kennengelernt habe, da hatte keine das komplett gleiche, jede hatte ein andere Medikation, die Krebsarten, auch beim Brustkrebs, sind so verschieden, dass das alles genau abgestimmt werden muss.
Warum haben Sie sich entschieden, offensiv mit dem Thema an die Öffentlichkeit gehen?
Ich habe viel darüber nachgedacht, soll ich das machen oder nicht. Aber letztlich dachte ich, man soll die Krankheit nicht verstecken. Ich habe viele Frauen kennengelernt, die das getan haben und für die es sehr belastend war. Es wäre so viel besser, wenn man offen drüber redet, denn es kann jede treffen. Ich will als Positivbeispiel aufzeigen und Hoffnung geben, dass man das durchstehen und den Krebs besiegen kann, und dass man sich nicht versteckt, sondern offen drüber redet.
Es geht Ihnen also um eine Enttabuisierung der Erkrankung?
Ja, aber auch um den Appell, dass man aktiv zur Vorsorgeuntersuchung geht und nicht wartet, bis man mit 45 eingeladen wird. Wenn ich die Mammografie nicht gemacht hätte, wüsste ich bis heute nicht, dass ich Brustkrebs habe. Je früher er entdeckt wird, desto besser und erfolgreicher lässt er sich bekämpfen.
Sie sind selbst erst 43, das heißt, Sie haben sich aktiv um eine Mammografie bemüht?
Ja, ich bin zu einer Gesundenuntersuchung gegangen und dachte mir, ich mache die Mammografie gleich mit. Aber ich musste mich freischalten lassen, damit die Krankenkasse das übernimmt, weil in Österreich wirst du erst mit 45 aktiv zur Mammografie eingeladen.
Und das Ergebnis war Krebs.
Genau. Ein Krebs, den ich nicht spürte, sogar die Blutwerte waren wunderbar bei der Gesundenuntersuchung, obwohl ich den Brustkrebsmarker untersuchen ließ. Aber die Mammografie hat gezeigt, dass viele Verkalkungen in der Brust waren, das war ein Indiz, dass sich irgendwo ein Tumor versteckt. Bei einer Biopsie wurden Krebszellen im Gewebe gefunden und beim MRI wurde dann der acht Millimeter große Tumor entdeckt. Die Mammografie war am 13. Jänner 2023, noch dazu ein Freitag. Aber eigentlich war es ein Glück für mich, dass das so früh gefunden wurde. Sonst würden wir jetzt hier sitzen, der Krebs würde weiterwachsen und ich wüsste von nichts.
Das war wahrscheinlich ein Schock für Sie und die Familie?
Am Anfang hoffst du natürlich, dass nichts gefunden wird. Als die Diagnose dann da war, überlegt man, was heißt das für mein Leben, was muss ich jetzt machen, was heißt das für die Familie, wie bringe ich das den Kindern bei? Und natürlich auch wie geht es politisch weiter, mitten im Wahlkampf?
"Nehmt mir nicht mein normales Leben"
Gab es den Gedanken, den Listenplatz aufzugeben?
Professor Greil in der SALK hat mir sehr genau erklärt, wie die Therapie ausschaut und wie die Chancen stehen, den Krebs zu besiegen, und dass das ein sehr herausfordernder Weg wird. Er wollte mich gleich ein halbes Jahr krankschreiben. Aber meine erste Reaktion war: "Nehmt mir nicht mein normales Leben." Ich wollte es probieren, die Chemo zu machen und trotzdem mein Leben so weit wie möglich weiterzuführen. Und das hat mir extrem geholfen. Ich glaube, für mich wäre es das Schlimmste gewesen, nur krank daheim zu sitzen und drüber nachzudenken.
Wie ließ sich das dann vereinbaren, die Strapazen eines Wahlkampfs, während man sich einer Chemotherapie unterzieht?
Ich hab nie ein Geheimnis darum gemacht, in Kuchl wissen es schon viele. Aber ich wollte auch nicht bei öffentlichen Auftritten mit meiner Glatze dastehen, irgendwie komplett nackt, das wollte ich nicht. Und es wäre dann nur mehr um dieses eine Thema gegangen, deswegen habe ich mir eine Perücke besorgt.
Ich war dann eine Woche nach der Chemo im Krankenstand, da habe ich auch nicht gearbeitet und mein Mann, meine Eltern und meine Schwiegermutter haben sich um mich und die Kinder gekümmert. Und in der folgenden Zeit bin ich wieder arbeiten gegangen und hab' Wahlkampf gemacht bis zur nächsten Chemo und dann wieder von vorn.
Wie hart war die Chemotherapie dann letztlich?
Ich war danach immer eine Woche außer Gefecht mit den ganzen Nebenwirkungen, von Übelkeit bis zu den Schleimhäuten. Du nimmst zwar eh die ganzen Medikamente gegen die Nebenwirkungen, aber du bist einfach krank und geschwächt.
Was ich Betroffenen sehr empfehlen kann - das habe ich auch gemacht -, ist ein Chemotagebuch. Da führst du Buch über die Nebenwirkungen. Die waren immer gleich und so wusste ich genau, was an welchem Tag auf mich zukommt. Es hat mir sehr geholfen zu wissen, heute kriege ich die Chemo, dann ist mir drei Tage lang schlecht, dann kommen die Schmerzen im Rückenmark, dann die Probleme mit den Schleimhäuten. Dann kannst du dich drauf einstellen und weißt auch, das ist jetzt die letzte Nebenwirkung und dann beginnt wieder mein normales Leben.