Thomas Ganschs Weg war eigentlich vorgezeichnet: Sein Vater Johann war als Kapellmeister und Komponist eine Institution der österreichischen Blasmusik, sein älterer Bruder Hans war Trompeter bei den Wiener Philharmonikern und Professor am Mozarteum. Aber statt einer Klassikkarriere zog es ihn zum Jazz. Seit fast 30 Jahren reißt er musikalische Genregrenzen ein, mit Formationen wie Mnozil Brass, Gansch & Roses oder auch im Duo mit Kontrabassist Georg Breinschmid. Das nächste Mal in Salzburg zu sehen ist er am 22. März beim PalmKlang-Festival in Oberalm.
Bei dieser familiären Vorgeschichte - war für Sie eigentlich jemals ein Berufsweg abseits der Trompete möglich?
Thomas Gansch: Nein, möglich nicht, ich hätte es mir aber eine Zeit lang gewünscht, dass ein anderer möglich wäre. Weil das nicht leicht ist, wenn man von klein auf gesagt kriegt, dass man dann sowieso genau dasselbe macht wie der Papa und der Bruder. Aber das hat dann Gott sei Dank nicht hingehauen, ich habe meinen eigenen Weg gefunden, und jetzt bin ich sehr zufrieden.
Ich habe gelesen, Sie üben enorm viel, es heißt aber auch, Sie seien "nicht der große Probenarbeiter". Wie passt das denn zusammen?
Also, drei mal zwei Stunden, das nicht, das geht sich ja gar nicht aus, aber drei bis vier Stunden sind schon Fixprogramm. Das muss jeder für sich entscheiden, aber für mich muss das sein. Und Proben ist halt grade bei Mnozil Brass ein sehr schwieriger Prozess, weil wir uns nicht konventionell hinsetzen und Stücke lesen und proben, sondern wir müssen sie auswendig spielen, müssen gleichzeitig eine Choreografie machen, man muss sich andere Sachen überlegen und jeder hat verschiedene Geschwindigkeiten, wie er die Sachen lernt. Da ist das Proben manchmal sehr mühsam. Da bin ich immer sehr froh, wenn die Premiere kommt, weil dann ist die Probenphase vorbei.
Sie haben die Choreografie erwähnt. War dieses kabarettistische Element von Anfang ein Teil von Mnozil Brass?
Na ja, wir waren eine Wirtshausmusik, sind wir gewissermaßen nach wie vor noch, wir können Leute unterhalten, und je besser wir die Leute unterhalten, desto mehr kriegen wir zum Trinken. Das war jahrelang das Geschäftsmodell und das hat sich im Prinzip nicht verändert. Nur, dass wir halt nicht mehr trinken, sondern jetzt sogar bezahlt werden.
Ihr Zusammenspiel mit Bassist Georg Breinschmid ist ja auch fast Musikkabarett - wie kommt man zu solchen Stücken?
Das ist eine Persönlichkeitsstörung, fortgeschrittenes Stadium, wohlgepflegt und nie behandelt.
Wie kam es zu der ungewöhnlichen Kombination aus Kontrabass und Trompete?
Das ist eine sehr logische Kombination, nur sind meistens noch 15 andere Instrumente dazwischen. Seit ich Jazz spiele, war der Georg irgendwie dabei, und so ein bisschen absurder Humor, Monty Python, Thomas Bernhard, ist uns immer gelegen. Angefangen hat es als Zugabe beim Vienna Art Orchestra. Es ist wahnsinnig schwer zum Spielen, aber es ist einfach zum Organisieren, und der Georg ist halt … (überlegt) ohne Limit. Da brauchst nichts mehr dazu, der ist gleichzeitig Schlagzeuger, Harmonieinstrument und Bassist. Und da bist du wahnsinnig flexibel in alle Richtungen.
Mit wem würden Sie noch gern einmal spielen?
Der, über den ich das gesagt hätte, mit dem stand ich tatsächlich Ende Jänner auf einer Bühne, (Jazztrompeter, Anm.) Wynton Marsalis. Seit 30 Jahren träume ich davon, mit dem mal zu spielen, und das hab' ich jetzt gemacht, davon werde ich jetzt lang zehren.
Und, wie war's?
Es waren zwei Mal, und beim zweiten Mal war's einfach eine Sternstunde. Davon werde ich jetzt lang zehren. Sonst habe ich keine Präferenzen. Ich mache einfach gern Musik, und ich mache gern jede Art von Musik. Was ich mir wünsche, ich würde einfach ab und zu mal gern in einem großen Orchester eine große Sinfonie spielen, weil das einfach voll geil ist, in so einem Klangkörper drin zu sitzen.
Also nicht solistisch, sondern einfach mittendrin sozusagen?
Ich bin ein Herdentier, ich bin eigentlich kein Solist. Eine gute Band ist wie eine gute Fußballmannschaft, man verbringt viel Zeit miteinander, man trainiert, man probt viel zusammen, man ist eingespielt, und im Idealfall weiß man halt, wie wer jetzt den Steilpaß wohin schießt und übernimmt, das ist so eine Mannschaftsgeschichte. Ich genieße das einfach, in einem Rudel unterwegs zu sein. Ich spiele schon manchmal Solosachen, aber das ist sehr stressig, wenn's in die klassische Richtung geht, beim Jazzen ist es mir wurscht. Aber das Alleine-unterwegs-sein ist auch nicht lustig.
Nach fast 30 Jahren Karriere und 25 Jahren Mnozil Brass, welche Konzerte waren da Sternstunden?
Ganz klar, Mnozil Brass 1999 am Festival Alpentöne in der Schweiz in Altdorf. Da haben in der Band alle nach dem Gig gewusst, dass das mehr wird als nur irgendeine Wirtshauspartie. Da waren viele Leute, die Ahnung haben, und die haben uns auf eine Art aufgenommen, dass uns das Heu runtergefallen ist. Wir haben da von eins Nachmittag bis um sechs in der Früh gespielt …
… wahrscheinlich mit blutigen Lippen am Schluss …
Ja genau, es hat sein müssen, es war ein göttlicher Auftrag, kann man sagen. Es gibt einfach immer wieder den Moment, wo einfach alles passt, wo es keine Fragen mehr gibt. Das ist der Moment, den ich suche beim Spielen. Da herrscht Klarheit übers Universum. Da brauche ich nicht mehr den Sinn zu suchen, weil da bin ich im Sinn drin. Das passiert alle heiligen Zeiten, aber es passiert, in verschiedenen Konstellationen, und das ist immer super.



