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Tierheim Seekirchen muss viele Katzen abweisen

An das Kastrationsgesetz für Katzen mit Freigang halten sich nicht alle. Das führt zu Problemen.

Gerade im Sommer erforschen Babykatzen die Welt, weswegen an das Leid der Streunerkatzen erinnert wird. Ein Großteil der frei lebenden Katzen sind Nachkommen unkastrierter Hauskatzen oder ausgesetzter Tiere. Als domestizierte Haustiere sind frei lebende Katzen kaum in der Lage, sich und ihre Nachkommen vollständig zu versorgen. Sie leben von Abfällen oder Futter, das Menschen ihnen geben. Da Betreuung und medizinische Versorgung fehlen, sind die Straßenkatzen häufig krank, unterernährt und verletzt. Sie fristen ein Dasein in Hinterhöfen und leer stehenden Gebäuden und vermehren sich unkontrolliert.

In der Quarantäne-Station des Tierheims Theo.
In der Quarantäne-Station des Tierheims Theo.

Das Tierheim Theo in Seekirchen ist als einziges seiner Art im Flachgau auch erste Anlaufstelle für Streunerkatzen. "Am Land ist es eine Katastrophe", sagt Ulli Weinberger vom Tierschutzverein Theo, der das gleichnamige Tierheim in Seekirchen betreut. Neben Privaten, die sich nicht an die Kastrationspflicht für Katzen mit Zugang ins Freie halten, sei vor allem ein Schlupfloch für landwirtschaftliche Betriebe im Tierschutzgesetz Schuld an der Misere. Eigentlich müssen alle Katzen, die Zugang ins Freie haben, kastriert werden. "Wenn sich Landwirte aber als Züchter registrieren lassen, fallen sie nicht unter die Kastrationspflicht. Dasselbe gilt, wenn ein Landwirt sagt, Katzen seien ihm zugelaufen", so Weinberger. Die Folge sei, dass die Jungen von halb verwilderten Katzen "im Wald, hinterm Holzstoß oder unter Paletten vorm Kaufhaus landen oder erschlagen werden".

Auch Krähen sind im Tierheim willkommen.
Auch Krähen sind im Tierheim willkommen.

Regelmäßig erreichen das Tierheim Anrufe von Personen, die verwilderte oder ausgesetzte Katzen und Katzenwelpen gefunden haben und diese abgeben wollen. Jede Katze, die ins Tierheim gebracht wird, muss 14 Tage in Quarantäne, bevor sie mit anderen Tieren zusammengelassen wird. "Wir haben ständig zwischen 20 und 30 Katzen bei uns. Viele Anfragen müssen wir leider ablehnen, weil unsere Quarantänestation auf neun Plätze begrenzt ist. Wenn diese belegt sind, sind uns die Hände gebunden", erklärt Weinberger. Aufgrund landwirtschaftlicher Misshaltung am Land sei unter anderem der sogenannte Katzenschnupfen weit verbreitet, der schwer in den Griff zu bekommen sei. Rund 60 Prozent der abgegebenen Tiere seien bei der Ankunft als "krank" einzustufen.

Ronja wartet im Tierheim auf neue Besitzer.
Ronja wartet im Tierheim auf neue Besitzer.

Finanziert wird der Tierschutzverein Theo über Mitgliedsbeiträge und Spenden. Pro Fundtier gibt es zudem einen Betrag vom Land, der allerdings nur die Grundkosten abdeckt. "Wir sind deshalb auf Spenden angewiesen", betont Weinberger. Neben Katzen sind es vor allem Vögel aller Art, aber auch Meerschweinchen oder Schildkröten, die bei Theo untergebracht sind - nur für Hunde fehlt der Platz.

Einen Appell richtet Weinberger an alle Katzenbesitzer: "Bitte alle Katzen chippen und registrieren lassen. Das kostet wenig Geld und erspart dabei viel Leid."

Ein Pilotprojekt zur kostenlosen Kastration und Versorgung von Streunerkatzen im Bundesland Salzburg hat zu Jahresbeginn Gut Aiderbichl in Henndorf initiiert. Die Tiere werden in Lebendfallen gefangen, tierärztlich untersucht, kastriert, gekennzeichnet und anschließend an ihrem angestammten Platz wieder freigelassen. Bis Mai wurden so bereits über 300 Katzen kastriert.

Ein Ansprechpartner bei Problemen mit halb wilden oder wilden Katzenpopulationen ist auch Alexander Geyrhofer, Tierschutzombudsmann des Landes Salzburg (siehe Interview unten) - Tel.: 0662/8042-3461, E-Mail: alexander.geyrhofer@salzburg.gv.at.

Interview mit Alexander Geyrhofer ist Tierschutzombudsmann des Landes Salzburg:

Warum müssen Freigängerkatzen kastriert werden?

Ziel der Kastrationspflicht ist es, eine unkontrollierte wie auch zum Teil vom Besitzer unge-wollte Vermehrung von Katzen zu vermeiden. Ein unkastriertes Katzenpaar produziert circa zwölf Nachkommen pro Jahr. Zwölf Monate später sprechen wir folglich von 66 Tieren, mit Ablauf des zweiten Jahres kann von fast 400 Katzen ausgegangen werden und wenige Monate später befinden sich die Zahlen bereits im mehrfachen Tausenderbereich.

Welche gesundheitlichen Folgen entstehen durch unkontrollierte Vermehrung?

Seuchenzüge aufgrund der hohen Populationsdichte und des hohen Inzuchtgrades sind tier-schutzrelevante Folgen, die wir nicht tolerieren dürfen.

Kann man sagen, ob die Kastrationspflicht eingehalten wird?

Vor dem allgemein bekannten Hintergrund wissen alle Österreicher/-innen, welche Katzen vornehmlich unkastrierte Freigänger sind. Die Folgen werden jährlich von den Tierheimen und den Fördergeldern des Landes abgefedert. Anzumerken ist, dass es sich bei einem Teil der vermehrenden Katzenpopulation um verwilderte Hauskatzen handelt, welche schwer greifbar und keinem Halter zuordenbar sind. Deshalb hat das Land Salzburg auf Initiative des Tierschutzombudsmannes und des zuständigen Landesrates bereits im April 2008 eine Kastrationsaktion für Streunerkatzen ins Leben gerufen. Da Katzen - im Gegensatz zu Hunden - selten mit dem zugehörigen Halter angetroffen werden, oftmals nicht durch einen implantierten Mikrochip individuell rückverfolgbar sind und weibliche Katzen nicht augenscheinlich hinsichtlich einer erfolgten Kastration beurteilt werden können, gestaltet sich eine Beweisführung schwierig.

Welchen Sanktionen gibt es, wenn man der Kastrationspflicht nicht nachkommt?

In Erwägung der bisher erörterten Fakten ergibt sich, dass, sobald eine weibliche Katze mit Welpen und ohne Mikrochip aufgefunden wird, mit Sicherheit ein Gesetzesverstoß besteht. Die Zuordnung einer Halterschaft ist, wie bereits geschildert, die anschließende behördliche Herausforderung, denn eine Nichteinhaltung der Kastrationspflicht hat die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens zur Folge.

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Ulli Weinberger vom Tierheim Theo mit Kater „Lotto“.
Ulli Weinberger vom Tierheim Theo mit Kater „Lotto“.
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