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"Der Geizige": Eine schrecklich honette Familie

Das Schauspielhaus Salzburg zeigt in "Der Geizige", dass Geiz fürs Theater komisch und traurig zugleich sein kann. Am Mittwoch war Premiere.

"Der Geizige": Eine schrecklich honette Familie
"Der Geizige": Eine schrecklich honette Familie
"Der Geizige": Eine schrecklich honette Familie
"Der Geizige": Eine schrecklich honette Familie
"Der Geizige": Eine schrecklich honette Familie
"Der Geizige": Eine schrecklich honette Familie
"Der Geizige": Eine schrecklich honette Familie
"Der Geizige": Eine schrecklich honette Familie

Die Ausstattung ist eines Geizigen würdig: eine aufgeschnittene Zimmerfront, in diesem außer Türen und Luken und einem Treppenabsatz, auf dessen Geländer sich flott herunterrutschen lässt, nur ein bis zum Boden reichender Luster. In diesem leeren Raum, den Vincent Mesnaritsch für Molieres Komödie "Der Geizige" im Salzburger Schauspielhaus ersonnen hat, agieren grell weiß geschminkte Typen, denen die Farbe im Gesicht bald bröckelt. Das Gesellschaftspanoptikum um Harpagnon, der sein Geld über alles liebt und selbst auf Freiersfüßen nur auf Gewinn bedacht ist, als Clownerie?Scharf gezeichnete Charaktere Das verhüten schon einmal die scharf gezeichneten Charaktere. Hausregisseur Christoph Batscheider kann sich auf ein vorzügliches Ensemble verlassen, wie es derzeit in Salzburg keinen Vergleich hat. Mit kluger, steuernder Regiehand weiß er auch kleine Schwächen oder Stereotype so auszulegen, dass sie für die Rollenprofile von Vorteil sind. Marcus Marotte ist als Harpagnon kein monströses Ekel sondern ein bemitleidenswert in sich selbst gefangener Mann auf der vergeblichen Jagd nach noch ein bisschen Liebe, die er aber fürs Geld gar nicht eintauschen will. So versessen ist er auf sein ein und alles: die Schatulle.

Seine Kinder, die herb-süße, gleichwohl zielbewusste Elise von Yael Hahn und der unter seiner angeklatschten Blondperücke wie mechanisch rebellierende Cléanthe des nicht nur körpersprachlich famos geschmeidigen Simon Ahlborn, sind Mitgefangene, die immer wieder verzweiflungskomisch auszubrechen versuchen: eine schrecklich honette Familie.Bitter-komische, genaue Erzählung Der Regisseur scheint ein großes Vorbild zu haben, den derzeit angesagtesten (Trash-)Kollegen des deutschen Theaters, Herbert Fritsch. Lässt dieser aber in seinem charakteristisch überdrehten Comic-Stil staccato und prestissimo agieren, bleibt Batscheider deutlich moderater und mit bitter-komischer Genauigkeit am Text und seiner Erzählung. Das sichert, bei aller choreografisch ausgezirkelten Künstlichkeit, dem Verwalter Valere, der ein Auge auf die Tochter hat (wendig: Martin Brummemann), der Heiratsvermittlerin Frosine (sehr diszipliniert: Ute Hamm), dem stoisch ausgleichenden Kutscher und Koch Jacques (souverän subaltern: Antony Connor) und der patenten Hausherrenbraut wider Willen, Marianne (Michaela Schmid) immer ihr menschliches Antlitz unter der Schminke.

Dass selbst die kleinen Rollen, wie sie Olaf Salzer und die Schauspielschüler Sebastian Martin Rehm und Magdalena Oettl verkörpern, nicht unscheinbar verkommen, sondern eigenes Gewicht und (tragi-)komisches bis melancholisches Leben haben, zeigt die Qualität dieser bemerkenswerten Aufführung bis ins genau gestaltete Detail, zu dem auch die Kostüme von Elke Gattinger das Ihre beitragen.

Komischerweise kam das Premierenpublikum am Mittwoch lange nicht ins Lachen, fiel dafür am Ende aber zu Recht in begeisterten Applaus.

Theater: "Der Geizige", Schauspielhaus Salzburg, Vorstellungen bis 1o. 1. 2o15.

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