"Das Stück ist politisch aktuell, es geht um Wirtschaft, Zölle, Kleinkriege und Blutvergießen aufgrund von schmutzigem Geld", erzählt Regisseurin Cassandra Rühmling zu ihrer neuesten Inszenierung "Heilige Johanna der Schlachthöfe".
Bertolt Brecht schrieb das Stück während der Weltwirtschaftskrise Ende der 1920er-Jahre. Die Szenerie spielt in den Schlachthöfen Chicagos. Diese produzieren zu viel, die Preise fallen. Es kommt zu Machtkämpfen zwischen den Betreibern, während die Arbeiter vor verschlossenen Türen stehen. Hier tritt Johanna Dark auf. Sie versucht zwischen den Bossen oben und den Arbeitern unten mit Menschlichkeit zu vermitteln.
Stück zum 75-Jahr-Jubiläums von Brechts österreichischen Staatsbürgerschaft
Zum Jubiläum von 75 Jahren österreichischer Staatsbürgerschaft Bertolt Brechts bringt die Schauspielerin das Werk auf mehrere Salzburger Bühnen. Neben der Schlosskirche Mirabell am 1. November um 19.30 Uhr sind der Markussaal (7. & 21.11.), das Jazzit (14.11.), das OFF-Theater und der Verein Spektrum mit einer Jugendvorstellung dabei.
Erste österreichischen Suhrkamp-Verlag-Aufführung in freier Szene
Es ist die erste Suhrkamp-Verlag-Aufführung in der freien Szene Österreichs. Die Erlaubnis erteilte Brechts Enkelin. "Thomas Bernhard und Brecht sind meine zwei großen Bs. Die heilige Johanna ist mein Lieblingsstück und es ist zeitlos", erzählt Rühmling über ihre Wahl. Es geht um Menschlichkeit und Kapitalismuskritik. Erstere erscheint in Form von Johanna Dark, die die Humanität repräsentiert. Seit der Weltwirtschaftskrise in den 1920ern hat sich in der Arbeitswelt einiges getan. Arbeiter haben mehr Rechte. "Aber der menschliche Umgang ist nach wie vor nicht überall da", so Rühmling. Dabei gehe es bei der heiligen Johanna nicht um Revolution oder Anarchie, sondern um die menschliche Auseinandersetzung miteinander.
Cassandra Rühmling: Menschlichkeit scheitere nur am Menschen selbst
"Die Menschen sind für deinen Plan nicht reif. Erst muß, bevor die Welt sich ändern kann, der Mensch sich ändern," sagt der führende Fleischindustrie-Unternehmer Mauler im Stück. Johanna hält dagegen: "Erst müßt, bevor der Mensch sich ändern kann, die Welt sich ändern." Hier klingt Brechts Kapitalismuskritik an. Der Tenor: Erst wenn die Welt Menschen die Freiheit gibt, sich zu entfalten, könne auch die Menschlichkeit siegen. Humanität scheitere nur am Menschen selbst, so Rühmling. "Jeder hat eine Johanna in sich drin." Beim Warten auf einen Helden gebe der Mensch dagegen die eigene Verantwortung für ein besseres Miteinander ab. Dabei liege die Lösung in jedem Einzelnen.
Robert Kainar komponierte neue Musik zu Brechts Stück
Die Inszenierung ist im Bühnenbild reduziert. Lediglich drei Leitern bilden Abschnitte. Die Technik bedienen die Schauspieler selbst. Auch musikalisch bietet die Inszenierung ein Novum. Robert Kainar komponierte dafür neue Musik. Üblicherweise ist die Musik bei Brecht festgelegt. Es bleibe aber beim theatralen Musikkonzept, so Rühmling. Dabei werden ein E-Bass und ein Akkordeon zu hören sein.
Cassandra Rühmling spielt Johanna Dark. Der deutsche Schauspieler und Opernregisseur Henry Arnold übernimmt die Rolle von Mauler und Jan Walter vom Schauspielhaus die von Maulers Partner Cridle. Neben bitteren und erschütternden Momenten wird die "Heilige Johanna" auch hoffnungsvolle und komödiantische Elemente mittels Körpertheater enthalten. Tickets und alle Termine gibt es auf der Theaterplatz-Website.