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"… wenn tief in der Grube der Bergmann nicht wär"!

Ansehen und Selbstverständnis der Bergleute spiegeln sich in ihren Liedern, in ihren Tänzen sowie in ihrer "Bergmusik" mit Trommeln, Streich-, Zupf- und Blasinstrumenten.

Die Knappenmusikkapelle Leogang spielt bei allen Festakten des Bergbau- und Gotikmuseums.
Die Knappenmusikkapelle Leogang spielt bei allen Festakten des Bergbau- und Gotikmuseums.
Der Bergmann aus Porzellan musiziert mit einem Cithrinchen.
Der Bergmann aus Porzellan musiziert mit einem Cithrinchen.

Gold, Silber, Blei, Kupfer und nicht zuletzt Salz - der Bergbau sicherte über Jahrhunderte hinweg den Wohlstand und die Macht der Salzburger Landesfürsten. Die zentrale Rolle der Gewerken und Bergknappen beim Bauernaufstand des Jahres 1525 zeigt umgekehrt auch die enorme soziale und politische Bedeutung des Bergbaumilieus - wirtschaftliche Überlegungen und religiöse Überzeugungen waren von Eigenständigkeit und Emanzipation geprägt.

Diese Bedeutung und dieses Selbstverständnis der Bergleute spiegeln sich in ihren Liedern: Das Bergmannslied "lobt und preist, es ermuntert, erfreut und erbaut, es erzählt und unterhält, es ist ein Mittel der Information, der Belehrung und Unterrichtung". Bemerkenswert: Das Handbuch des Volksliedes, dem diese Charakterisierung entnommen ist, bezieht sich zwar hauptsächlich auf den norddeutschen Raum, doch tauchen fast alle dort untersuchten Lieder auch in Salzburg auf, unter anderem "Der Bergmann im schwarzen Gewand", "Schon wieder tönt's vom Turme her" oder "Glück auf, der Steiger kommt". Sie sind teils vor Jahrhunderten über viele Grenzen Hunderte Kilometer weit gewandert und bilden eine eigene Liedgattung.

Diese meist in der Hochsprache und selten im Dialekt abgefassten Lieder sind untrennbar mit Stand und Leben der Bergleute verwoben, sonstige Inhalte rücken dagegen in den Hintergrund. Thematisiert werden hauptsächlich die große Bedeutung des eigenen Standes und der tägliche Umgang mit der Gefahr.

Gemeinschaftsbildend wirken diese Lieder dadurch, dass sie oft in der Ich- oder Wir-Form abgefasst sind, also direkt aus der Perspektive des Bergmanns erzählt werden. In welchem Gebiet er abbaut, spielt dagegen meist keine Rolle - "Der Bergmann im schwarzen Gewand" ist genauso am Dürrnberg und in Leogang wie in den Steinkohlebergwerken Niedersachsens zu Hause.

Neben diesem Kanon idealisierender Lieder sei erwähnt, dass sich auch einzelne Spottlieder über den Bergmannsstand erhalten haben, etwa in Kärnten, wo unter dem Titel "Dö Knåppm sein Låppm" ein wichtiges Kleidungsutensil, das "Arschleder", aufs Korn genommen wird. Das klassische Bergmannslied als Standeslied allerdings ist fast immer positiv besetzt.

Neben der Vermittlung des Standesbewusstseins ist die Schilderung des Tages- und Arbeitsrhythmus sowie einzelner Arbeitsabläufe ein weiteres zentrales Element vieler Bergmannslieder, das sich auch in Berufs- und Standestänzen spiegelt, etwa im 1586 erstmals schriftlich erwähnten Schwerttanz der Dürrnberger Bergknappen. Diesen Schautanz dürfte damals eine Gruppe von Schweglern und Trommlern begleitet haben.

Für eine solche an vielen Bergwerksstandorten nachweisbare "Bergmusik" ist charakteristisch, dass sie nicht in Verbindung zum Hof oder zum Militär stand, sondern, ebenso wie die Bergmannslieder, zu dieser ganz eigenen Welt der Bergleute gehörte - die um 1800 geschnitzte "Rinner Krippe" aus Tirol zeigt uns zum Beispiel dreizehn Musikanten in weißer Bergmannsuniform mit Trommeln, Streich-, Zupf- und Blasinstrumenten. Ende des 19. Jahrhunderts gab es Neugründungen von Kapellen, die vom Grundgedanken her die Bergwerkstradition aufgriffen und mehrheitlich aus Bergknappen bestanden, jedoch keinem Betrieb oder Bergwerk mehr zugehörig waren. Beispielhaft dafür ist die zwischen 1880 und 1890 mehrheitlich aus Knappen gegründete Musikkapelle Leogang, die seit 1954 Knappentracht trägt.

Die Bedeutung des Bergbaus für einzelne Orte zeigt sich nicht nur in der Kleidung von Kapellen und Traditionsvereinen, sondern auch im überlieferten Lied: In einem 1819 in Leogang aufgezeichneten Neujahrslied werden die Bauern, die Junggesellen, die Wirte und auch die Bergleute mit je einer Strophe bedacht: "Den Bergwerksgenossen, den wünsch i recht sehr, daß iehn Gold und Silber wies Wasser rinnt her." Ein frommer Wunsch, denn die Blütezeit des Bergbaus in Leogang war damals schon lange vorüber.

Wolfgang Dreier-Andres ist Musikwissenschafter und leitet das Archiv des Salzburger Volksliedwerks.

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