Wer nicht baut, der soll zahlen. Denn Bauland zu horten sollte unattraktiv werden. Zumindest war das die Stoßrichtung, die dem Beschluss zum Raumordnungsgesetz 2018 zugrunde lag. Die damalige schwarz-grüne Landesregierung hat darin einen Infrastrukturbereitstellungsbeitrag festgeschrieben - mit einer Schonfrist für Grundbesitzer. Nach fünf Jahren wird diese Abgabe auf unbebautes Bauland 2023 erstmals fällig - je nach Tarif bzw. Örtlichkeit sind das zwischen 860 und 1400 Euro für ein Grundstück zwischen 501 und 1000 Quadratmetern Größe. Die Grundeigentümer hatten heuer bis 15. Mai Zeit, um der Abgabenpflicht für das Vorjahr nachzukommen. Oder aber sich zu entscheiden, das Grundstück entschädigungslos in Grünland rückwidmen zu lassen.
Doch es gibt Ausnahmen im Gesetz, um von dieser Abgabenpflicht befreit zu werden. Die meistgenutzte lautet: Eigenbedarf. Der Eigentümer kann für sich oder seine Kinder Eigenbedarf geltend machen. Pro Kind (oder Enkelkind anstelle des Kindes) können 700 Quadratmeter eingeräumt werden. Wobei es egal ist, wie alt das Kind ist. Die Abgabenfrist verlängert sich hier auf 15 anstatt fünf Jahre, läuft also erst 2033 ab.
Viel bleibt nicht übrig
Wie viele Grundeigentümer es tatsächlich trifft im Bundesland, diese Daten hat das Land nicht parat. Wohl aber gibt es Zahlen in den einzelnen Gemeinden. Und da zeigt sich: Viel bleibt nicht übrig. In der Landeshauptstadt wurden rund 450 Fälle an das Stadtsteueramt gemeldet. Von den eingelangten Erklärungen wurden sogleich 350 ausgeschieden. "Weil in 80 Fällen das Grundstück in Bebauung ist oder weil wie in 230 Fällen Ausnahmetatbestände schlagend wurden, zum Beispiel die Einstufung als Vorsorgegrundstück für die Kinder", sagt Vizebgm. Kay-Michael Dankl (KPÖ plus). In rund 100 Fällen laufe eine nähere Prüfung. Für diese Flächen dürfte eine Abgabenpflicht bestehen, sagt Dankl. Die Stadt werde im Herbst die ersten Bescheide ausstellen.
Eine konservative Schätzung ergebe "mehrere Hunderttausend Euro" an Einnahmen. Wobei man möglichst wenig einnehmen wolle, es gehe schließlich darum, dass die Flächen mit leistbarem Wohnraum bebaut werden, sagt Dankl. Wo gesetzlicher Verbesserungsbedarf bestehe, das müsse aber eine Evaluierung zeigen. "Vor allem bei den weitreichenden Ausnahmebestimmungen muss man genau hinschauen, um nicht unfreiwillig einen Freibrief für Spekulation mit Bauland zu gewähren. Die 350 ausgeschiedenen Fälle verdienen besonderes Augenmerk", sagt Dankl.
Es gibt sehr viele Ausnahmen
Auch in Hallein ist die Ausbeute bislang mager. Bürgermeister Alexander Stangassinger (SPÖ) schildert, dass insgesamt 142 Flächen betroffen gewesen wären. "Nach einer Vorprüfung des Amts sind davon noch 67 Flächen übrig geblieben. Es ist so, dass es sehr viele Ausnahmen gibt." Und damit meint der Stadtchef vor allem Eigenbedarf. Hätte eine Abgabe auf die 67 Flächen geleistet werden müssen, wären 122.000 Euro für die Stadtgemeinde Hallein zustande gekommen. "Wir stehen aber jetzt nach sehr vielen Einwänden und Ausnahmen bei circa 26.000 Euro im Jahr. Da sind nicht mehr sehr viele Flächen übrig geblieben, auch wenn wir noch nicht von allen betroffenen Grundeigentümern eine Rückmeldung haben." Es sei im ersten Jahr unter dem Strich ein Nullsummenspiel, wenn man den Aufwand gegenüberstelle. "Interessant wird es erst ab 2033, wenn das Argument mit Eigenbedarf wegfällt." Nur ein einziger Grundeigentümer habe erklärt, dass er die Fläche rückwidmen lasse. Stangassinger sieht daher kaum einen Effekt. "In Summe sind da viel zu viele Ausnahmen. Ich hätte nicht gehört, dass das irgendeine Baulandfläche bislang auf den Markt gebracht hat. Es ist viel Aufwand, viel Wirbel - und unter dem Strich wenig Ergebnis."
In Wals-Siezenheim liegt nach der Stadt Salzburg am meisten Bauland brach. Mehr als 30 Hektar unbebautes Bauland zählte die Flachgauer Gemeinde im Herbst 2023. Das sind 11 Prozent des gesamten Baulands auf dem Gemeindegebiet. 180 Grundstückseigentümer seien angeschrieben worden, wie Bürgermeister Andreas Hasenöhrl (ÖVP) mitteilt. Davon haben 150 Eigentümer eine Selbsterklärung abgegeben. Am Ende seien es jedoch nur 10 bis 13 Fälle, in denen tatsächlich gezahlt werden müsse. "Es gibt so viele Ausnahmen, am häufigsten ist der Eigenbedarf für die Kinder schlagend geworden. Da bleibt dann nicht mehr viel übrig." 20.000 Euro wird die Gemeinde heuer einnehmen. Davon würden 6000 Euro von einem Landwirt kommen, der Flächen bewirtschaftet und diese künftig in Grünland rückwidmen wolle. Der bürokratische Aufwand für die Abgabe sei enorm, der Ertrag dagegen überschaubar, schildert Hasenöhrl. "Ich glaube nicht, dass damit viel Bauland aktiviert wird. Und das will ich auch gar nicht. Wir haben derzeit 200 Wohnungen in Bau. Ich will nicht, dass alles verbaut wird."
"Ich sehe es als Sensibilisierung für die Eigentümer"
In Abtenau, wo im Herbst 2023 24 Hektar unbebautes Bauland gezählt wurden, ist noch nicht final abgerechnet worden. Von den 250 Grundstückseigentümern, die von der Gemeinde angeschrieben worden sind, kann am Ende etwa ein Fünftel zur Kasse gebeten werden. Bürgermeister Johann Schnitzhofer (ÖVP) hält die Maßnahme dennoch für sinnvoll: "Ja, der Aufwand ist groß, aber dafür haben wir jetzt eine gute Bestandserhebung durchgeführt. Und ich sehe es als Sensibilisierung für die Eigentümer, die vielleicht nachdenken darüber, was sie mit dem Grundstück machen." Rückwidmungen habe es bisher nicht gegeben in Abtenau, aber der eine oder andere habe angekündigt, das Grundstück verkaufen und somit zur Bebauung freigeben zu wollen.
Auch die Leerstandsabgabe kann heuer erstmals von Gemeinden für 2023 eingehoben werden. Von den 119 Salzburger Gemeinden haben 61 die Abgabe auf leer stehende Wohnungen eingeführt; wie berichtet, sind bereits zwei wieder abgesprungen. Der Aufwand sei zu groß, der Ertrag zu gering, hieß es aus Maria Alm und Mühlbach am Hochkönig, wo die Verordnungen wieder aufgehoben wurden. Bei der Infrastrukturabgabe haben die Gemeinden keine Wahl.
Rudolf Müllner (WPM), der neu gewählte Bürgermeister in Maria Alm, spricht auch hier von einem "Riesenaufwand", der nicht in Relation zu dem Ertrag stehe. Die Gemeinde habe 88 Grundstückseigentümer mit unbebautem Bauland angeschrieben, immerhin in 58 Fällen muss auch bezahlt werden. Das seien am Ende etwa 120.000 Euro. Das liege daran, dass in Maria Alm viele Zweitwohnsitzgebiete ausgewiesen seien und dort Ausnahmen wie Eigenbedarf nicht geltend gemacht werden könnten.
Willibald Bodner (FPÖ), Ortschef in Mühlbach am Hochkönig, befürwortet die Abgabe auf unbebautes Bauland. Im Gegensatz zur Leerstandsabgabe, die nur für drei Wohnungen im gesamten Gemeindegebiet eingehoben werde. "Es ist wichtig für Gemeinden, an Geld zu kommen, denn wir haben mit finanziellen Belastungen zu kämpfen." 40 Grundstückseigentümer habe man angeschrieben. 15 Prozent davon müssten heuer auch zahlen. Die Gemeinde nimmt damit bis zu 20.000 Euro ein.
Raumordnungslandesrat Martin Zauner (FPÖ) sagt, von Landesseite werde man zu Jahreswechsel versuchen, die Daten zum Infrastrukturbeitrag bei den Gemeinden standardisiert zu erheben. Ist Nachschärfen angesagt? "Die aktuelle Rechtslage muss zunächst auf ihre tatsächlichen Auswirkungen hin überprüft werden, bevor wir über mögliche Anpassungen nachdenken. Eine Nachschärfung der geltenden Regelungen schließe ich nicht aus. Aber: Wir sind hier in einer Rechtsmaterie, in der man sehr behutsam umgehen muss. Das persönliche Eigentum, hat - zu Recht - umfassenden verfassungsrechtlichen Schutz."
Daten und Fakten:
Der Infrastrukturbereitstellungsbeitrag (IBB) ist in Paragraf 77b des Raumordnungsgesetzes geregelt. Konkret wird für unbefristete, unverbaute Baulandgrundstücke, die ab dem 1. Jänner 2018 seit mehr als fünf Jahren ausgewiesen sind, eine Abgabe fällig.
Die Höhe der Abgabe staffelt sich je nach Flächenausmaß und Lage. Los geht es ab 501 Quadratmetern. Bis 1000 Quadratmeter Bauland sind in Tarif 1 (das ist nur die Stadt Salzburg) 1400 Euro pro Jahr fällig. In Tarif 2 sind es 1260 Euro - dieser umfasst die Stadtgemeinden Bischofshofen, Hallein, Oberndorf, Neumarkt, Saalfelden, Seekirchen, St. Johann und Zell am See sowie die an die Stadtgemeinde Salzburg unmittelbar angrenzenden Gemeinden. In Tarif 3 (für Baulandgrundstücke in den sonstigen Gemeinden des Flachgaus und Tennengaus) sind es 1120 Euro, in Tarif 4 (sonstige Gemeinden des Pinzgaus, Pongaus, Lungaus) sind es 860 Euro.
Die Beträge verdoppeln sich, wenn das Baugrundstück zwischen 1001 und 1700 Quadratmeter groß ist. Weitere Staffelungen gibt es von 1701 bis 2400 Quadratmeter (dann werden zwischen 2580 bis 4200 Euro fällig), 2401 bis 3100 Quadratmeter (3440 bis 5600 Euro). Je weitere angefangene 700 Quadratmeter steigt die Abgabe zwischen 860 und 1400 Euro (so wie die Eingangsstufe ist).