Das umstrittene Hans-Pfitzner-Denkmal in der gleichnamigen Straße in Nonntal wurde entfernt. Jetzt zeugt nur noch eine kahle Rasenfläche von dem Stein, der an den Komponisten und Verfasser antisemitischer Schriften erinnert.
Im März 2023 brachte der damals noch als Gemeinderat tätige Kay-Michael Dankl (KPÖ plus) den Antrag ein, das Denkmal entweder zu entfernen oder mit einer Infotafel zu versehen. 15 Monate später wurde der Stein in das Depot des Salzburg Museums zur Verwahrung gebracht.
"Pfitzner ist niemand, der heute im öffentlichen Raum der Stadt Salzburg eine Ehrung verdient. Es ist zu begrüßen, dass das Pfitzner-Denkmal entfernt und ins Depot des Salzburg Museums gebracht worden ist", erklärt Bürgermeister-Stellvertreter Dankl zu dem umstrittenen Komponisten.
Hans Pfitzner: Komponist und antisemitischer Autor
Die Verstrickung und Sympathie Hans Pfitzners mit dem Nationalsozialismus ist belegt. Der 1869 in Moskau geborene deutsche Komponist und Dirigent fiel seit den 1920er-Jahren wiederholt durch deutschnationale und antisemitische Äußerungen und Schriften auf. Nach der Machtergreifung Adolf Hitlers suchte er aktiv Kontakt zu dem Braunauer und erhielt einige Posten und Auszeichnungen. "1933 boykottierte er aufgrund seiner Unterstützung für die Nazis die Salzburger Festspiele. 1938 rief er dazu auf, für den ,Anschluss' zu stimmen. Im Jahr 1944 ließ er sich in die privilegierte NS-Liste der ,gottbegnadeten' Künstler aufnehmen, sogar in Hitlers Sonderliste seiner drei wichtigsten Mitglieder", erzählt Dankl. Auch nach Ende des Zweiten Weltkriegs blieb Pfitzner Antisemit und leugnete in der 1987 posthum veröffentlichten "Glosse zum II. Weltkrieg" den Holocaust. Er starb 1949 in Salzburg, nachdem er kurzzeitig hier gelebt hatte.
Wie Pfitzner zwei Denkmäler in Salzburg gesetzt wurden
Im Februar 1958 stimmte der Salzburger Gemeinderat, bestehend aus SPÖ, ÖVP, FPÖ und einem KPÖ-Gemeinderat, einstimmig für die Benennung der neu gebauten Straße in Nonntal in "Hans-Pfitzner-Straße" anlässlich des 65. Geburtstags der Witwe Amalie Pfitzner.
In den 1960er-Jahren wurde ein erster Versuch unternommen, dem Komponisten in seinem ehemaligen Wohnhaus in der Haunspergstraße 33 eine Gedenktafel zu errichten. Die Hauseigentümerin weigerte sich jedoch. 1993 folgte ein weiterer Versuch, jedoch war die Eigentümerin weiterhin dagegen. Zur Auswahl standen nun das Mozarteum und die Hans-Pfitzner-Straße. Letztere wurde es.
"Der Gedenkstein wurde offiziell im Juli 1993 aufgestellt", erklärt Sabine Veits-Falk, Leiterin des Hauses der Stadtgeschichte. Beim Umgang mit Denkmälern, die im Laufe der Zeit anders bewertet werden, gebe es zwei Meinungen, so Veits-Falk. Die eine sehe vor, das Denkmal zu entfernen. Die andere Variante sehe eine Infotafel oder eine künstlerische Intervention vor, die sich kritisch mit dem Problem auseinandersetzt und dem Denkmal ein Gegengewicht entgegenstellt. "Man entscheidet dabei aus der Situation heraus. In dem Fall ist beim Hans-Pfitzner-Denkmal die Entscheidung auf die Entfernung gefallen", so die Stadtarchiv-Leiterin.
Salzburg, Thorak und weitere NS-belastete Straßennamen
Auch NS-belastete Straßennamen sind seit Jahren ein Streitthema in der Stadtpolitik. Seit 2008 beschäftigt sich das Stadtarchiv im Auftrag des Gemeinderats mit der Geschichte Salzburgs im Nationalsozialismus. 2018 wurde der Auftrag erweitert. Dabei sollten Verkehrsflächen, die nach Personen benannt sind, die mit dem NS-Regime verstrickt waren, wissenschaftlich erforscht und in festgelegten Kategorien eingeordnet werden. Ausgangspunkt war die politische Diskussion um die Josef-Thorak-Straße. Im 2021 veröffentlichten Bericht wurden von 66 NS-behafteten Straßennamen dreizehn der Kategorie drei zugeordnet. Bei dieser Kategorie schlägt der Fachbeirat dem Gemeinderat aufgrund der schweren Verstrickung der Person mit dem NS-Regime eine politische Diskussion und allfällige Umbenennung vor. Dies ist neben der Josef-Thorak-Straße auch die Hans-Pfitzner-Straße in Nonntal.
Bisher: Gegen Umbenennung, aber für Infotafeln
Im Dezember 2021 stimmte trotz Empfehlung zur Umbenennung die knappe Mehrheit des Gemeinderats, bestehend aus ÖVP, FPÖ, der Liste SALZ und einer Stimme der NEOS (21 Stimmen), generell gegen die Umbenennung der Straßennamen der Kategorie drei. Stattdessen wurden Infotafeln beschlossen.
2024: Pilotprojekt für Straßenumbenennung mit einer Straße der Kategorie drei
Mit der neuen Stadtregierung sieht es anders aus. Im Arbeitsvorhaben, das von der Mehrheit des Gemeinderats unterschrieben wurde, wird ein Pilotprojekt zur Straßenumbenennung vorgesehen. Beauftragt mit der Abwicklung ist die Abteilung zwei des Magistrats unter Abteilungsvorständin Dagmar Aigner.
"Umbenennungen, so zeigt die Erfahrung, sind oft nicht sehr beliebt, da sie mit Adressänderungen einhergehen", erklärt Veits-Falk. Es gebe aber ein paar Vorbilder, an denen man sich orientieren könne. In Linz gab es beispielsweise Bürgerinformationen, wo den Bürgern an unterschiedlichen Terminen erklärt wurde, warum die Umbenennung erfolgt. Zudem gab es administrative Hilfestellungen und es konnten Fragen gestellt werden.
"Im Herbst 2024 wird von der MA2 ein Amtsbericht zur politischen Beschlussfassung vorgelegt", erklärt Bürgermeister Bernhard Auinger (SPÖ). "Dabei wird eine Straße zur Umbenennung und andererseits die Struktur für ein abteilungsübergreifendes Projekt vorgeschlagen." Wichtig sei die enge Zusammenarbeit der Ämter und Abteilungen. Das Stadtarchiv sei für einen neuen Namensvorschlag zuständig. Im Nachhinein werde das Pilotprojekt dann evaluiert.