Es solle kein Abend der Schlammschlachten werden, kündigte Moderator Michael Mair an. Am Ende hat das Stadtgespräch, das der Stadtverein Salzburg am Donnerstag abgehalten hat, verdeutlicht, wie tief die Gräben beim Thema S-Link mittlerweile sind. Der S-Link sei aus der Zeit gefallen, "Salzburg ist eine Radstadt", sagte etwa Verkehrsexperte Heinz Kloss. Die geplante Lokalbahnverlängerung vom Salzburger Hauptbahnhof bis nach Hallein bezeichnete er als "Irrweg": "Bis das funktioniert, dauert es 20 bis 30 Jahre." Mobilitätsexperte Günther Penetzdorfer versuchte dem mit Daten und Fakten entgegenzutreten: Wie viele Pendlerinnen und Pendler täglich aus der Stadt aus- und in diese einfahren. Wie die Verkehrsströme im Großraum Salzburg fließen. Und wie viele Menschen vom Pkw potenziell auf die Schiene umsteigen könnten.
Hartinger: "Ältere treffen Entscheidung für nächste Generation"
Aber das hat die Menschen im Raum wenig beeindruckt. Mehr bewegt haben die Worte des 27-jährigen Leonhard Hartinger, des Begründers der Initiative "Dafür - Mobilität Zukunft": "20 bis 30 Jahre - das entspricht, wenn wir ehrlich sind, der Lebenserwartung der meisten hier im Raum." Tatsächlich lag der Altersdurchschnitt bei den mehr als 120 Menschen im Saal der Ziviltechnikkammer in der Stadt Salzburg bei über 60 Jahren. Auch die Stadtbevölkerung werde immer älter. "Ältere treffen hier eine Entscheidung für die Zukunft - für die nächste Generation. Wir sollten über die Grenzen des eigenen Lebens denken", sagt Hartinger. Viele junge Menschen in seinem Umfeld würden sich das Leben in der Stadt Salzburg gar nicht mehr leisten können und müssten aus dem Umland hereinpendeln: "Es ist absurd, nur über den Verkehr in der Stadt zu sprechen."
Eva Hody zum S-Link: "Jetzt weiß ich, warum ich so skeptisch bin"
Am 26. November kann die Bevölkerung der Stadt Salzburg über den S-Link in einer Bürgerbefragung abstimmen. Über den Ausgang möchten nicht einmal die Verantwortlichen der Projektgesellschaft Wetten abschließen, wie es heißt. Das Informationsbedürfnis scheint jedenfalls hoch zu sein. Für das Stadtgespräch am Donnerstag habe es eine Warteliste gegeben, einige hätten abgewiesen werden müssen, wie die Veranstalter mitteilen. Schließlich fanden sich Befürworter, Gegner, Skeptiker und Unentschlossene zum S-Link ein - mit Fragen im Gepäck: Was bringt die teilweise unterirdische Lokalbahnverlängerung vom Salzburger Hauptbahnhof bis Hallein dem Bürmooser, der in die Stadt pendelt? Wie will man die Leute dazu bewegen, vom Pkw auf die Schiene umzusteigen? Und: Wer glaubt denn tatsächlich noch an den S-Link, der seit Jahrzehnten in Salzburg diskutiert wird und immer wieder verworfen worden ist?
Eine Stadtsalzburgerin sagt: "Ich war zunächst für eine oberirdische Variante, aber ich habe mich umstimmen lassen, weil es an der Oberfläche nicht ausreichend Platz gibt." Eva Hody, die Landeskonservatorin vom Bundesdenkmalamt, war im Publikum, "als Bürgerin", wie sie sagt. Sie habe sich immer gefragt, wieso sie als Öffi-Liebhaberin nicht überzeugt sei vom S-Link: "Jetzt weiß ich es: Es braucht viele andere Maßnahmen an der Oberfläche. Warum hat man das nicht längst gemacht?" Baustadträtin Anna Schiester von der Bürgerliste erzählte, dass auch sie zunächst skeptisch war. "Aber jetzt sehe ich den S-Link als Puzzlestein für den Verkehr in Salzburg. Es braucht aber auch Verbesserungen beim Obus." Schiester war als einzige Vertreterin der Stadtregierung anwesend. Wie die Veranstalter mitteilen, habe LH-Stv. und Verkehrslandesrat Stefan Schnöll (ÖVP) aus terminlichen Gründen abgesagt.
Die Gretchenfrage zum S-Link: "Wann sag ich's den Kindern?"
S-Link-Geschäftsführer Stefan Knittel rückte aus und beteuerte: "Gäbe es einen einfacheren Weg, als einen unterirdischen Tunnel durch die Stadt zu bauen, hätten wir alle gejubelt." Er betonte die Bedeutung des S-Link als Gesamtkonzept im Zentralraum Salzburg. Soziologin Rosemarie Fuchshofer weist allerdings auf die Mängel in der Kommunikation zu dem Projekt hin: "Das ist die Gretchenfrage: Wann sag ich's den Kindern? Gebe ich zu früh Informationen hinaus, besteht die Gefahr, dass es heißt, man wisse noch zu wenig. Kommt die Info zu spät, heißt es, man habe im stillen Kämmerchen ohnehin alle Entscheidungen getroffen und werfe das Ergebnis den Leuten vor die Füße." Ihr Resümee: "Ich denke, der Zug ist abgefahren und wir laufen bereits dem fahrenden Zug hinterher." Abschließend wurden an dem Abend viele Fragen gesammelt und nur wenige beantwortet. Planer und Architekt Udo Heinrich fasst den Tenor zusammen, der doch bei den meisten auf Zustimmung trifft: "Damit die unterirdische Variante Erfolg hat, muss auch an der Oberfläche etwas passieren."