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Großer Andrang für Wohnschirm in Salzburg: Immer mehr Mieter suchen Unterstützung

Es sind längst nicht mehr nur einkommensschwache Haushalte, die mit den hohen Wohnkosten kämpfen. Immer mehr Mieter brauchen Hilfe.

Karin Edtbrustner, Martin Jesch und Andrea Höfinger vom Mieterschutzverband Salzburg sind tagtäglich mit Anfragen von betroffenen Mieterinnen und Mietern konfrontiert.
Karin Edtbrustner, Martin Jesch und Andrea Höfinger vom Mieterschutzverband Salzburg sind tagtäglich mit Anfragen von betroffenen Mieterinnen und Mietern konfrontiert.

Eine pensionierte Landesbedienstete ringt erstmals in ihrem Leben mit offenen Rechnungen. Das Wohnen in der Stadt Salzburg kostet sie 200 Euro mehr als noch vor zwei Jahren. So ergeht es auch einer Salzburgerin, die vor ihrer Pension ohne Unterbrechung gearbeitet und zwei Kinder großgezogen hat. Sie muss mittlerweile mehr als die Hälfte ihres Einkommens für Miete und Betriebskosten aufbringen. Und ein Salzburger greift derzeit auf seine Ersparnisse zurück, um die Nachzahlung von etwa 850 Euro Heizkosten zu begleichen.

Das sind nur drei Beispiele von Personen, die im Bundesland von den gestiegenen Miet- und Betriebskosten betroffen sind. Wie die Arbeiterkammer Salzburg (AK), der Mieterschutzverband und die Mietervereinigung bestätigen, sind es nicht mehr nur die finanziell Schwächeren wie Arbeitslose, Menschen mit Mindestpension oder Alleinerziehenden, die sich an Beratungsstellen wenden. "Das Problem ist nun definitiv in der Mitte der Gesellschaft angekommen", sagt Elke Hanel-Torsch von der Mietervereinigung. "Es ist seit dem Vorjahr zu einer Verschiebung gekommen. Wir werden überrannt. Die Anfragen von Mieterinnen und Mietern, die Unterstützung brauchen, werden immer mehr - vor allem im privaten Bereich." Das führe derzeit zu langen Wartezeiten für Beratungsgespräche.

18 bis 23 Euro Mietkosten pro Quadratmeter in Salzburg

Während in Salzburg im geförderten Wohnbau die Mieten nur um zwei Prozent pro Jahr steigen dürfen, legen die Mieten im freien Markt kräftig zu. Laut Hanel-Torsch sind dort die Mieten zwischen 2018 und 2022 um 18 Prozent gestiegen. "Und da ist die Teuerung von 2023 noch gar nicht miteinberechnet." Für 2023 lässt sich bereits ein Trend ablesen, wie Kerstin Matanza, Referentin für Wohnrecht von der AK Salzburg, schildert: "Die Steigerung der Mieten von 2022 auf 2023 liegt bei mindestens sechs bis sieben Prozent."

Auch Karin Edtbrustner, Obfrau vom Mieterschutzverband Salzburg, spricht von einer besorgniserregenden Entwicklung: "Derzeit bewegen wir uns bei 18 bis 23 Euro Mietzins mit Betriebskosten pro Quadratmeter. Außerdem sehen wir, dass Vermieter immer öfter Kautionen aufgrund von normalen Abnützungen nicht zurückzahlen wollen oder hohe Gebühren für Ausmalen oder Renovierungsarbeiten an die Mieter weiterverrechnen."

Wohnschirm: Früh genug um Unterstützung ansuchen

Diese Entwicklung macht sich auch bei der Antragsstelle für den Wohnschirm des Sozialministeriums bemerkbar. Seit 2022 fördert der Bund Menschen mit geringem Einkommen, die finanzielle Hilfe bei Wohnkosten benötigen. Es geht hier vor allem um die einmalige Übernahme von Mietrückständen. In Salzburg wird der Wohnschirm für Mieten über die Fachstelle für Wohnungssicherung von der Soziale Arbeit gGmbH abgewickelt. "Wir haben heuer bereits in sechs Monaten mehr Personen betreut als im Vorjahr in zehn Monaten", schildert Geschäftsführer Christian Moik. Von März bis Dezember 2022 haben 247 Salzburgerinnen und Salzburger insgesamt 269.000 Euro vom Bund erhalten, von Jänner bis Juni 2023 waren es bereits 299 Personen und 295.300 Euro. Das hängt Moik zufolge auch mit den gestiegenen Mietkosten zusammen. "Die Entwicklung wird noch anhalten, wir haben unsere Fachstelle daher um eineinhalb Personen aufgestockt." Derzeit ist mit Wartezeiten von zwei Wochen zu rechnen. Moik appelliert: "Nicht erst zu uns kommen, wenn mit Delogierung gedroht wird, sondern so früh wie möglich. Dann bleibt mehr Zeit zur Bearbeitung." Die Anträge müssten geprüft werden, sagt Moik, denn die Gelder sollten treffsicher vergeben werden.

Viele Salzburger geben 50 Prozent ihres Einkommens für Wohnen aus

Karin Edtbrustner vom Mieterschutzverband sagt: "Immer mehr Menschen in Salzburg geben die Hälfte ihres Einkommens oder mehr für das Wohnen aus. Viele suchen nach günstigeren Wohnungen, aber das ist vor allem im Zentralraum Salzburg schwierig." Sie fordert daher eine Mietpreisbremse vom Bund, "zumindest auf Zeit. Damit der Mietzins, der in Salzburg nach Vorarlberg der zweithöchste in Österreich ist, eingefroren wird."

Das bekräftigt auch der Landtagsabgeordnete und Gemeinderat in der Stadt Salzburg, Kay-Michael Dankl (KPÖ plus). Er sieht auch bei der Stadt Handlungsbedarf: "Bei den stadteigenen Wohnungen könnte man die Betriebskosten tatsächlich senken, anstatt die Kosten durch eine Mietzinserhöhung weiter anzuheben." Ende Mai kündigte die Stadtregierung an, die Betriebskosten für Gemeindewohnungen zu senken. Nur wenige Wochen später hat der Stadtsenat die Mieten für diese Wohnungen durch die Indexanpassung ab August beschlossen. In seinen Sprechstunden ist Dankl mit Betroffenen konfrontiert: "Die Mieten in Salzburg sind so hoch, dass viele überlegen, in andere Bundesländer umzuziehen."


Daten und Fakten: Wohnschirm und Wohnbeihilfe in Salzburg

Zwischen Jänner und Juni 2023 sind bereits 110 Haushalte mit 299 Personen in Salzburg durch den Wohnschirm des Bundes bei offenen Mietrechnungen unterstützt worden. 125 waren minderjährig.

Seit 2023 fördert der Bund im Wohnschirm Energie auch die hohen Heizkosten. Über die Caritas Sozialberatung sind 160 Salzburger Haushalte mit einer Gesamtsumme von knapp 200.000 Euro unterstützt worden. Über die Soziale Arbeit gGmbH waren es 136 Haushalte mit insgesamt 204.000 Euro.

Das Land Salzburg gewährt eine Wohnbeihilfe. Im Vorjahr wurden 24 Millionen Euro an 8440 Haushalte ausbezahlt.

Im Jahr 2022 lag der Mietzins mit Betriebskosten laut AK im Land Salzburg bei 14,81 Euro pro Quadratmeter, in der Stadt Salzburg bei 17,28 Euro.