Impfpflicht ja oder nein? Gesundheitslandesrat Christian Stöckl hatte sich am Wochenende in einem "profil"-Interview weit vorgewagt, als er sagte, Neueinstellungen im Gesundheits- und Pflegebereich sowie in Kindergärten und Schulen an eine Impfung gegen das Coronavirus zu knüpfen. Am Sonntag stellten aber sowohl Landeshauptmann Wilfried Haslauer als auch Stöckl gegenüber den SN klar: Eine Impfpflicht sei derzeit kein Thema, auch nicht durch die Hintertür.
Aus dem Büro des Landeshauptmanns hieß es dazu mit Nachdruck: "Eine Impfpflicht wird es nicht geben." Für Haslauer ist das auch überhaupt nicht der richtige Zeitpunkt, um über dieses Thema zu diskutieren. Noch sei in der EU kein Impfstoff zugelassen, man wisse nicht, wie mögliche Vakzine genau ausschauten und, vor allem, wie sicher sie seien. Vielmehr ist es Haslauer jetzt wichtig, alles daranzusetzen, die Pandemie einzudämmen.
Stöckl betonte ebenfalls: "Ich lehne eine generelle Impfpflicht ab." Erstens sei sie in Österreich nicht umsetzbar. Und zweitens gebe es in Ländern mit einer Impfpflicht, wie zum Beispiel in Italien bei Masern, auch keine höheren Durchimpfungsraten in der Bevölkerung. Der Gesundheitslandesrat meinte aber auch im Gespräch mit den SN, dass man schon heute gerade im Gesundheitsbereich bei Neueinstellungen darauf achte, dass alle im Impfpass vorgesehen Impfungen gemacht seien. "Es gibt hier auch eine moralische Verpflichtung." Stöckl will seine ursprünglichen Aussagen, die am Wochenende auch in den sozialen Netzwerken heftige Debatten ausgelöst haben, so verstanden wissen: Wenn es einen Impfstoff gebe, der gut verträglich sei, dann könne man eine Diskussion starten, ob man bei Neueinstellungen die Coronaimpfung zu einer Bedingung mache. "Aber ich habe das nicht als politische Forderung in den Raum gestellt." In bestehende Dienstverträge könne man ohnehin nicht eingreifen.
Rechtlich sind medizinische Behandlungen ohne oder gegen den Willen eines Menschen ein Eingriff in das Recht auf Privatleben. Dieses Recht ist in Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verbürgt und steht in Österreich im Verfassungsrang. In einer rechtlichen Zusammenfassung des Gesundheitsministeriums heißt es dazu aber: Eingriffe in dieses Recht sind zum Beispiel nach dem Epidemiegesetz für Personen möglich, die sich berufsmäßig mit der Krankenbehandlung oder der Krankenpflege beschäftigen. Die Bezirksverwaltungsbehörden könnten aber die Pflicht zu einer Impfung nicht mit Zwangsgewalt durchsetzen.
Zu einer indirekten Impfpflicht, also als Voraussetzung für eine Anstellung, meint Stephan Kliemstein, Rechtsanwalt in der Stadt Salzburg: Betroffene könnten versuchen, dagegen rechtlich vorzugehen, weil es diskriminierend sein könne, wenn man bei gleicher Ausbildung wegen einer fehlenden Impfung schlechter gestellt werde. In gewissen Situationen seien aber arbeitsrechtliche Einschränkungen möglich, vor allem müssten sie verhältnismäßig sein. Am Ende müssten also die Gerichte entscheiden.