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Hohe Investitionen in Salzburg nötig: Warum Gebühren fürs Abwasser künftig steigen könnten

Neue Vorgaben sollen Schadstoffbelastung senken. Dafür bräuchte es aufwendigere Klärprozesse. Höhere Kosten würden auch Endkunden spüren.

Die Kläranlage in Siggerwiesen ist die größte im Bundesland.
Die Kläranlage in Siggerwiesen ist die größte im Bundesland.

Als vor knapp 50 Jahren der Reinhalteverband Großraum Salzburg gegründet wurde, waren Rückstände von Medikamenten und Mikroplastik im Abwasser noch kein Thema. In ein paar Jahren wird die größte Kläranlage des Bundeslandes in Siggerwiesen (Gemeinde Bergheim) voraussichtlich auch diese Schadstoffe aus dem Abwasser filtern müssen. Das zeichnet sich mit dem Vorschlag zur Überarbeitung der Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser ab, den die EU-Kommission im vergangenen Oktober vorgelegt hat.

"Das sind markante Einschnitte", sagt Günter Matousch, technischer Geschäftsführer der Umweltschutzanlagen Siggerwiesen. "Bei gewissen Dingen kommen enorme Investitionen auf die Kläranlagen zu." Ein Beispiel ist die geplante Einführung einer vierten Reinigungsstufe, die Mikroschadstoffe aus dem Abwasser ausscheidet. Und das bedeutet zwangsläufig den Bau neuer Klärbecken. Künftig sollen auch mehr Nährstoffe (Stickstoff, Kohlenstoff, Phosphor) entzogen und Phosphor bei der Verbrennung von Klärschlamm rückgewonnen werden. Alles Maßnahmen, die sehr energieintensiv sind. Derzeit stelle man in Siggerwiesen etwas mehr als den Eigenbedarf an Energie selbst her, sagt der kaufmännische Geschäftsführer Josef Weilhartner. Mit der weiterführenden Behandlung des Abwassers wird das ohne einen weiteren Ausbau der Erzeugung am Standort etwa mit Photovoltaik nicht ausreichen, um das ebenfalls vorgesehene Ziel der Eigenversorgung zu erreichen. "Es konterkariert eigentlich die Energieautarkie."

Siggerwiesen rechnet mit zweistelligem Millionenbetrag

Wie hoch der Investitionsbedarf sein wird, lässt sich erst abschätzen, wenn die Richtlinie einmal in Kraft ist - und in nationales Recht aufgenommen wurde. "Grob gesagt: Ein zweistelliger Millionenbetrag wird es sicher werden", sagt Matousch. Die hohen Kosten für die umfassendere Reinigung werden auch den Endkunden nicht verborgen bleiben. "Dementsprechend wird das Auswirkungen auf die Abwassergebühren haben", sagt Weilhartner.

Bernhard Seidl, Obmann des Dachverbands Salzburger Abwasser, dem 32 Gemeinden bzw. Reinhalteverbände angehören, sieht das ähnlich. Mit einer weiteren Reinigungsstufe sei mit Mehrkosten von 10 bis 15 Prozent zu rechnen, die bei der Abwasserbehandlung anfallen würden - und folglich weitergegeben werden müssten. Zur Veranschaulichung: In der Stadt Salzburg beträgt die Gebühr für die Inanspruchnahme der Abwasseranlage aktuell je verbrauchten Kubikmeter Wasser 2,48 Euro. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 130 Litern pro Tag und Kopf fallen zum Beispiel in einem Dreipersonenhaushalt Kanalgebühren von etwas mehr als 350 Euro im Jahr an.

Land Salzburg verfügt über insgesamt 33 Kläranlagen

Offen ist, in welchem Ausmaß die insgesamt 33 Kläranlagen im Bundesland von Aufrüstungen betroffen sein werden. "Wir hoffen, dass es Ausnahmen gibt für kleine Anlagen", sagt Seidl. Sollte es beim Kommissionsvorschlag bleiben, müssten Anlagen mit einem Einzugsgebiet von mehr als 100.000 Einwohnern Mikroschadstoffe filtern und damit eine vierte Klärstufe errichten. Das trifft neben Siggerwiesen auf vier weitere Standorte (Pinzgauer Saalachtal, Ennspongau, Salzachpongau, Zemka in Zell am See) zu. Fix ist das noch nicht.

Auf Erleichterungen drängt die Vertretung des Österreichischen Gemeindebundes in Brüssel. Dort stößt man sich an den Umsetzungsfristen: "Die sind zu knapp, wenn man die Höhe der notwendigen Investitionen und die aktuelle Überhitzung der Bauwirtschaft bedenkt. Bei Inkrafttreten Mitte/Ende 2024 und innerstaatlicher Umsetzung bis 2026 ist das Erreichen zusätzlicher Reinigungsstufen bis 2030 bzw. flächendeckend bis 2035 ziemlich unrealistisch", heißt es.

Was die EU-Kommission vorgeschlagen hat

Die Richtlinie über die Behandlung von kommunalem Abwasser ist mehr als 30 Jahre alt. Ziel war eine bessere Qualität der Gewässer in Europa. Österreich ist bei der Umsetzung im Spitzenfeld. Im Oktober 2022 hat die EU-Kommission einen Vorschlag für eine Überarbeitung vorgelegt.

Die Betreiber der Kläranlagen müssen sich mitunter auf hohe Investitionen einstellen. Derzeit ist vorgesehen, dass Gebiete ab 100.000 Einwohnern eine vierte Klärstufe zur Abscheidung von Mikroschadstoffen umsetzen. Für die anfallenden Investitionskosten sollen die Produzenten, die Pharma- und Kosmetikindustrie, zur Kasse gebeten werden, so der Vorschlag der Kommission. Änderungen sind noch zu erwarten - nachdem die Richtlinie das EU-Parlament durchlaufen hat, folgt der sogenannte Trilog mit dem Rat.