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Ist die Zeit reif für eine Seilbahn in der Stadt Salzburg?

Nach dem Nein zum S-Link und zur Messebahn in Salzburg ist die Seilbahn als Verkehrsmittel wieder im Gespräch. Welterbehüter fordern eine Prüfung. Das Land zeigt sich gesprächsbereit.

In Koblenz in Deutschland fährt die Seilbahn seit Jahren trotz Welterbestatus – und mit großem Besucherzuwachs. Pro Stunde und Richtung können mehr als 7000 Personen befördert werden. Doch ganz reibungslos läuft es am Rhein ebenfalls nicht mit den Welterbehütern ...
In Koblenz in Deutschland fährt die Seilbahn seit Jahren trotz Welterbestatus – und mit großem Besucherzuwachs. Pro Stunde und Richtung können mehr als 7000 Personen befördert werden. Doch ganz reibungslos läuft es am Rhein ebenfalls nicht mit den Welterbehütern ...
Die Stationen in Koblenz müssen aufgrund des Welterbes neu gestaltet werden. Bei einem Wettbewerb 2024 hat sich der Entwurf des Innsbrucker Büros Snøhetta durchgesetzt. Die Vorgaben dafür sind mit Icomos festgelegt worden.
Die Stationen in Koblenz müssen aufgrund des Welterbes neu gestaltet werden. Bei einem Wettbewerb 2024 hat sich der Entwurf des Innsbrucker Büros Snøhetta durchgesetzt. Die Vorgaben dafür sind mit Icomos festgelegt worden.

In Städten wie Koblenz oder La Paz in Bolivien fahren sie bereits seit Jahren - Seilbahnen als innerstädtische Verkehrsmittel. In Paris wird heuer eine Linie eröffnet. Derlei Pläne gab es bereits für die Stadt Salzburg: Im Gemeinderatswahlkampf 2014 ließ das Team um Edi Mainoni eine Gondel in der Altstadt aufstellen, um für eine Seilbahn zu werben. Im Jahr 2018 legten Ziviltechniker im Auftrag der Salzburg AG eine Vorstudie vor. In sieben Minuten sollte eine Linie Personen - vor allem Touristinnen und Touristen - von der Messe zum Rotkreuz-Parkplatz bringen. Eine zweite Linie sollte von Nonntal nach Salzburg-Süd führen.

Koblenz gilt als Musterbeispiel für Stadtseilbahn

Die Pläne wurden verworfen - Salzburgs Welterbestatus galt als Totschlagargument. Stadt und Land verfolgten dann die teils unterirdische Lokalbahnverlängerung (S-Link). Diese wurde am 10. November 2024 in einer Volksbefragung mehrheitlich abgelehnt. Die Suche nach dem "Plan B" läuft. Gespräche zu Seilbahnplänen haben vor wenigen Wochen stattgefunden, wie die Stadtpolitik und die Vorarlberger Seilbahnbauer Doppelmayr bestätigen.

Als Musterbeispiel für eine Stadtseilbahn im Welterbe gilt die Stadt Koblenz im deutschen Rheinland-Pfalz. Anlässlich der Bundesgartenschau im Jahr 2011 ist eine 890 Meter lange Seilbahn errichtet worden, die Personen vom Rheinufer auf das Plateau der Festung Ehrenbreitstein befördert. Sie war eigentlich temporär für drei Jahre angelegt und hätte wieder abgebaut werden müssen. Aber die Seilbahn wurde zum Publikumsmagneten - und blieb bis heute bestehen. So schildert es Stefanie Hahn, Referatsleiterin für Kulturelles Erbe und Welterbe im Innenministerium Rheinland-Pfalz. Die Besucherzahlen in den Museen und bei Veranstaltungen auf dem Festungsberg hätten sich seit Inbetriebnahme der Bahn mehr als verdoppelt - auf etwa 600.000 Menschen im Jahr.

Unesco fordert Welterbeverträglichkeitsprüfung

Doch der Bescheid für die Seilbahn läuft 2026 aus. Ein Mal ist der Betrieb mit Zustimmung der Unesco bereits verlängert worden. Nun soll die Seilbahn dauerhaft genehmigt werden. Ganz ohne Hürden läuft es aber auch am Rhein nicht. Die Unesco fordert eine Welterbeverträglichkeitsprüfung - zudem müssen die beiden Seilbahnstationen neu gebaut werden. Vor allem die Talstation ist aufgrund ihrer Nähe zur Sankt-Kastor-Basilika von Icomos als störend für den Welterbetitel der Region kritisiert worden. Beim Bau im Jahr 2011 sei nicht mit Welterbehütern beraten worden, schildert Hahn. "Es wurde damals viel nach Gefühl entschieden. Das Projekt war ja nur temporär angelegt." Sie empfiehlt daher anderen Städten, derlei Vorhaben von Beginn an eng mit Unesco bzw. Icomos abzustimmen. Aus Koblenz wurde der Unesco nun eine Verträglichkeitsprüfung für die Seilbahn vorgelegt. Noch gibt es kein Ergebnis. "Wir sind zuversichtlich, dass die dauerhafte Genehmigung gelingt", sagt Hahn. Politisch herrscht über die Parteigrenzen hinweg Konsens für den Erhalt der Seilbahn. "Es würde niemand verstehen, wenn die Seilbahn wieder abgebaut werden würde. Wir müssten dann jährlich 600.000 Besucherinnen und Besucher mit Bussen auf den Berg hinaufkarren."

Seilbahn mit weniger Stützen als Option für Salzburg

An dem Erfolgsmodell in Koblenz waren jene österreichischen Unternehmen beteiligt, die auch hinter den Projektplänen in Salzburg stehen: Doppelmayr und das Ingenieurbüro BauCon mit Sitz in Zell am See. "Das Konzept von damals gehört natürlich überarbeitet", sagt Hans-Georg Leitner, Geschäftsführer von BauCon. "Seither hat sich technisch einiges getan." Eine Seilbahn wie in La Paz in Bolivien mit vielen kleinen Gondeln "wie auf einer Wäscheleine" würde er in der Welterbestadt Salzburg nicht bauen. "Weniger Stützen, nicht zu hoch und windstabil" müsse eine Seilbahn in Salzburg sein, beschreibt Leitner. Die höchste Stelle würde über dem Bahnhof Mülln 60 Meter messen, ansonsten befände sich die Bahn auf 30 bis 40 Metern Höhe. Etwa 8000 Menschen könnten pro Stunde und Richtung mit der Bahn befördert werden. Die Kosten schätzt Leitner für zwei Linien auf 300 Millionen Euro. Doch eine Seilbahn allein sei nicht die Lösung: "Es braucht Park-and-Ride-Plätze an den Stationen, knappe Intervalle für Zubringerbusse. Außerdem muss die Zufahrt der Innenstadt für Pkw vor allem von Tagesgästen gesperrt werden." Leitner schließt auch eine Seilbahn als Querung durch die Innenstadt sowie vom Kapuzinerberg nach Schallmoos nicht aus. "Das kann ein Magnet sein für Touristen - wie eine Panoramabahn." Ob er nach dem Nein zum S-Link mit einer Zustimmung der Bevölkerung zu einer Seilbahn rechnet? "Es kommt darauf an, wie man solche Projekte in der Öffentlichkeit kommuniziert." Er sehe keine Probleme mit dem Welterbe: "Man müsste sich zusammensetzen und Lösungen finden."

Welterbeprüfung eines Seilbahnprojekts natürlich auch für Salzburg

Icomos Austria fordert bei einer möglichen Seilbahn in Salzburg jedenfalls eine Welterbeverträglichkeitsprüfung ("Heritage Impact Assessment"), wie die Salzburger Icomos-Welterbehüter, Hannes Toifel und Dörte Kuhlmann, mitteilen. Es gehe nicht darum, etwas zu verhindern, sondern die Rolle von Icomos bestehe darin, bei neuen Projekten zu einem möglichst frühen Zeitpunkt einzuschätzen, ob eine Gefährdung des Welterbes drohe oder nicht. Ohne Prüfung könne man das Projekt nicht beurteilen, heißt es von Toifel und Kuhlmann. Und sie stellen klar: Was für die eine Welterbestadt gelte - wie Koblenz -, sei nicht einfach auf eine andere - wie Salzburg - übertragbar. Es gelte die Einzelfallprüfung.

Vor wenigen Wochen haben bereits Gespräche mit der Firma Doppelmayr und der Stadtpolitik in Salzburg stattgefunden. Ohne Ergebnis. Für Bürgermeister Bernhard Auinger gibt es noch viele Fragezeichen. "Man muss das politisch diskutieren. Aber so ein Projekt ist durchaus vorstellbar. Ob Salzburg schon so weit ist, weiß ich nicht."

Verkehrs- und Planungsstadträtin Anna Schiester (Bürgerliste) bezweifelt die Wirkung einer Stadtseilbahn in Salzburg: "Es klingt zunächst spannend. Aber es stellen sich viele Fragen: Ist eine Seilbahn wirklich eine Antwort auf unsere Mobilitätsprobleme? Da hege ich Skepsis." In Salzburg müsste man sich intensiv mit den Vorgaben der Unesco auseinandersetzen, die ja auch in Koblenz kritisch gewesen sei. Für Schiester ist eine Welterbeverträglichkeitsprüfung jedenfalls notwendig.

KPÖ-Vizebürgermeister spricht von Luftschloss

KPÖ-Vizebgm. Kay-Michael Dankl bezeichnet die Seilbahn in Salzburg als "Luftschloss". Man müsse sich bewusst machen, dass meterhohe Betonpfeiler in der Stadt aufragen würden.

Mehr Zuspruch gibt es vonseiten des Landes. Für LH-Stv. Stefan Schnöll (ÖVP) ist die Seilbahn ein "innovatives, urbanes Verkehrsmittel" mit vielen Vorteilen wie geringen Wartezeiten und der Unabhängigkeit vom Stau. Statt an Koblenz wolle man sich aber an Paris orientieren, wo eine 4,5 Kilometer lange Seilbahn Mitte des Jahres 2025 in Betrieb gehen wird. "Die Pariser Seilbahn ergänzt das Öffi-Netz, indem sie direkt an die Métro mit einem Umstieg angeschlossen wird", sagt Schnöll. Zu den Plänen für Salzburg aus 2018 merkt er an: "Eine reine Messe-Verbindung sowie eine von Nonntal bis Salzburg-Süd sind noch keine Einbindungen in das Öffi-Netz und kein regionales Projekt." Der Seilbahn als Verkehrsmittel wolle man sich aber nicht entgegenstellen: "Sofern eine Einbindung erfolgen kann und offene Fragen wie nach dem Weltkulturerbestatus der Stadt positiv beantwortet werden können, wäre theoretisch auch eine finanzielle Beteiligung durch das Land denkbar."

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