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Koordinatorin der Salzburger Beratungslehrkräfte: "Es braucht noch viel mehr Supportpersonal"

Symbolbild
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Irmi Messner ist Landeskoordinatorin der 50 Beratungslehrkräfte an den Pflichtschulen im Bundesland. Dies sind ausgebildete Lehrpersonen mit Berufserfahrung und drei Jahren Zusatzausbildung. Sie stehen bei allen Arten von Problemen, Belastungen und Konflikten Kindern und Jugendlichen zur Seite, die Unterstützung für sich sowie im Umgang mit anderen brauchen. Gearbeitet wird mit den Kindern einzeln, in der Gruppe, in der Klasse und im Team.

Nimmt die Zahl verhaltensauffälliger Kinder an den Pflichtschulen generell zu? Irmi Messner: In vielen Schulen läuft vieles gut. Da gibt es großen Einsatz und Bemühen für eine gute Beziehung, eine positive Lernatmosphäre und eine gute Schulpartnerschaft. Es muss aber ganz klar gesehen werden, dass sich vor allem im urbanen Bereich an Brennpunktschulen die Herausforderungen derart konzentrieren, dass sie für die Lehrkräfte schwer zu bewältigen sind. Diese Belastung ist manchmal zu groß.

Kinder sind ja nicht aus heiterem Himmel verhaltensauffällig oder gar gewaltbereit. Kinder sind meist Symptomträger und das Abbild der Gesellschaft. Ausübung von Gewalt ist ein Zeichen für Ohnmacht, fehlende Handlungskompetenz und Überforderung in einem stressbelasteten Umfeld. Es muss im Sinne der Kinder, deren Eltern und der Lehrkräfte alles getan werden, damit es erst gar nicht so weit kommt. Die Schulen bekommen aber für diese Aufgabe wenige zusätzliche Ressourcen. Suspendierungen sind eine Notmaßnahme, die das dahinterstehende Problem nicht lösen. Wir stehen vor neuen Herausforderungen. Vieles sollte neu und kreativer gedacht werden. Unterstützung muss schon im frühkindlichen Alter ansetzen.

Welche Maßnahmen erachten Sie für vordringlich? Es ist kontraproduktiv, trotz des Lehrkräftemangels Beratungslehrkräfte abzuziehen, weil wir momentan aufgrund der gesellschaftlichen Brisanz eine große Bedürftigkeit und viel Überforderung bei den Kindern und in weiterer Folge bei den Lehrkräften sehen. Es braucht noch viel mehr Supportpersonal. Ich befürchte, dass Lehrpersonen die aufwendige Zusatzausbildung zur Beratungslehrkraft scheuen, wenn nicht garantiert ist, dass sie auch als solche arbeiten können. Wir müssen zusätzlich zu Beratungslehrkräften und Schulsozialarbeitern mehr psychosoziale Einrichtungen niederschwellig in die Schulen hineinbekommen. Kommt ein Kind nach der Suspendierung zurück, braucht es für den Einstieg eine Person an seiner Seite. Das Bildungsministerium plant eine aufsuchende Betreuung der Familie während der Suspendierung. Ein solches mobiles Angebot wäre wichtig.

Lehrkräfte klagen, dass sie die Folgen der fehlenden Erziehung in der Familie ausbaden müssen. Es fällt in der heutigen Zeit schwer, in der Erziehung Halt und Orientierung zu geben. Zudem stehen anders als früher in Großfamilien wenige Unterstützungspersonen im persönlichen Umfeld zur Verfügung. Die Not ist in Familien manchmal groß. Werden Beratungslehrkräfte hinzugezogen, erlebe ich ganz wenige unkooperative Eltern. Die meisten sind aufgrund vieler Schwierigkeiten überfordert, sie plagt dann noch ein schlechtes Gewissen und Scham, weil sie Hilfe brauchen. Erziehung muss aus dem verschlossenen Kämmerchen geholt und zu einer gemeinsamen gesamtgesellschaftlichen Aufgabe werden.

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