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Nichtwähler: Zwischen Gleichgültigkeit und Grant

Warum interessiert mehr als die Hälfte der Wahlberechtigten die Bürgermeisterwahl nicht? Manche Stadt-Salzburger sind einfach verärgert, andere waren am Sonntag verkatert. Die Antworten lassen für die Stichwahl nichts Gutes hoffen.

Die Stimmzettel für die Stichwahl sind bereits gedruckt. Längst nicht alle werden auch benötigt, weil die Wahlbeteiligung wohl erneut sehr niedrig sein dürfte.
Die Stimmzettel für die Stichwahl sind bereits gedruckt. Längst nicht alle werden auch benötigt, weil die Wahlbeteiligung wohl erneut sehr niedrig sein dürfte.
Die Stimmzettel für die Stichwahl sind bereits gedruckt. Längst nicht alle werden auch benötigt, weil die Wahlbeteiligung wohl erneut sehr niedrig sein dürfte.
Die Stimmzettel für die Stichwahl sind bereits gedruckt. Längst nicht alle werden auch benötigt, weil die Wahlbeteiligung wohl erneut sehr niedrig sein dürfte.

Ein Skandal, ein Rücktritt und daraus resultierend eine vorgezogene Bürgermeisterwahl - das hätten die Zutaten für eine Wahl sein sollen, die den Großteil brennend interessiert. Das Gegenteil war der Fall. Die Wahl am Sonntag ist zu einer Veranstaltung für die Minderheit geworden. Nur knapp 44 Prozent der Wahlberechtigten nutzten ihr Stimmrecht. So wenig wie noch nie.
Das Rätseln über die Motive der Nichtwähler hat am Sonntagabend im Schloss Mirabell begonnen. Um Ursachenforschung zu betreiben, muss man aber nur Meinungen einfangen. Teils regiert der Groll über die Politiker, wie etwa bei einem Lokalaugenschein im "Zentrum im Berg" in der Fürbergstraße. "Ich bin bei der Nationalratswahl hingegangen, aber jetzt habe ich die Schnauze voll. Da kommt eh nix raus. Das Volk interessiert die eh nicht", sagt ein Pensionist, der sich gerade an der Theke ein Bier bestellt hat. Sein Kollege pflichtet ihm bei. "Ich war ein Fan vom alten Bürgermeister Schaden. Aber gestern bin ich nicht hingegangen". Für die Stichwahl überlegt es sich der Mann. Aussagen wie diese bringen die Bedienung zur Verzweiflung. "Da sind's wieder, die Nichtwähler. Jammern schon, aber hingehen nicht", kommentiert die Frau.
Ein 58-Jähriger, der im "ZiB" gerade Spenden für einen guten Zweck sammelt, hat sogar Politikwissenschaft studiert. Wählen sei er am Sonntag trotzdem nicht gegangen. "Es gibt keine Person mehr, die mich vertritt. Ich bin kein Ignorant, finde es aber ein Affentheater in Österreich."
Eine Frau mit ausländischem Akzent hat andere Gründe. "Das ist mir alles zu viel. Was der vorige Bürgermeister mit der Swap-Geschichte gemacht hat - ich habe Angst, dass der nächste Sozialdemokrat das wieder macht." Da gehe sie lieber nicht zur Wahl. Eine Frau, die mit Einkäufen gerade zum Lift geht, hat gewählt. "Mein Mann aber nicht. Er war nicht motiviert. Er hat gesagt, es ist ihm wurscht." Dasselbe hört man von einem zweiten Passanten. "Ich war wählen, aber meine Frau und die Kinder nicht. Die haben es einfach satt gehabt."
Banaler sind die Gründe bei einer Frau Anfang 20. Sie sei in der Nacht auf Sonntag zu lang unterwegs gewesen und habe am Sonntag auf den Gang ins Wahllokal verzichtet. "Zur Stichwahl gehe ich aber." Ein 18-Jähriger mit Cola-Dose in der Hand war genauso verkatert. "Ich wollte wählen gehen, habe aber verschlafen. Ich gehe zur Stichwahl."
Ein Bauarbeiter, der sich gerade ein Leberkäs-Semmerl zu Gemüte führt, hatte auch ernste Absichten gehabt. Aber? "Ich war in der Steiermark. Wahlkarte hab ich keine beantragt." Zur Stichwahl wolle er gehen.
Umgekehrt ist es bei Renate Lagger aus Lehen. Sie ist sauer, dass "ihr" Kandidat Johann Padutsch (Bürgerliste) nicht besser abgeschnitten hat und dass sie bei der Stichwahl in zwei Wochen die Wahl zwischen zwei Kandidaten hat, die ihr nicht gefallen. "Darum werde ich auch nicht hingehen." Die niedrige Wahlbeteiligung hat sie so nicht erwartet, leuchtet ihr aber ein. "Die Leute sind angebissen, nach allem was mit dem Schaden war", meint sie, während sie an der Haltestelle vor der Stadtbibliothek auf den Bus wartet. Die Swap-Affäre rund um den früheren Bürgermeister habe Spuren hinterlassen. Viele Wähler würden derzeit nichts von der Politik wissen wollen.
So auch Stephanie Baldessari aus Maxglan. Die Mutter einer kleinen Tochter hat am Sonntag für keinen Kandidaten gestimmt. "Keine Zeit, kein Interesse", meint sie lapidar. "Na ja, ein Argument, warum man nicht wählen geht, sollte man schon haben", sagt dagegen ihre Mutter, worauf sich zwischen den beiden Frauen vor dem Europark eine kurze Diskussion entspinnt, mit dem Ergebnis: Bis zur Gemeinderatswahl im Frühjahr 2019 hätte auch Vizebgm. Harald Preuner (ÖVP) die Geschäfte weiterführen können. "Hier wird so kurz vor der nächsten Wahl ein Haufen Geld rausgehauen und passieren wird in dieser Zeit politisch so gut wie nichts." Eine Meinung, die Montagmittag viele Menschen - zum Großteil Nichtwähler - auf Salzburgs Straßen teilten.
Auch an Ines Niedermeier aus Aigen ist die Bürgermeisterwahl spurlos vorübergegangen. Politik interessiere sie nicht. Ob sie zur Stichwahl gehe? "Hm, keine Ahnung. Das überlege ich mir." Nicole Roither aus Lehen geht eigentlich immer wählen. Doch diesmal ist sie zu Hause geblieben. "Es ändert sich doch so und so nichts, egal ob man wählt oder nicht." Sie ärgert sich furchtbar über die Swap-Causa, die zur Verurteilung von Heinz Schaden geführt hat. "Das geht für mich gar nicht. Der Schaden hat in der Sache wirklich viel angerichtet. Ich hab bei ihm mal vorgesprochen, als ich mit meiner Familie fast auf der Straße stand. Das hat ihn nicht wirklich interessiert."
Eine Passantin hört eines der Gespräche mit und kann sich vor Ärger kaum halten. "Das ist ein Wahnsinn heutzutage. In der Stadt Salzburg wird der Bürgermeister gewählt, und nicht einmal jeder Zweite geht hin." Das sei die Pflicht eines jeden Bürgers. Schließlich genieße man auch die Rechte, die man habe. "Und genau diese Nichtwähler sind es, die sich aufregen, wenn dann irgendetwas gekürzt wird."

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